Jazz

Jazz im Hof Festival St. Pölten

Liberti/Riebler

22-24.8.2020 Jazz im Hof Festival St. Pölten

 

Das Jazz im Hof Festival in St. Pölten schafft jedes Jahr ein Programm voller musikalischer Grenzgänge und musikalischer Visionen – rund um internationale und nationale Ikonen des Jazz, junge Wilde, rund um unterschiedliche Stilrichtungen und rund um Ungeahntes wie Ungewöhnliches. St. Pölten ermöglichte auch 2020 ein Aufeinandertreffen der KünstlerInnen aus Nah und Fern. „Als klar war, dass wir wieder auf die Bühnen dürfen, haben wir innerhalb kürzester Zeit ein Programm auf die Beine gestellt, dass musikalischen Optimismus auf die Bühnen zurückgeholt hat“, freut sich die künstlerische Leiterin Caroline Berchotteau über den erfolgreichen Jazz im Hof-Reigen, der sich von 20. bis 22. August mit 6 Konzerten zu Buche geschlagen hat.

 

Tag 1: Jazz spricht vom Leben

Eröffnet wurde das Festival durch das belgisch-französische Duo Philip Catherine und Kevin Seddiki. Der Gitarrist Philip Catherine ist eine europäische Jazzlegende, der nicht zuletzt wegen seines unbestechlichen Gespürs für Zeit, selbst atemberaubende Tempo-Passagen relaxt und locker wirken lässt. Nicht weniger Saitenzauber an diesem Abend vollbrachte Seddiki. Er war es auch, der Catherine immer wieder zurück an die Jazzgitarre holte, wenn der zwischendurch heitere Anekdoten zum Besten gab.

 

Der Ausnahmekünstler Krzysztof Dobrek reiste für das Abendprogramm beim zweiten Konzert mit seinem Akkordeon durch sein persönliches Polen. Und das in einer für ihn bislang unbekannten Formation: Mit Jelena Popržan (Viola, Gesang), Christoph Pepe Auer (Klarinette, Saxophon), Alexander Lackner (Kontrabass), Ingrid Oberkanis (Schlagzeug, Perkussion) als musikalisches Umfeld, schaffte Krzystof einen präzisen wie musikalisch stimmungsvollen Klangbogen, der das Publikum begeisterte. 

 

Tag 2: Unterschiedliche persönliche Improvisationssprachen

Es gibt wohl kaum noch etwas, das man über den Klarinettist Louis Sclavis nicht schon geschrieben oder gesagt hätte. Der Franzose erweitert sein Universum immer mehr, überschreitet etablierte Genres und Stile, tastet sich vor, um dann auf Bekanntes und Traditionelles zu treffen. Sclavis brachte am zweiten Konzertabend sein 13. Soloalbum „Characters On A Wall“ live auf die Bühne. Mit ihm eine Instrumentalkonstellation, die der Klarinettist schon seit langem nicht mehr benutzt hatte: Benjamin Moussay am Piano, Sarah Murcia am Bass und Christoph Lavergne am Schlagzeug. Ein Jazzgenuss mit zweifacher Zugabe.

 

Der US-amerikanische Tubist Jon Sass präsentierte ein Programm mit einer vielfältigen Mischung afroamerikanischer Musik und bewegte sich zwischen Jazz, Funk, Soul, R&B und Hip-Hop. Begleitet wurde der „Tausendsassa an der Tuba“ von Angus Bangus Thomas am Bass, Alex Deutsch an den Drums und von Geri Schuller an den Tasten. Der Sänger Ola Egbowon war die Überraschung des Abends. Die wohl souligste Stimme Österreichs brachte Emotionen nonstop von der Bühne direkt ins Publikum. Das Programm war George Perry Floyd Jr. und dem Ruf nach Gerechtigkeit für Afroamerikaner gewidmet.

