Bühne

Salzkammergut - Festwochen-Gmunden Eröffnung 13.7.14. Rez.: Eva Riebler-Übleis

Eva Riebler-Übleis
Kunst ist nicht demokratiefähig

Salzkammergut - Festwochen-Gmunden Eröffnung 13.7.14
Gmunden Stadttheater
Mit LH Josef Pühringer, Bgm. Heinz Köppl, Obfr. Johanna Mitterbauer, Intendantin Jutta Skokan, Autor Felix Mitterer, Gastredner K. Paul Liessmann und Musik von Sunok und Yoo Soon Lee und Stephanie Nilles u. a.

In der Einführung betonte die Intendantin Jutta Skokan, dass die Hauptaufgabe der Kultur es sei, Kunst zu ermöglichen.

In ihrem Interview mit dem Autor Felix Mitterer, dem heuer das Literaturfest gewidmet ist, erklärte dieser, dass aus seinem Aufenthaltsort in Irland der Blick auf die Heimat milder geworden sei. Er hatte seine literarische und schauspielerische Laufbahn mit dem Stück „Kein Platz für Idioten“ begonnen, zahlreiche Idioten und Außenseiter gespielt und beende seine Laufbahn nun als Darsteller des Rotaffen in Kafkas „Ein Bericht für eine Akademie“, der im Fest für Felix Mitterer vom 24. bis 27.7. im Stadttheater Gmunden zu sehen sein werde.

Die Gastrede K.P. Liessmanns drehte sich um die Möglichkeiten, die Kunst sein kann: vom Steuerverschwenden bis zum Erschließen von Neuem, Experimentalem oder der Vereinnahmung durch demokratische Beschlüsse oder dem öffentlichen Interesse. Jedoch die Kunst habe das Recht, sie selbst und einmalig zu sein, nicht der Beglückung aller zu dienen. Ihr kann man ja im privaten Rahmen entgehen (z.B. muss man nicht ins Theater gehen oder ein Buch lesen … , meinte Liessmann) nicht aber im öffentlichen. Die Kunstpolitik ist stets (naturgemäß – würde Th. Bernhard meinen/ Anm. Rd.) in Gefahr undemokratisch zu agieren und muss auch der Stachel im Fleisch der Demokratie sein - so schloss Liessmann seine Ausführungen.

Eine Stellungnahme, die allgemeiner und wahrer nicht sein kann!

Das hochkarätige Duo Lee an Violine und Klavier bestritt den musikalischen Part der Eröffnung. Korea Lee brachte Volksliedern aus ihrer Heimat Korea. Beide Geschwister Lee studierten in Wien an der Hochschule für Musik und hatten für den heutigen Abend Sonaten von Ludwig van Beethoven und César Franck ausgewählt. Für das Leitthema des Abends „Wozu Kunst“ sehr passend, denn auch Beethoven galt dem Geiste der frz. Revolution verpflichtet und war somit Aufständischer gegen die Konvention und Franck orientierte sich in Paris 1880 an der deutschen Tradition und nicht an der französischen. Er flocht Wagner`s Harmonik und Leitmotive in seine Sonate ein, womit er sich politisch und gesellschaftlich genauso outete.

Eigenständige und gute, falls diese Bezeichnung Wert hat, Kunst zeugt somit stets von eventueller Vorreiterrolle, Isolation und sicher eben nicht von Demokratiefähigkeit!

Womit über „gefallen“ oder „nicht gefallen“ der Auswahl und der Aufführungen des Programmes der Salzkammergut-Festwochen eine Diskussion sich erübrigt.

Jedoch wird das reichhaltige, hochkarätig besetzte Programm und deren professionelle Ausführung und Umsetzung für viele Kunstliebhaber Freude, Genuss bedeuten und gesteigertes und bleibendes Interesse hervorrufen!

Siehe www.festwochen-gmunden.at

 

PLUGGED_IN: LAS VEGAS RHAPSODY. Rez.: Eva Riebler-Übleis

Eva Riebler-Übleis
Jazz me, if you can

Festspielhaus St. Pölten 31.1.14, 19.30
Tonkünstler-Orchester-NÖ
PLUGGED_IN: LAS VEGAS RHAPSODY
Theo Bleckmann, Gesang
FumioYasuda, Klavier
Bernd Ruf, Dirigent

Einst rief beim Jazz-Festival Saalfelden der legendäre Ernst Jandl „Jazz me, if you can!“ Im Festspielhaus eröffnete der Prolog der legendären Las Vegas Rhapsody einen Reigen von 13 amerikanischen Evergreens. Der Epilogue aus der Las Vegas Rhapsody beschloss den musikalischen Reigen an Liedern, die alle vom Japaner Fumio Yasuda neu arrangiert worden waren.

