Bühne

China Moses, Crazy Blues. Rez.: Eva Riebler-Übleis

Eva Riebler-Übleis
Best of Jazz

Festspielhaus St.P. 15.2.14
China Moses, Crazy Blues

China Moses, die Tochter von Dee Dee Bridgewater sang mit ihrem Instrumental-Ensemble, dem der französische Jazzpianist Raphael Lemonnier die Klavierbegleitung intoniert. Nicht nur Songs ihrer Lieblinge Billie Holiday oder Dinah Washington  wurden in ihrem ureigenen Stil interpretiert, in jedem Lied brachte sie ihre persönliche Note unter und sorgte für Stimmung und Individualität.

Vergleicht man da mit ähnlichen Jazz-Abenden, wie z.B. am Dienstag den 18.2.14 im Konzerthaus Wien, freut man sich über die anregende Stimmung im Festspielhaus, nicht nur durch das Ensemble und die Solistin hervorgerufen, sondern auch durch Ton und Licht aktiv unterstützt.

Ein wirklich rundum perfekter Auftritt vor vollem Haus!

Jazz vom Feinsten!

Festwochen Gmunden, Lesung „JA“ von Th. Bernhard mit Martin Schwab. Rez.: Eva Riebler-Übleis

Eva Riebler-Übleis
Naturgemäß

Gmundner Festwochen
Lesung „JA“ von Th. Bernhard mit Martin Schwab
22.7.14, 18.30 Uhr Bernhardhaus Niedernathal

Thomas Bernhard meinte 1978 nach Fertigstellung seiner Novelle „JA“, „Ich denke, es ist eine Prosa geworden, die mich glücklich macht“.

Natürlich ist die Erzählung keine, die von Glück trieft, sondern von Unerträglichkeit, Langeweile, Unglück und Scheitern handelt. Die Kontrahenten sind Thomas Bernhard als Ich-Erzähler und die Perserin als  Gesprächspartnerin auf Spaziergängen im Fichtenwald. Der Ich-Erzähler reflektiert und stülpt seine Existenz nach außen. Statt seinem Freund Moritz (alias dem Immobilienhändler Karl Ignaz Hennetmair, mit dem Th. Bernhard bis 1975 eine 10-jährige Freundschaft verband) hat er nun eine im Wirtshaus alleine gelassene Ausländerin, die ihn von seiner Einsamkeit, Selbstbeobachtung und Wortlosigkeit befreit. Für diese Kunstfigur stand die in Russland geborene Maria Radson Pate. Nicht ihr Selbstmord steht eigentlich im Vordergrund, sondern die für Bernhard typische Reflexion, seine unstatthaften Entspannungsversuche sich selbst zu erleichtern, um nicht verrückt zu werden. Er hatte geglaubt alleine mit der Arbeit, mit geistes- und naturwissenschaftlichen Studien, existieren zu können, was sich als Irrtum, als unerträgliche Isolation, herausstellte.

Von dieser depressiven Aussage her ist das gesamte Werk Bernhards verstehbar. Er selbst erläutert stets vom Allgemeinen: vom Schreiben, der Einsamkeit etc. – ins Besondere: ins augenblickliche Verhältnis der beiden. Er zeigt auch das Abwälzen der hoffnungslosen Sackgasse seiner Befindlichkeit auf seine Gesprächspartnerin, die Perserin. Er wird arbeitsfroher und verbessert seinen Lebensmut, wird ihrer überdrüssig, während sie isolierter, depressiver wird, auf einer verschmutzten Lagerstatt liegend nur mehr Tee zu sich nimmt und sich schließlich vor einen LKW wirft. Nicht einmal ihr Grab ist 14 Tage später auffindbar, so ausgelöscht ist ihre Existenz.

Burgtheaterschauspieler Martin Schwab begleitet die Salzkammergut Festwochen Gmunden seit langem, bekam im Vorjahr zu recht den Franz Josef Altenburg-Preis der Salzkammergut Festwochen und vermittelte in Thomas Bernhards Scheune nicht nur die Liebe zu und das Verständnis für Thomas Bernhards Werk, sondern auch für Th. Bernhards Wesen und Person.

 

Johann Nestroy: Einen Jux will er sich machen. Rez.: Eva Riebler

Eva Riebler
Ich will ein verfluchter Kerl sein!

Landestheater NÖ, großes Haus 11.10.13
Einen Jux will er sich machen von Joh. Nestroy
Koproduktion mit der Bühne Baden
Regie Bettina Hering
Musik Andreas Radovan

Nestroy in neuem Gewand! Entstaubt, frisch und lebendig! Würde er heute leben, würd` er seinen Jux genauso inszenieren! In diesem Stück wollte er weniger politisch kritisch sein und trotzdem ist das karge, bittere Lehrlichgsdasein jahrelang im Gwölb (=Keller), die notwendige Untertänigkeit und schier unerträgliche Abhängigkeit vom nächst Höhergestellten sichtbar und spürbar. Heute ist der Hinweis auf einfache Verhältnisse schon romantisiert und auch kein Kostümschinken mit gesetztem Getue und dümmlich erstaunten Mienen mehr gefragt. Diese Aufführung war zeitgemäß nicht nur  in den Couples und der Ausstattung so wie den Kostümen. Hervorragend waren die Damen, Marie/Lisa Weidenmüller mit den Plateauschuhen, Madam Knorr/Marion Reiser und Frau von Fischer in ihrer Ausstattung wie schauspielerischen Leistung.

