Buch

Christian Katt: lebend.maske.Cut (2)! Rez.: Alexander Cornelia Stahl

 
 

Alexander Franz Artner
Bilderpoet und Beobachtungskünstler,

Christian Katt:
lebend.maske.Cut (2)!
Graz: academic-publishers.
2015, 340 S.
ISBN: 978-3-901519-33-8

Christian Katt, geboren 1960 in Wien, ist ähnlich wie Ludwig Laher, ein Meister der Beobachtung. In seinem 332 Seiten starken Buch lebend.maske. Cut (2)!, dem zweiten voninsgesamt drei Lyrikbänden, versammelt der Autor lyrische Texte, Bilder und Notate aus den Jahren 1987-2012. Von Begegnungen ist da die Rede, von Erfahrungen und Brüchigkeiten, die sich in der Sprache selbst spiegeln, im Gegenüber oder auf Reisen. Präzise Beobachtungsskizzen und Reflexionsmomente sind Ausgangspunkt für verdichtete Textminiaturen, wie zum Beispiel: „die leserin im zugabteil schweigt mir ins nichtgesprochene Wort“ (S.7) oder „nicht mehr in wärme sich zitternd/ kein lidschluss gelingt ihm offenen auges“(S.80). Katts gesellschaftskrische Motive fördern Komposita zutage, wie „Konkurrenzvernichtungsvorbereitungsvoraussetzungen“, und „fließbandspekulationen in weltenräume verschossene vorgefertigte visionen“, lassen Konsumkritik nicht außen vor. Seine Arbeitsweise wirkt asketisch. Die Texte sind extrem verdichtet, auf das Wichtigste reduziert und pointiert. Das spürt der Leser in Gedichten, wie z.B. zeit abzutreten aber was/ doch ist da noch einiges ins reinere ungetrübtere zu bringen (…). Der Lyriker verwendet durchweg Kleinschreibung, rückt Wörter und Zeilen an ihren jeweils passenden Ort. 2002 war der Autor Dozent an der Schule für Dichtung Wien ( www.sfd.at), betreute dort die online-Klasse. Christian Katts Sprachminiaturen lassen sich nicht mühelos konsumieren, erschließen sich durch genauer durch Zweit-oder Drittlektüre. Der skeptische Grundton der Gedichte lädt zum Verweilen ein und belohnt am Ende: „Unter dem alten baum schlagen wir neue wurzeln“. Eingefügte Bilder und Fotos ergänzen die Texte idealerweise.

Ein Ausnahmekünstler! Sehr empfehlenswert!

Christian Katt: lebend.maske.Cut (2)! Rez.: Alexander Cornelia Stahl

Barbara Wolflingseder: Lust & Laster im alten Wien. Rez.: Alexander Franz Artner

 
 

Alexander Franz Artner
Wien ist anders

Barbara Wolflingseder:
Lust & Laster im alten Wien
Sachbuch
Wien: Pichler Verlag
2015, 208S.
ISBN: 978-3-8543-1708-1

Wien ist anders. Aber inwiefern? Was genau hat es mit der Stadt auf sich? Dass diese Fragen Radiojournalistin und Wien-Kennerin Barbara Wolfingseder schon seit längerem beschäftigen, wird klar, wirft man einen kurzen Blick auf die Bücher der Autorin. Dunkle Geschichten aus dem alten Wien, Wiener Taxigeschichten, aber auch verschiedene Hörspiele, in denen sie die Geschichte einzelner Wiener Bezirke veranschaulicht, sind von der Autorin erschienen. Der delikaten Frage des neugierigen Wien-Interessierten, wie es denn nun eigentlich um das Liebesleben in der österreichischen Weltmetropole bestellt war, widmet sich ihr neues Buch Lust & Laster im alten Wien. Epochenübergreifend wirft Wolfingseder einen Blick auf die sexuellen Kuriositäten und Sonderlichkeiten, die den Wienerinnen und Wienern eigen waren. So wird zum Beispiel von der mittelalterlichen Vorhautmystik berichtet, die sich mit der Frage nach dem Verbleib der hochheiligen Vorhaut Christi befasste. Als die Schilderungen einer jungen Nonne in Umlauf kamen, die von der tiefen Verzückung und Süßigkeit berichtete, die sie erfuhr, als ihr die Vorhaut des Erlösers erschien, beschloss die Kirche, dem Thema langsam einen Riegel vorzuschieben. Doch die Lust in Wien blühte vor allem in den Straßen und in einschlägigen Lokalen. Hier traf man auf Männer wie Giacomo Casanova, aber auch politische Größen wie Napoleon Bonaparte haben ihren festen Platz in der lasterhaften Geschichte Wiens. Sei es die Gründung der ersten Hippiekommune Wiens 1893 durch Karl Wilhelm Diefenbach und die damit verbundenen sexuellen Ausschweifungen oder die berüchtigten Badeanstalten Wiens in denen Männern vom anderem Ufer ihren Leidenschaften frönten, Lust & Laster im alten Wien bietet dem Leser einen anderen und teils sehr humoristischen Blick auf die geschichtsträchtige Stadt und macht Lust aufs Lesen.