Durch die Improvisationen bestand keine Gefahr durchschnittliche U-Musik vorgesetzt zu bekommen. Ernst Jandl hätte anerkennend genickt und das zahlreich anwesende Publikum hat sich gefreut und die Bearbeitungen so honoriert, dass „little night music“ und ein jazziges Zwiegespräch zwischen der Bassklarinette, diesmal sogar gespielt vom Dirigenten Bernd Ruf, und den Pianisten Fumio Yasuda als Zugaben gegeben wurden.

Durch die vibrierende Stimme des zwischen Jazz und E-Musik angesiedelten Sängers Theo Bleckmann aus Dortmund wurde die schillernde Showbühne der großen, weiten Glamourszene Amerikas in das Festspielhaus geholt. Er konnte das Publikum durch seine zarten Variationen und Stimm-Imitationen, mit seinem Wechsel von pianissimo, piano zu forte brilliant in die 30er oder 40er Jahre versetzen.

Die bekannten Evergreens wie „Out of my dreams“, „True love“, „You make me feel so young“ oder „Luck be a lady“ aus „Guys and Dolls“ (momentan in der Volksoper am Programm) u. a. bekamen nicht nur durch die Bearbeitung und Stimme ein neues Kleid, sondern genauso durch die Flexibilität und das Können des NTO-Orchesters , dirigiert durch den im Cross-Over erfahrenen Bernd Ruf.

Ein brillanter Abend, der Lust auf mehr Konzerte aus der Reihe Plugged-In (www.plugged-in.at) macht!

Festwochen Gmunden 14.7.14. Rez.: Eva Riebler-Übleis

Eva Riebler-Übleis
Erfrischend - spannend - hervorragend!

Festwochen Gmunden 14.7.14. 19.30 Uhr
Stadttheater Gmunden

Jazz/Blues Stafanie Nilles

Stephanie Nilles stellt in Gmunden ihr viertes Album „…Take A Big Ship vor. Sie ist sicher die überzeugendste Jazz-Klavier-Lounge-Punk-Sängerin, die man hier, seit Tom Waits rauchigen Liedern über Seeleute, kennt. Die kreativen  Stimmvariationen, die sie seit ihrem Aufenthalt in New Orleans, seit Anfang 2010, intensiv pflegt, sind einzigartig und einen Tick neben der normalen Jazz-Spur angesiedelt. Ihre Stimme bricht, erfängt sich und flüstert oder artet in rhythmisches Stammeln oder Schreien aus. Pures Bühnenpower und ihr ekstatisches Können am Klavier garantiert den Erfolg! Einer One-Man-Performance ist selten so spannend und variationenreich!

Ihre Texte sind aus dem Leben gefischt. Ihre neuen Songs thematisieren  z.B.: Facebook, Twitter als Stalker-Platz. „We all are crimes, facebock gives the chance for stalking“. In einem Lied meint sie, sie hasse Boston. Es sei der Ball (siehe WM, Anm.Red.) wichtiger als sie als Person. Sie werde zum Spielball. „Happiness is nothing!“ Du wirst nicht nur zum Spielball, du bist auch nicht deines eigen Glückes Schmied! Happyness is a Number, a Gamenumber! Zentral in ihren Liedern ist auch der Zusammenbruch. Z.B. „I broke down in Indiana, High Way …My Engine is broken (but not in a sexual Way)” die Sexualität wird vorwiegend ausgeklammert. (Sie wird heiß – es geht um die Maschine, nicht um die Sexualität) Stefanie Nilles macht sich über jede Romantik lustig und beleuchtet präzise nicht nur den Amerikanischen Way of Life

Es geht ihr oft um die blanke Existenz. Das bemerkte sie bereits bei ihren ersten Worten auf der Bühne: Sie freut sich hier zu spielen, “ normalerweise riecht es nach Pisse, wo sie spielt!“

Sie absolviert bis zu 150 Auftritte pro Jahr und  wurde vom US-"Rolling Stone" mit Ella Fitzgerald verglichen: "Ella Fitzgerald beating the shit out of Regina Spector". Sie studierte Konzertpiano und Cello und entdeckte das etwas abseitigere Musikgeschehen, als sie nach New York kam und dort schon bald die Anti-Folk-Szene des East Village aufmischte. Nun trat sie mit Bobby McFerrin in der Carnegie Hall auf und veröffentlichte drei Alben. "... Takes A Big Ship" ist ihr viertes, aus dem sie in Gmunden vor allem schöpfte.

Sie spielte als vorletzten Song fröhlich klimpernd einen kurios vermischten mexikanischen Song, indem sie auch Spanisch mit Englisch verquirlte zu „Spenglisch“. Sie bedankte sich mit einem „Danke-You“

Richtig erfrischend und ein Original aus der Szene New Orleans, das erfrischt, begeistert  und fasziniert!