 

Tag 3: Jazzmusik triumphiert

Am dritten Abend wechselte das Jazz im Hof Festival wetterbedingt in den frei:raum

St. Pölten. Um 19.30 startete Andreas Schaerer stimmgewaltig, gilt der Schweizer doch als einer der interessantesten Gesangskünstler der Musikszene weltweit. Und mit Luciano Biondini am Akkordeon, hat der Stimmjongleur nicht nur seine „anima gemella“ – Seelenverwandten – gefunden, sondern auch ein perfektes Gegenüber für musikalische Zwiegespräche. Das, was dort auf der Bühne abging, war ein feuriger Dialog in den verschiedensten Stimmlagen und Stilen, gepaart mit Beatboxrhythmen und Geräuschen. Biondini verstand es perfekt, die polyphon übereinander getürmten stimmlichen Instrumente Schaerers mit Eigenkompositionen und leidenschaftlichen canzoni zu verstärken. Bravo.

 

Mit einer Reise durch Ahnenklänge und modernen Jazz, die von Standing Ovations aus dem Publikum begleitet wurden, verabschiedete sich das Jazz im Hof Festival 2020. Für das Projekt „Dream Weavers“ haben sich drei internationale Jazzgrößen zusammengefunden, die im Stande sind, sich von den archaischen Stimmen der Insel Sardinien bis zur traditionellen Musik Vietnams musikalisch auszudehnen – und auch vor den Liedern Ägyptens bis zum Jazz Manouche nicht Halt machen. Der sardische Saxophonist und Polyinstrumentalist Gavino Murgia, der französische Gitarrist und Bassist Nguyên Lê sowie der Perkussionist und Tabla-Spieler Prabhu Edouard haben es verstanden, mit vielfach kontrapunktierenden melodischen Varianten und Rhythmik zu begeistern.

 

Wir gratulieren Caroline Berchotteau zu einer weiteren, gelungen Ausgabe des Jazz im Hof Festival St. Pölten und freuen uns auf das Programm 2021.

 

 

40. internationales Jazzfestival Saalfelden 22.8. bis 25.8.2019

Eva Riebler

Ja, begonnen hat es unter einem Zelt, auf einer Wiese, der sogenannten Ranch oberhalb der Kirche Saalfeldens am Steinernen Meer im Land Salzburg. Viele schwarze Jazzgrößen wurden ersetzt durch Musiker aus dem Norden Europas oder UK, Frankreich usw. Wo einst Jandl gezielt ins Mikro brüllte: „Jazz me if you can!“ weiden wieder die Kühe und vor keinem Lokal steht mehr eine handgeschriebene Tafel: „Hier sind Gäste der Jazzveranstaltung unerwünscht!“.

Im drei-stöckigen Congress Haus hat sich der Jazz wie sein Publikum arriviert und seit einigen Jahren sind gratis Veranstaltungen auf Plätzen als sogenannte „City Stage“ nicht nur bei den Saalfeldnern und Saalfeldnerinnen beliebt. Jedenfalls wurde so der Spagat zum einheimischen Normalverbraucher geschaffen und mit Folk, Pop, Swing oder Reggae usw. wie auch heuer erstmals mit DJs die Szene erweitert. Die sams- oder sonntäglichen Alm Konzerte auf der beliebten Stöckl Alm oder am Vorderkühbühelhof ober dem Ritzensee wurden genauso wie die „Short Cuts“ im Nexus wieder Publikumslieblinge. Die „Schwingband“ im Holzhotel Forstalm war leider bereits am ersten Tag auf der City Stage und setzte das gleiche Boogie-Woogie – Swing Programm fort. Neu dazu kam Jazz im Park, wo vor allem das World Service Project herausragend agierte. Gratulation an die 5 Musiker aus UK!

Gratulation auch für die jährlich vergebene Auftragsarbeit, die diesmal an Manu Mayr und Susanna Gartmayer/Austria ging - excellent! Die Gruppe Koma Saxo wie Cykada „Cykada“ waren weitere Highlights des ersten Abends.

Am zweiten begann Christian Muthspiel/Austria mit seiner 18-köpfigen Band furios und Sarah Tandy setzte großartig soulig und mit starkem Groove fort.