Barbara Wolflingseder: Lust & Laster im alten Wien. Rez.: Alexander Franz Artner

Klaus Kufeld: Das Singen der Schwäne. Rez.: Cornelia Stahl

 
 

Cornelia Stahl
Eine Hommage an das Leben.

Klaus Kufeld:
Das Singen der Schwäne.
Über den Tod und das Glück.
Wien: Edition Splitter.
2015, 80 S.
ISNB: 978-3-901190-21-6

Was hat das Singen der Schwäne gemeinsam mit dem Tod? Diese Frage stellt sich vielleicht beim ersten Lesen. Im Schwanengesang ist vom letzten Gesang die Rede, den Schwäne vor ihrem eigentlichen Tod zelebrieren. Er steht stellvertretend für einen magischen oder auch Zwischenzustand, der ein Ende erahnen lässt. Ein letztes Aufbegehren drückt sich in ihm aus und ist zugleich ein Abschiednehmen von der Welt. Ähnlich im Bardo- Dialog des Tibetischen Buddhismus, der einen Zwischenzustand festhält, einen Zustand zwischen Leben und Tod. Klaus Kufeld hat Undenkbares möglichgemacht: Am Sterbebett seiner Mutter entwickelt er einen fiktiven Dialog mit der Verstorbenen, der versucht, die Grenzen des Schwebens zwischen dem noch-am-Leben-sein und dem Hinübergleiten in den Tod aufzuheben. Ein Schwebezustand sozusagen. Kufeld entlehnt Gedankengänge des Naturphilosophen Friedrich Wilhelm J. Schelling aus dem 18.Jahrhundert. Schelling erregte damals Aufsehen durch sein Werk „Von der Weltseele“, das vor allem Goethe begeisterte. Im Versuch einer Antwort auf das Verhältnis von Natur und Geist fragt Schelling nach dem Ich, das der denkende Mensch in sich wahrnimmt. Knüpfen wir an dieser Stelle an Kufelds Überlegungen aus dem Tibetanischen Totenbuch an: „Das Final ist noch im Flusse... und es gehört zu ihrer Entscheidung des Sterbens: dass zuvor noch unsere Gedankengänge wie Parallelen … sich treffen. … aber es gibt hier einen letzten Raum … wo … Tod und Glück anfangen (S.24).

Klaus Kufeld, Autor, Essayist, Kulturmanager, seit 1997 Gründungsdirektor des Ernst-Bloch-Zentrums Ludwigshafen/ Deutschland, verfasste Bücher über das Reisen. „Das Singen der Schwäne“ ist eine Hommage an das Leben.

Anspruchsvollen Lesern unbedingt empfohlen!

Klaus Kufeld: Das Singen der Schwäne. Rez.: Cornelia Stahl

Romana Maria Jäger: Wasch mich, aber mach mich nicht nass! Rez.: Eva Riebler-Übleis

 
 

Eva Riebler-Übleis

Romana Maria Jäger:
Wasch mich, aber mach mich nicht nass!
Yoga für Unerleuchtete.
Selbstverlag 2014 St.P.
154 S.

Bildcollagen und Tipps. Die Autorin hat nun in ihrer Funktion alsYogalehrerin, Lebensberaterin und Trainerin in St.P. ihre Tipps und tricks in Buchform herausgegeben. Unernst mit einem Augenzwinkern und doch sehr wirksam und konzentriert sind ihre Ratschläge und Anweisungen. Es geht um die richtige Körperhaltung (Knochen nach unten, Fleisch nach oben…) nicht nur beim Yoga, sondern im Alltag. Sie selbst hat sich mit dem Wäschekorb oder - dem zweiten Lieblingsobjekt jeglicher Hausfrau, - der Kaffeetasse am Kopf vor dem Wäscheständer in richtiger Körperspannung abgebildet. Es geht ja um nichts Geringeres als die Bewältigung des Alltags.

