Buch

Stadtbekannt.at: Unnützes Wien Wissen. Rez.: Alexander Artner

Alexander Artner
Gar nicht unnütz dieses Wissen!

 

 
 

Stadtbekannt.at:
Unnützes WienWissen
Musik
Sachbuch
Wien: Holzbaum Verlag
2015. 128 S.
ISBN: 978-3-9029-8036-6

Wiens Parks und Plätze sind geschmückt mit den Denkmälern der großen musikalischen Genies. Aber fragt man sich nicht manchmal, was es jenseits des Erhabenen mit den alten Meistern auf sich hatte, wer sie jenseits dieser Fassade waren? Hier setzt unter anderem das Buch Unnützes WienWissen Musik aus dem Holzbaum Verlag an. Wussten Sie zum Beispiel, dass der Name „van Beethoven“ ganz und gar nichts mit einem Adelsstand zu tun hat, wie viele seiner Zeitgenossen zur heimlichen Freude des Künstlers glaubten? Oder dass Johannes Brahms durch Zufall eine Liste mit privaten Bestellungen des verhassten Komponistenkollegen Richard Wagner in die Hände fiel und wie Brahms reagierte, als er sah, dass es sich bei den Bestellungen um die seltsamsten Kleidungsstücke aus Samt, Spitze und Rüschen handelt? Doch auch die Stars unserer Zeit finden Erwähnung und können in puncto Sonderlichkeiten leicht mithalten. Seien es die versauten Bühnenshows der Drahdiwaberl oder die Bedeutung von Künstlernamen wie Conchita Wurst.

Ob Mozart, Schubert, Helmut Qualtinger oder Falco, das Onlinemagazin STADTBEKANNT trug für sein Buch die skurrilsten und witzigsten Fakten über die alten Meister, über neue Sterne und auch Sternchen der Wiener Musikgeschichte zusammen und beleuchtet mit einem Augenzwinkern deren Angewohnheiten, Ausrutscher und Eskapaden. Nach einem kurzen Blick auf die Internetseite Stadtbekannt.at, wird einem das Engagement des Magazins für Wien klar, das stark um die Kultur und den Lifestyle in der Stadt bemüht ist. Unnützes WienWissen Musik ist eine spaßige und liebevolle Ansammlung von Anekdoten und Ereignissen rund um die Musikgeschichte Wiens. Vor allem den an Wien interessierten Leser vermag das Buch durchgehend zum Schmunzeln zu bringen und stellt hierdurch gekonnt seinen Nutzen

Stadtbekannt.at: Unnützes Wien Wissen. Rez.: Alexander Artner

Christian Bommarius: Der gute Deutsche. Rez.: Alexander Artner

Alexander Artner
Deutschlands Kolonien in Afrika

 

 
 

Christian Bommarius:
Der gute Deutsche
Sachbuch
Berlin: Berenberg Verlag
2015. 176 S.
ISBN 978-3-9378-3477-1

Auch wenn Frankreich und England den Deutschen als Kolonialmächte weit überlegen waren, so versuchte man, so scheint es, zumindest in puncto Grausamkeit mithalten zu können. Der 1958 in Frankfurt am Main geborene Jurist Christian Bommarius begibt sich mit seinem Buch Der gute Deutsche in eine der dunkelsten Epochen der Kolonialgeschichte Afrikas. Hier trifft der Leser auf Manga Bell. Dem Sohn des Königs der Duala – eines Stamms in Kamerun – wird es ermöglicht nach Deutschland zu reisen, um dort die deutsche Sprache und Kultur zu studieren. Zurück aus Deutschland und entsetzt von den Gräueltaten der herrschenden Schichten in seinem Land, beginnt Manga Bell für sein unterdrücktes Volk zu kämpfen. Seine stärkste Waffe: Er versteht das Denken der Menschen Deutschlands und kennt ihr Rechtssystem, in dem er sich gekonnt zu bewegen versteht. Doch selbst dies kann ihn vor der Machtgier der Besatzer nicht schützen und so wird Bell nach einem Schauprozess am 08. August 1914 von einem Gericht der Kolonialherren wegen Hochverrats gehängt. Eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Schicksal Manga Bells und der Duala, sowie anderer Stämme in der Zeit der deutschen Kolonialgeschichte ist mit Sicherheit etwas, dass die Gerechtigkeit verlangt.

