Bühne

Landestheater NÖ: Claus Peymann las HOLZFÄLLEN. EINE ERREGUNG. Rez.: Gertraud Artner

Gertraud Artner
Umarmen und Abküssen

Claus Peymann las HOLZFÄLLEN. EINE ERREGUNG
am 5. November 2016 im Landestheater Niederösterreich:



Es war in der Tat eine freudige Erregung im ausverkauften Landestheater. „Zum Abbusseln“ würde der Wiener, die Wienerin sagen, was wiederum Thomas Bernhard extrem widerlich, ekelhaft und vor allem geschmacklos fände.
Die Idee zu der Lesung stammt von der Wiener Journalistin Angelika Hager, die auch für die vorgetragene Textfassung verantwortlich zeichnet. Bereits im Rahmen der Literaturveranstaltung „Der Schwimmende Salon 2015 – Ein Fest der Theaterlegenden“ fand die Lesung mit großem Erfolg im Alten Thermalbad Bad Vöslau statt.
Mitte der 80er Jahre sorgte HOLZFÄLLEN. EINE ERREGUNG für große Empörung, der Roman wurde auf gerichtliche Anordnung hin beschlagnahmt und blieb wochenlang verboten. Der Komponist Gerhard Lampersberg, der sich in der Romanfigur des Komponisten Auersberger zu erkennen glaubte, hatte geklagt und konnte erst auf Vermittlung Dritter zu einer außergerichtlichen Einigung bewogen werden.
All dies scheint heute und besonders an diesem Abend im Landestheater „Schnee von gestern“ zu sein. Getragen auf einer Welle der Sympathie demonstriert Peymann seine tiefe Verbundenheit mit Bernhard und das Publikum amüsiert sich köstlich.
Gleich zu Beginn – zur Eröffnung also – enthüllt der Vortragende schwungvoll den legendären Ohrensessel als wichtigstes Requisit, um den Rest der Vorstellung in abwechselnden Sitzpositionen – von kauernd bis halb liegend – seine bzw. Bernhards Tiraden über die Rampe zu bringen. Als besonders reizvoll erweisen sich natürlich die Passagen über das Burgtheater und seine Burgschauspieler mit dem Höhepunkt, dass ja bald ein neuer Direktor  (nämlich Peymann) erwartet werde. Da zaubert selbiger sogar einen Kofetti-Regen aus seinen Sakkotaschen, das Publikum kann und will sich einen Zwischenapplaus nicht verkneifen.
Die 90 Minuten vergehen wie im Flug. Zum Schluss wird der Ohrensessel wieder mit aller gebotenen Sorgfalt zugedeckt, soll er doch nicht verstauben, sondern in alter Frische erhalten bleiben.
Das Publikum will Peymann gar nicht von der Bühne abgehen lassen. Bravo-Rufe und nicht enden wollender Applaus für ein großartiges Stück Literatur und einen kongenialen Interpreten. An einem solchen Abend scheint es für die nach wie vor offene Frage, ob es überhaupt zulässig ist, Menschen literarisch derart vorzuführen, der Lächerlichkeit preiszugeben und öffentlich zum Gespött zu machen, weder Platz noch Verständnis zu geben. Bleibt zu erinnern, dass Bernhard seine hasserfüllten Ausbrüche auch gegen sich selbst richtete. Das macht ihn wieder sympathisch.


 

Festspielhaus St.Pölten: Tonkünstler-Orchester - Neujahrskonzerte, 01.01. & 06.01.2017

NÖ Festspielhaus, St. Pölten
TONKÜNSTLER-ORCHESTER: NEUJAHRSKONZERTE
Alfred Eschwé / Valentina Naforniþã
 
So. 01. Jänner 2017, 18.00 Uhr, Großer Saal
Mi. 06. Jänner 2017, 11.00 Uhr & 16.00 Uhr, Großer Saal


Herrliche Melodien aus Oper und Operette, beliebte Orchesterklassiker und Höhepunkte des symphonischen Repertoires: Am Sonntag, 01. Jänner 2017 fand im Festspielhaus St. Pölten das traditionelle Neujahrskonzert des Tonkünstler-Orchester statt.

Alfred Eschwé sorgte mit Klassikpreziosen von u.a. Gaetano Donizetti, Charles Gounod, Antonín Dvorák, Franz Lehar und Johann Strauß für ein musikalisches Feuerwerk und brachte das Publikum beschwingt ins neue Jahr. Für stimmlichen Glanz sorgte Starsopranistin und Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper Valentina Naforniþã.
 
Durch das Neujahrskonzert führte die ORF Niederösterreich-Moderatorin Birgit Perl.