Lisa Weidenmüller meisterte die undankbarste Rolle einzigartig! Sie hatte fast keinen Text zur Verfügung!

Frau Gertrud/Christine Jirku war in ihrer Kleidung und Rolle am nestroy-haftesten angelegt und konnte dies simpel und absolut passend verwirklichen. Die männlichen Figuren hatten nicht so viel Bandbreite beim Outfit, waren jedoch effektvoll und vor allem Pascal Groß als August und ganz ganz besonders Jan Walter als Christopherl begeisterten. Othmar Schratt glänzte in drei verschiedenen Rollen und Katharina von Harsdorf spielte wirkungsvoll die Schwägerin.

Das Bühnenbild war hervorragend variantenreich in seiner Simplizität zu gebrauchen. Die zu öffnenden Türen und Fenster machten fast eine zweite Ebene, vor allem für die ausgezeichneten drei Musiker, Hechenberger, Moser und Pistracher, möglich, die schwunghaft die Szenen belebten

Große Leistung ist schauspielerisch, seitens der Regie, Ausstattung, Dramaturgie  und Musik zu beklatschen!

Mira Lobe: Das kleine ICH-BIN-ICH . Rez.: Eva Riebler

Eva Riebler
Auf Identitätssuche


Landestheater NÖ, Werkstattbühne 12.10.13
Das kleine ICH-BIN-ICH von Mira Lobe

Fassung und Regie: Babett Arens
Mit Johanna E. Rehm, Pascal Groß, Babett Arens

Wer möchte nicht wissen, wer er ist?

Ein kleines Tier sucht nicht nur seine Gattung, sondern auch Bestätigung, dass es nicht zu bunt ist und ein völliger Außenseiter. Die Gattung heißt ICH und das kleine Wesen ist glücklich und zufrieden. Soweit Mira Lobe in ihrem Kinderbuch aus dem Jahre 1972.

Babett Arens hat gut daran getan nicht nur den Inhalt sondern auch die Texte exakt zu übernehmen. Sind doch die Kleinen mit den Texten so vertraut, dass ein Abweichen nicht ginge. Genauso ist es mit dem Äußeren des kleinen Ich-Bin-Ichs. Es wurde beibehalten und gefiel den Kindern außerordentlich. Ideenreich war die Ausstattung für Pascal Groß. Sein wandelbarer Gehrock als Papageiengewand von der Kostümbildnerin Eva Kratochwil war wunderbar.

Die weiteren Tiere, Pferd, Kuh, Hunde usw. waren einfach gestaltet und trotzdem lustig und witzig. Die drei Schauspieler hüpften, tanzten und sangen was das Zeug hielt.

Eine wunderbare Aufführung!

Empfehlenswert auch für große Kinder!

Die Vertonung der Texte durch Martin Kratochwil ist genauso gut gelungen. Eine CD um Euro 11.— gibt es zum Mitnehmen. Wir wünschen dieser auch eine Verkaufshöhe von fast 1 Mill. wie dem Buch von Mira Lobe.

I call my brothers: Jonas Hassen Khemiri. Rez.. Eva Riebler

Eva Riebler
Auf gleicher Höhe

 

I call my brothers
Jonas Hassen Khemiri

Landestheater NÖ, Werkstattbühne
20.04.13, 19.30 Uhr
Premiere, Deutschsprachige Erstaufführung
Deutsch von Jana Hallberg
Koproduktion: Ballhaus Naunynstraße, Berlin
Zusammenarbeit: Maxim Gorki Theater, Berlin
Regie: Michael Ronen
Mit: Jerry Hoffmann, Jan Walter, Marion Reiser, Nora Abdel-Maksoud
Dauer: 1 Std 10 Min, keine Pause

Auf gleicher Höhe sollen sich alle Erdenbürger begegnen! Es nutzt nichts, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte über Gleichheit und Akzeptanz zu kennen, man muss es tun! Der in Schweden geborene Jonas Hassen Khemiri hat ein Stück gegen die Vorurteile gegenüber anderen Rassen und ethnischen Gruppen geschrieben. Er studierte Wirtschaftswissenschaften und Literatur in Stockholm und Paris und veröffentlichte in der schwedischen Tageszeitung Dagens Nyhter im Vormonat einen offenen Brief an die schwedische Justizministerin Beatrice Ask und bat sie mit ihm die Haut zu tauschen, damit sie sehe, wie es einem vollwertigen Landesbürger auf offener Straße ergehe. Dies ist sein viertes Stück, das zeigt, dass der gedankenlose Sprachduktus und vor allem unser Blick uns als Denunzianten oder als Ein-Gebildete verraten. Nicht erst seit 9/11 geht eine Radikalisierung mit der gesellschaftlichen Ablehnung Andersgläubiger einher.

Dieses Stück bringt es - ein paar Tage nach dem Attentat in Boston - auf den Punkt, wie kurz die Distanz zum Bombenleger sein kann und wie schnell man zu einem wird. Von der ersehnten Frau nicht wahrgenommen, von Vater und Bruder nicht oder zu wenig beachtet, führt der phantasierte Ausweg der Flucht schnell in den Terrorismus.
Hervorragend gespielt, einfach und beeindruckend in Regie und Inszenierung und vor allem modern und einprägsam in der Animation der dreiseitigen Videos.

Fazit: Einfühlsam, spannend und zeitgemäß!

I call my brothers: Jonas Hassen Khemiri. Rez.. Eva Riebler