Am Rande sei dennoch erwähnt, dass es sich bei Bommarius' Buch eben nicht um einen Roman handelt, sondern, um ein Sachbuch und die Fülle und Auflistung der Fakten kann an manchen Stellen für den Leser etwas trocken wirken. Jedoch ist Der gute Deutsche ein notwendiges Buch und besonders Menschen, die an einer historischen Aufarbeitung rund um die Geschichte der Kolonialisierung des Kontinents Afrika interessiert sind, werden dieses Buch als Bereicherung empfinden.

Christian Bommarius: Der gute Deutsche. Rez.: Alexander Artner

Siri Hustvedt: Die gleißende Welt. Rez.: Gertraud Artner

Gertraud Artner
Auf Leben und Tod

 

 
 

Siri Hustvedt:
Die gleißende Welt

Rowohlt Verlag

2015. 491 S.

ISBN 978 3 498 03024 7

Der neue Roman von Siri Hustvedt, die zuletzt mit “Die zitternde Frau” und “Der Sommer ohne Männer” reüssierte, führt uns wieder in die New Yorker Kunstwelt Ende des 20. Jahrhunderts. Wir lernen Harriet Burden - von ihren Freunden Harry genannt – kennen, die als Ehefrau eines einflussreichen Galeristen all die Jahre ihren Verpflichtungen untadelig und klaglos nachkommt, in Wahrheit aber eine hochtalentierte Künstlerin ist. Nach dem frühen Tod ihres Gatten sieht sie ihre Chance auf künstlerische Selbstverwirklichung gekommen. Doch gibt sie sich keinerlei Illusionen hin: Weibliche Kunst wird anders gesehen und bewertet als männliche, nämlich niedriger und schlechter bezahlt. Deshalb und auch um die Rollenklischees der Kunstwelt zu entlarven, wagt sie ein riskantes Experiment. Sie bedient sich Strohmänner, um ihre neuen Werke der Öffentlichkeit vorzustellen und feiert unter dem Titel „Masken“ großartige Erfolge. Als sie schließlich die wahre Urheberschaft der Kunstwerke aufdecken will, wird dies vom 3. Strohmann – selbst ein aufstrebender Künstler – verhindert. Mit erzählerischer Wucht und mitreißender Leidenschaft beschreibt Hustvedt den folgenden Kampf der alternden Witwe in einem erotischen und intellektuellen Spiel auf Leben und Tod. Das Buch ist als Textmontage angelegt und es dürfte der Autorin viel Vergnügen bereitet haben, einen dezidierten “Intellektuellen Roman” zu verfassen, um in unzähligen Fußnoten einen Großteil der abendländischen Geistesgeschichte Revue passieren zu lassen. “Die gleißende Welt” ist eigentlich der Titel eines utopischen Romans von Margaret Cavendish, die im 17. Jhdt. als eine der ersten Frauen überhaupt eigenständig publizierte. Heiße Empfehlung!

Siri Hustvedt: Die gleißende Welt. Rez.: Gertraud Artner

Nikolaus Eberstaller: Wut. Tirade. Rez.: Eva Riebler-Übleis

Eva Riebler-Übleis
"Für dich"

 

 
 

Nikolaus Eberstaller:

Wut. Tirade

Neusiedl a.See: Bu&BuV

2015. 216 S.