Alfred Eschwe
Tonkunstler Orchester
Neujahrskonzert - Brigitte Furle, Erwin und Elisabeth PröllBrigitte Furle, Erwin
und Elisabeth Pröll
Neujahrskonzert - Elisabeth Stadler, Dorli Draxler, Frank Druschel, Brigitte FurleElisab. Stadler, Dorli Draxler
Frank Druschel, Brigitte Furle
Neujahrskonzert - Erwin Pröll, Johanna Mikl-Leitner
Erwin Pröll
Johanna Mikl-Leitner
Neujahrskonzert - Matthias Stadler, Klaus KungMatthias Stadler
Klaus Kung
Neujahrskonzert - Valentina Nafornita, Alfred EschweValentina Nafornita
Alfred Eschwe

Fotocredit © Katharina Zettel/Festspielhaus St. Pölten.
 

Landestheater NÖ: Schöne Bescherungen, 22.12.2016. Rez.: Eva Riebler-Übleis

Eva Riebler Übleis
Einsicht - und das zu Weihnachten!?

Landestheater NÖ, St.P. 22.12.16
SCHÖNE  BESCHERUNGEN
Von Alan Ayckbourn (geb. 1939 London)

Deutsch v. Max Faber
Inszenierung Sarantos Zervoulakos
Video Christian Kiehl
Dramaturgie Kai Krösche
Mit Lukas Spisser, Bettina Kerl, Jaschka ,Lämmert, Franz Xaver Zach, Michael
Scherff, Eva M. Sommersberg, Tim Breyvogel, Zeynep Bozbay, Tobias Artner.

Seit 1980 gibt es dieses Weihnachtsstück, das slapstickartig, leicht und flockig über die Bühne geht und trotzdem die unglaublichen Tiefen der Mitmenschlichkeit auslotet. Die Familie ist Schauplatz der Dramatik. Ayckbourn nimmt die Mittel- und Oberschicht auf die Schaufel und zeigt deren Probleme, die eigentlich keine sein müssten. Das bürgerliche Leben zeugt von wenig finanziellen Problemen, jedoch ist dadurch umso mehr Problematik selbst gemacht und  nach innen verlegt.

Sehnsucht, fehlende Selbstverwirklichung, fehlende Erotik/Sexualität und Wunsch nach Entkommen aus der Enge der Ehebeziehung mögen Ursachen sein. jedenfalls gebärden sich so manche Familienmitglieder, wie auch der eingeladene Gast/Tobias Artner wie Schweine oder Schweinchen. Und das ist ja der Titel des für die Kinder des Hauses aufgeführten Puppenspieles „Die drei kleinen Schweinchen“. Allerdings sind diese Schweinchen nur auf der Suche nach Baumaterial für ihr Haus und nicht in Beziehungskomödien verwickelt. Jedoch hängen sie genauso an Schnüren und sind somit Marionetten; eingeengt und bestimmten Gesetzen folgend.

Ja, Bewegungsfreiheit und Zufriedenheit gibt es in glücklichen Beziehungen, aber das und der Weg dorthin wird uns auf der Bühne nicht vorgespielt. Dem Publikum bleibt die Möglichkeit zur Einsicht, vor allem da das Stück forsch und klug gespielt wurde. Das moralische Augenmaß wird treffsicher wie anschaulich gebracht. Den Schauspielern wie dem Dramaturgen gelingt es Spannung zu erzeugen, wie erkennendes Lächeln zu zaubern. Der lästige moralische Zeigefinger wird nicht ausgefahren und vom Prototyp der Übertreibung oder Typisierung Abstand genommen. Ein wunderbares Weihnachtsstück, gelobt seien auch die Visuals, die einen inhaltlichen und ironischen Mehrwert für diese Produktion bringen! Gratulation!

Landestheater NÖ: Claus Peymann las HOLZFÄLLEN. EINE ERREGUNG, 05.11.2016. Rez.: Gertraud Artner

Gertraud Artner
Umarmen und Abküssen

Claus Peymann las  H O L Z F Ä L LE N. EINE ERREGUNG
am 5. November 2016 im Landestheater Niederösterreich