Der Sonntagnachmittag brachte ein großartiges Erlebnis an das andere gereiht: Frody Haltli/Norwegen, dann Anna Webber mit ihrer 6-köpfigen Band aus USA und das Duett Théo Ceccaldi/Roberto Negro aus Frankreich, das einem die Luft anhalten ließ. Nach einer Umbauphase dann das beeindruckende Ensemble Blinker& Moses mit einer Band von der Wunschliste und anschließend das nächste absolut tolle Hörerlebnis zwischen Pop und Jazz mit dem allseits bekannten/berühmten Tenor-Saxophonist Joshua Redman und Ron Miles am Cornet – faszinierend!

Für viele Main Stage Besucher war das Herauskommen aus intensivem Musikerlebnis aus einer der täglichen fünf Sessions akustisch schwer verkraftbar, wenn sogleich vor dem Congress Haus die Events der City Stage zu lautstark begannen. Der Nachhall des soeben Gehörten bereicherte schließlich intensiv und nicht nur eine Schweigeminute oder ein eigener lautstarker Begeisterungsanfall war da schwer zu verwirklichen.

Das heurige Festival war ansonsten wieder gut kombiniert, organisiert und ausgearbeitet/verwirklicht und großartige Jazzmusiker und Jazzfanatiker fanden ihre Bühne und ihren Hörgenuss vom Feinsten!

Jazz im Hof St Pölten Stadtmuseum 15. bis 17.08.2019 "Internationaler Jazz vom Feinsten!"

Eva Riebler

„Internationaler Jazz vom Feinsten!“
Jazz im Hof St.Pölten Stadtmuseum 15. Bis 17. 8. 2019

1o Jahre sind seit der Gründung des Jazz-Festivals im gepflegten Barockhof des Karmeliter-Hofes St. Pölten vergangen. Das Programm, feinstens zusammengestellt von Caroline Berchotteau, war stets international und hat in den letzten Jahren auch stets mehr Zuhörer gefunden. Wer wollte nicht „Madame Baheux“ oder „Chicken Burrito“ mit Raphael Wressnig oder unter anderem das Duo Klaus Falschlunger/Luciano Biondini; Leo Betzl am Piano usw. sowie „Random/Control“ mit David Helbock, „Shake Stew“ mit Lukas Kranzbichler, Clemens Salesny u.a. hören? Normaler Weise muss man/frau für solchen Hörgenuss zum internationalen Jazzfestival Saalfelden fahren und darf sich in der stickigen Halle nicht von seinem Sessel bewegen, während hier im Barockgarten des Stadtmuseums St. Pölten freie Platzwahl ob am Stehtisch, am Sessel oder Rasenplatz besteht, mit einem eleganten Glas Wein in der Hand und keinem Pappbecher – versteht sich!

Die St. Pöltner/innen wissen gar nicht wie gut es ihnen geht!

Ein tolles Erlebnis vom ersten Ton bis zum letzten, abwechslungsreich, mal Richtung Folk oder Pop, Indi gemixt mit Blues, Soul oder Funk; immer jazzig und ganz nahe an den virtuosen Musikern der internationalen Jazz-Szene!

Festspielhaus St. Pölten, 14.12.2018: Klaus Doldinger`s Passport

Eva Riebler

Festspielhaus St. Pölten, 14.12.2018
Klaus Doldinger`s Passport

Ein Allround-Genie steht mit 82 Jahren auf der Bühne des Festspielhauses. Er ist liebenswert und leitet seine Stücke ein, einmal sind sie besinnlich, dann verzaubern sie und heißen „Akrakadabra“, oder sind im 7/4 Takt geschrieben und heißen „Seven for four“. Einmal führen das Saxofon, dann die drei Drummer oder die Elektro-Gitarre mit Solos. Aus ruhig fließenden Tonleiter-Gegurgel entwickelt Doldinger einen interessanten Song und überhaupt ist der Blues ständig dabei. Schließlich waren Fatty George und Joe Zawinul oder Roland Kowatsch seine Freunde.

Klaus Doldinger hat schon immer den Spagat geschafft zwischen allgemeinem Publikumsgeschmack und hochwertigem Jazz. Zwischen Filmsounds wie „das Boot“, „Die unendliche Geschichte“ oder den Kennmelodien der ORF-Sendungen wie „Tatort“ etc. und obsessionalen Rhythmen.

Der Bepop hat und Latin-Swing regten ihn schon in den 60er Jahren an und er hatte bereits 1972 die Jazzrock-Combo Passport Band gegründet. Und diese Richtung verfeinerte er bis heute und ließ das St. Pöltner Publikum richtig genießen!