ISBN 978-3-9504012-0-1

"Für dich", so lautet die freundliche Widmung des Autors, nachdem er den üblichen Hinweis entkräftigt hat: Jede Ähnlichkeit mit Personen, gleichgültig ob lebend oder tot, ist erfunden. Gesuchtes wird durch Erfundenes real. Nun hat der Leser bereits den ersten Anhaltspunkt sein Hirn einzuschalten wie semantisch aufzupassen und dem Autor nicht auf den Leim zu gehen, sondern sich von queren, einfallsreichen SMS, Gedanken- und Situationsschilderungen eines Künstlers, der auf der Suche nach einer Frau ist, entführen und berauschen zu lassen. Die Metaphern sind einfach zu köstlich, um nicht hier ein paar anzuführen: z.B. Eine Gräte, so breit wie sein Lächeln klebte auf seinem Kragen wie eine silberne Wandernadel. – „Ich warte, sie aber mariniert mich eine Nacht lang in bitterer Ungewissheit.“ – Wie ausgesucht köstlich die Sprache durchgängig von der ersten bis zur letzten Seite ist, sei – man verzeihe es mir, aber man kann das Genre kaum mittels Worten ausdrücken - noch an einem Beispiel vorgeführt, bei dem es um Frauen aus dem 3D-Printer, bzw. Sex in the City geht : „Ich würde lieber dialogfreien, lösungsorientierten Geschlechtsverkehr mit einer warmen Leberkäsesemmel treiben, als eines dieser vakuumierten Weiber zu penetrieren, denen vermutlich jeder Eigengeruch abhandengekommen ist und die dich bei erstbester Gelegenheit ins Serienaus schicken, weil du farblich nicht mehr dazupasst.“ Das Werk Wut beinhaltet natürlich viel Sarkasmus, jedoch überwiegt stets das Skurrile und oft auch zornige Gedanken, die immer wieder auf irgendeine philosophische Weise durchdrungen oder lebensbejahend, positiv oder tröstend sind. Auch wenn der Autor meint: Wir sind Gottes größter Albtraum.

Fazit: Tatsächlich ein Buch gegen Zorn und Wut, und zwar sehr ergötzlich, auf inhaltlich wie sprachlich höchstem Niveau!. Mein skurilles Lieblingsbuch

Nikolaus Eberstaller: Wut. Tirade. Rez.: Eva Riebler-Übleis

Milchram, Schachinger, Söregi/HG: Übergrenzen. Anthologie. Rez.: Eva Riebler-Übleis

Eva Riebler-Übleis
Aufwachen - Aufmachen!

 

 
 

Milchram, Schachinger,

Söregi/HG:

Übergrenzen. Anthologie

Wien: Septime,

2015. 328 S.

ISBN 978-3-902711-39-7

In dieser Anthologie setzen sich Corinna Antelmann, Paul Auer, Jaroslav Balvín, Jürgen Bauer, Zdenka Becker, Helwig Brunner, Marlene Danner, Karl-Markus Gauß, Lisa Glawischnig, Nora Grohs, Josef Haslinger, Silke Hassler, Silvia Hlavin, Markus Jaroschka, Radek Knapp, Johannes Milchram (Hg.), Susanna Muhr, A.J. Rosmondi, Marlen Schachinger (Hg. in), Rebecca Söregi (Hg.in), Angelika Stallhofer, Michael Stavarič, Linda Stift, Anton Thuswaldner, Ilija Trojanow sowie Daniel Zipfel mit dem Thema Grenze vielschichtig und individuell auseinander. Meist hat Grenze - ob politisch oder philosophisch - mit Abgrenzung zu tun und führt mit dem Wort ›über‹ zu den oft realen – manchmal auch phantastischen oder surrealen – Grenzen. In den Beiträgen der AutorInnen wird entgrenzt; begrenzt, vielleicht auch ausgegrenzt oder eingegrenzt. Auf alle Fälle wird erzählt und reflektiert, über die Grenze außen und innen, und somit über sich selbst, je nach Augenmaß des jeweiligen Autors. Über die Bedeutung des mit einem Thema Auseinandersetzens sagt z.B. Ilija Trojanow: Das Schreiben hat für ihn die Funktion das eigene Ego zu bändigen, zu dämpfen. … und ihm ist… die Rolle des fragenden, suchenden zweifelnden, prüfenden und neugierig herumirrenden Autors zugleich ein politisches und ein spirituelles Bedürfnis. Helwig Brunner (mein Favorit) hingegen hat genial in ein Sonett mit Gedanken über Canetti und das Ineinander und Übereinander von Bildern, das vergebene Verschweigen thematisiert und randscharf in der Mitte, mitten am Rand, wie er sagt, das Wichtige, nicht nur die Grenze gefunden. Dem Band beigefügt sind Postkarten mit wildromantischen Architekturmotiven von Laurentiu Ghitä, versehen mit Sprüchen. Mein Favorit ist Johannes Milchram: „... ich hatte meinen geknickten Flügel ordentlich gefaltet und war gestorben …“ Ein wirklich lesenswertes Werk, in dem ständig neue Ideen vermittelt und ausgelotet werden.

Milchram, Schachinger, Söregi/HG: Übergrenzen. Anthologie. Rez.: Eva Riebler-Übleis