Es war in der Tat eine freudige Erregung im ausverkauften Landestheater. „Zum Abbusseln“ würde der Wiener, die Wienerin sagen, was wiederum Thomas Bernhard extrem widerlich, ekelhaft und vor allem geschmacklos fände.
Die Idee zu der Lesung stammt von der Wiener Journalistin Angelika Hager, die auch für die vorgetragene Textfassung verantwortlich zeichnet. Bereits im Rahmen der Literaturveranstaltung „Der Schwimmende Salon 2015 – Ein Fest der Theaterlegenden“ fand die Lesung mit großem Erfolg im Alten Thermalbad Bad Vöslau statt.
Mitte der 80er Jahre sorgte HOLZFÄLLEN. EINE ERREGUNG für große Empörung, der Roman wurde auf gerichtliche Anordnung hin beschlagnahmt und blieb wochenlang verboten. Der Komponist Gerhard Lampersberg, der sich in der Romanfigur des Komponisten Auersberger zu erkennen glaubte, hatte geklagt und konnte erst auf Vermittlung Dritter zu einer außergerichtlichen Einigung bewogen werden.
All dies scheint heute und besonders an diesem Abend im Landestheater „Schnee von gestern“ zu sein. Getragen auf einer Welle der Sympathie demonstriert Peymann seine tiefe Verbundenheit mit Bernhard und das Publikum amüsiert sich köstlich.
Gleich zu Beginn – zur Eröffnung also – enthüllt der Vortragende schwungvoll den legendären Ohrensessel als wichtigstes Requisit, um den Rest der Vorstellung in abwechselnden Sitzpositionen – von kauernd bis halb liegend – seine bzw. Bernhards Tiraden über die Rampe zu bringen. Als besonders reizvoll erweisen sich natürlich die Passagen über das Burgtheater und seine Burgschauspieler mit dem Höhepunkt, dass ja bald ein neuer Direktor  (nämlich Peymann) erwartet werde. Da zaubert selbiger sogar einen Kofetti-Regen aus seinen Sakkotaschen, das Publikum kann und will sich einen Zwischenapplaus nicht verkneifen.
Die 90 Minuten vergehen wie im Flug. Zum Schluss wird der Ohrensessel wieder mit aller gebotenen Sorgfalt zugedeckt, soll er doch nicht verstauben, sondern in alter Frische erhalten bleiben.
Das Publikum will Peymann gar nicht von der Bühne abgehen lassen. Bravo-Rufe und nicht enden wollender Applaus für ein großartiges Stück Literatur und einen kongenialen Interpreten. An einem solchen Abend scheint es für die nach wie vor offene Frage, ob es überhaupt zulässig ist, Menschen literarisch derart vorzuführen, der Lächerlichkeit preiszugeben und öffentlich zum Gespött zu machen, weder Platz noch Verständnis zu geben. Bleibt zu erinnern, dass Bernhard seine hasserfüllten Ausbrüche auch gegen sich selbst richtete. Das macht ihn wieder sympathisch.


 

Landestheater Niederösterreich. Franz Kafka: Die Verwandlung. Premiere, 4.11.2016. Rez.: Johannes Schmid

Johannes Schmid

Die Verwandlungvon Franz Kafka
in einer Fassung von Moritz Beichl
Landestheater Niederösterreich, Theaterwerkstatt
Premiere 4.11.2016, Dauer: 50 Minuten

Inszenierung: Moritz Beichl
Dramaturgie: Julia Engelmayer
Darsteller: Stanislaus Dick
Stimme der Schwester: Katharina Knap

Der junge Autor Moritz Beichl hat Kafkas sattsam bekannte Erzählung über Gregor Samsa, der sich über Nacht, sich selbst und der Familie zum Entsetzen, in einen Käfer verwandelt, in eine vorzügliche und offenbar auch gut spielbare dramatisierte Fassung gebracht, die alle Psychologie, allen Schrecken sowie die konfliktreiche Atmosphäre des Originals in künstlerisch eindrucksvoller Weise wiedergibt. Als besonders glücklich erweist sich der Einfall Beichls die Person der Schwester und ihr ambivalentes Verhältnis zum verwandelten Bruder in Form von Tagebuchnotizen im dramatischen Geschehen zu berücksichtigen. Was diesen Theaterabend zu einem unvergesslichen Erlebnis macht, ist die überwältigende schauspielerische Leistung von Stanislaus Dick. Nicht genug, dass er alle Personen des Stückes verkörpert, also nicht nur Gregor Samsa, sondern auch den Vater, die Mutter, die Schwester und den Prokuristen, er spielt, fast ohne Zuhilfenahme von Requisiten, den Protagonisten in Gestalt des Käfers unter größtem körperlichen Einsatz in solcher Vollendung, dass einem kalte Schauer über den Rücken laufen. Die Ausdruckskraft und Wandlungsfähigkeit seiner Stimme machen die Tragik, ja auch das Groteske der Verwandlung mehr als glaubhaft.

Die Absicht des Autors, einen Menschen zu zeigen, der unter dem Druck der Gesellschaft, die Konformität und Gefügigkeit verlangt, letztlich scheitert, geht voll auf. Beiden, sowohl Beichl, als auch Dick, sei gedankt für diese herrliche Aufführung, die vor allem viel junges Publikum angelockt hat, das nicht mit Applaus und Bravo-Rufen sparte.