Ein einfach tolles, expressives und vielseitiges Jazz-Event!

39. Internationales Jazzfest Saalfelden, 23. bis 26. 8. 2018

Eva Riebler

Mehr Avantgarde als Tradionell!

39. Internationales Jazzfest Saalfelden 23. bis 26. 8. 2018

Mit 40 Konzerten an den bekannten Plätzen der Main Staige im Congress-Haus, des Nexus und im Zelt des City-Stage fand diesmal wiederum mit 3 Almkonzerten um 11 Uhr, einem City Tracks in der Buchhandlung und einem im Museum Schloss Ritzen sowie einem Kinderkonzert das aufwändige Jazz-Ereignis statt.

Längst schon hat die digitale und Syntisizer-Welt Einzug gehalten, jedoch erfreuen die traditionellen Jazzkonzerte, oft ohne Notenblatt, die Besucher besonders. Wenn der Rhythmus mitreißt, wird Musik nicht nur im Kopf spürbar. Die vom langen Sitzen ermüdeten Gelenke beeilen sich mitzumachen, und das erfreut Herz und Seele!

So geschehen bei Elliott Sharp, der fast Richtung Blues wechselte. Dies unterbrach jedoch stets die klare, kalte Stimme im rezitativen Gestus von Hélène Breschand. Schade vielleicht, denn die Kraft des Imaginären und der Entgrenzung käme bei der milden Männerstimme besser durch als bei der Schärfe der streng strukturierten Frauenstimme.

Die Stil-Zerstückelung war auch bei den drei weiblichen Stimmen des Eröffnungskonzertes Ulrich Drechslers „Liminial Zone“ Thema: Yasmin Hafedh stand für den rezitativen Teil eines Poetry Slams im Gegensatz zum klassischen colorativen Sopran Özlem Buluts und der Stimme Clara Luzias. Leider war meist jeder für sich am Mikro, als dass der Gegensatz im Gemeinsamen aufgelöst worden wäre.

Die Soundlandschaften, die im Eröffnungskonzert entstanden, waren genauso im folgenden Konzert von Virta, betitelt: „Hurmos“ aus Finnland ereignisreich und wohltuend. Intensiv und vielschichtig in Inszenierung und Kang!

Öfters wurde in diversen Konzerten Rhythmus und Harmonie auf Kosten von Entgrenzung und Hall oder wie bei Leila Martials „Baa Box“ durch Inszenierung und nervöse Behämmerung aufgegeben. Es ist nicht alles produktive Reibung, was ästhetische Vorstellungen hintan stellt oder mit besonders rasanter Geschwindigkeit und hoher Lautstärke einherkommt. Jedoch gelingt das Wegtriften in weite Sphären und weg vom klassischen Rahmen dann besonders gut.

Zurück holt einen dann Marc Ribot „Songs of Resistance“ mit seiner eigenen Stimme und Stimmung seiner Protestsongs. Er ruft Gott an, denn die Erde brennt, er sieht die soziale und demokratische Verantwortung des Künstlers und gibt ihr seine Stimme. Er überstrapaziert nicht die Inhalte wie Hélène Breschand, die mit einem gerufenen „Je t`aime“ glaubt alles gesagt zu haben.

Die Saxophonisten, bzw. Trompeter wie der herausragende Jaimie Branch, der exellente Bassklarinettist Ziv Taubenfeld von Kuhn Fu sowie die souveränen und ideenreichen Ralph Alessi und Taylor Ho Bynum der Truppe Tomas Fujiwara waren stets unverzichtbar, ganz wunderbar jedoch die Dreierbesetzung der Saxophone Shabaka Hutchings aus London mit drei Österreichern in der Gruppe. Dies war eines der allergrößten Offenbarungen! Ein Genuss! Und das um 00.30 bis 01.20 früh! Wie so oft, hat sich das Ausharren auf das sechste/letzte am Samstag und auf das fünfte Konzert des Abends am Sonntag , und zwar auf Erik Friedlander´s  „Artemisia“ gelohnt!

Ein Hochgefühl bleibt!