Vielleicht ist Zuckerbrot & Peitsche von Nöten. Dazu der Rat der Autorin: … überlassen Sie dem Körper das Kommando. Machen Sie immer nur das Bestnötige …“ S. 63

Alte Dinge soll man neu tun und raus aus der Bude, um neue Menschen zu treffen! Das Zirkeltraining ist recht und gut, aber wer will schon schwitzen! Da ist eher das richtige Hinsetzen, gerade nach unten, V-förmig zur Körpermitte und das Anfüllen von Pausen mit Gefühlen sowie Ressourcen oder das richtige Atmen von oben nach ganz unten gefragt.

Ja, diese einfachen Dinge sind es, die wir dem Buch entnehmen können um den Körper fit und ent- wie gespannt zu halten.

Ihre selbstverfertigten Collagen, aus Zeitungen gerissen, geschnippselt, an- und übereinander gefügt, bringen Witz und eine Brise Hintergrundsdenken mit.

Genauso inspirierend sind die eingefügten Sprüche, z.B. „Gefühle sind gespeicherte reale Erlebnisse. Gedanken sind Interpretation“. – oder -  Denken & Fühlen. „Trennen Sie Ihre Gefühle von den Gedanken! Fühlen Sie, ohne darüber (nach) zu denken!“

Also greifen Sie (ohne darüber nachzudenken) zu diesem Buch, auch wenn Sie es nur einmal pro Tag willkürlich irgendwo kurz aufschlagen. Vielleicht erweckt Sie „Turnen bis zur Urne“ oder „Schmerz ist dein Meister“ und erkennen, Schmerz ist vermeidbar oder eben nötig!

Ein wirklich brauchbares Ratgeber-Buch!

Romana Maria Jäger:  Wasch mich, aber mach mich nicht nass!  Rez.: Eva Riebler-Übleis

Wolfg. Kühn/HG: Mein Weinviertel. Rez.: Eva Riebler-Übleis

 
 

Eva Riebler-Übleis

Mein Weinviertel: Wolfg. Kühn/HG
Anthologie, Bilder Irena Rácek
St. Pölten: Literaturedition NÖ, 2016, 340 S.
ISBN 978-3-902717-32-0

Bildträger Weinviertel. Viele tragen ein Bild, seien es Erinnerungs-, Sehnsuchts- oder  Zustandsbilder, des Weinviertels in sich. Mit über 20 Autorentexten bestückte der HG Wolfg. Kühn nach dem Band Wald- und Mostviertel nun diese dritte Anthologie und wählte die Malerin Irena als Illustratorin aus. Sie übermalt mit in ihrem Atelier in Sitzendorf/Schmida selbst gemischten Erdfarben ihre Zeichnungen oder Monotypien. Als Motive zeigt sie stets heimische oder archaische Landschaften. Zur Gestaltung kann man ihr nur gratulieren!

Der Band vereint viele Gedanken, so z.B. den von Gerhard Jaschke: Wann kann ich sagen MEIN Weinviertel? Dann, wenn Lieblingsorte, befreundete Menschen, Festivitäten, Berufe und Berufungen einen binden? Oder- heißt die Welt, in und aus der ich schreibe, Weinviertel?

Haimo L. Handl hingegen übertitelt: das Weinviertel wird MEINES und zeigt das Misstrauen der Einheimischen gegenüber Fremden = Gästen oder die Hemmschwelle auch seiten von Lehrern oder Schulen gegenüber  Kultureinrichtungen = Verlag oder Bibliothek. Er beleuchtet die Kultur des Viertels  und meint u.a. auch hier gibt es Schwätzer, aber viele Kunstverständige und begrüßenswerte Events, nicht nur Kellergassenfest und Vernissagen wie den Tag der offenen Ateliers des Landes NÖ. Seit 2008 gründete er den Bildungs- und Kulturverein mit dem Literaturverlag DRIESCH in Drösing, gibt die anspruchsvolle Zeitschrift für Literatur & Kultur „Drisch“ heraus. Was hier wohl schwierig ist, ist die Ausdünnung, die Verstreutheit des potentiellen Publikums und das Einüben, dass alte Einrichtungen verständig genutzt werden, meint er.

Die Autorin Silke Hassler hingegen berichtet über Unbill und nette Nachbarschaftshilfe bei der Restaurierung eines kleinen bäuerlichen Hofes im nördlichen Weinviertel. Regina Hilber beginnt bei der Schilderung des Duftes und …..

Aber vertiefen sie sich selber in die jeweils völlig anders gearteten Plaudereien aus dem Weinviertel. Spannend und abwechslungsreich!  

Wolfg. Kühn/HG: Mein Weinviertel. Rez.: Eva Riebler-Übleis