 

Amphitryon und sein Doppelgänger nach Heinrich von Kleist. Rez.: Johannes Schmid

Johannes Schmid
Gekonntes Verwirrspiel

Amphitryon und sein Doppelgänger
nach Heinrich von Kleist
Landestheater Niederösterreich
Großes Haus, 14.2.2014
Beginn: 19.30 Uhr
Dauer: 2 Stunden (keine Pause)
Gastspiel Schauspielhaus Zürich
Mit Carolin Conrad, Fritz Fenne,
Michael Neuenschwander,
Schwarz und Marie Rosa Tietjen

Jener bunte und schon vom antiken Menschen als grotesk und komisch empfundene Mythos, den Kleist seinem Drama in der Nachfolge von Plautus und Moliere zu Grunde gelegt hat, verfehlt auch heute seine Wirkung nicht, zumal wenn er so gekonnt bearbeitet wird wie vom Schauspielhaus Zürich. Alkmene erwartet sehnsüchtig ihren aus dem Krieg heimkehrenden Gatten Amphitryon; an seiner statt aber kommt Jupiter zu ihr, in Gestalt und Aussehen dem Gatten gleich, und genießt Liebesfreuden. Sosias, der Diener Amphitryons, den sein Herr in tiefer Nacht vorausgeschickt hat, um Alkmene sein Kommen anzukündigen, stößt auf Merkur, der Sosias aufs Haar gleicht und ihn mit Prügeln aus dem Haus treibt. Die Rückkehr des wirklichen Amphitryon stürzt Alkmene in Ungewissheit und Zweifel, ja lässt sie fassungslos zurück; denn ein Zerwürfnis mit dem Gatten kann nicht ausbleiben; vollends absurd wir die Situation, als Jupiter um seiner selbst willen geliebt sein möchte. Wer ist der wirkliche Gatte? In der Regie von Karin Henkel (Schauspielhaus Zürich) wird das Verwirrspiel um ein Vielfaches ausgeweitet und auf die Spitze getrieben; aus einer Person werden gleich vier oder der Mann schlüpft in die Rolle der Frau und vieles mehr. Ziel dieser Veränderungen ist die Übersteigerung des komischen Elements; eine Farce entsteht, die aber bei aller Komik die Identitätsproblematik nie aus dem Auge verliert, ja vielmehr erst wirklich glaubhaft macht  und zeitgemäß deutet. Die schauspielerische Leistung ist enorm; zu Recht ernteten die Darsteller reichlich Applaus und Bravo-Rufe. Man wünscht sich mehr solche Gastspiele.

Festwochen Gmunden, Kurt Palm – „Kafka, Kiffer und Chaoten“. Rez.: Eva Riebler-Übleis

Eva Riebler-Übleis
Kafka lebt!

Festwochen Gmunden 19.7.14, Stadttheater Gmunden
Kurt Palm – „Kafka, Kiffer und Chaoten“
Film von Kurt Palm mit anschl. Gespräch Kurt Palm mit Franz Schuh

Gottseidank! Kafka lebt!

Natürlich wird, - z.B. bei der Lesung Martin Schwabs „Ja“ im Bernhardhaus Niedernathal - auch Thomas Bernhard ins Leben gerufen!

Wenn man denkt, der Verweis auf Kafka als leibhaftigen Mitspieler im Film „Kafka, Kiffer und Chaoten“ hätte die Fördergelder locker gemacht, irrt man sich! Ganz im Gegenteil! Fast als hätten die amtlichen Verteiler an den Fördertöpfen immer noch Angst vor diesen unglücklichen Autoren, die doch stets den Finger auf die Wunde der sozialen Problematik der  Gesellschaft mit naturgemäßen Eindruck und Nachdruck legten!

Dabei ist das Road-Movie mit eingestreuten Slapsticks a` la Monty Python, indischen Tanzeinlagen, 60er Jahre Design und Chaoten, unter der Mitwirkung von Hubsi Kramar, K.F. Kratzl usw., Kurt Palm als allzeit verorteten Kellner, Hermes Phettberg als Wartenden auf ein Ehrengrab, Franz Schuh als Hochschulprofessor nicht nur skurril und variationsreich, sondern einfach ein „MUSS“!

Man sieht einer Studentengruppe zu, wie sie ihre Seminararbeit über Kafka als Film umsetzen, zwischen Rausch, Sex und Drogen pendeln und eigentlich auf Urlaub in den Süden wollen. Beim Besuch Kafkas Sterbezimmer steht Kafka leibhaftig auf und begleitet die tolle Truppe auf die Reise nach Sizilien. Die Irritationen und allseitigen Kompensationen sowie Parallelen im Film zum Film beginnen. (z.B. Geldmangel für die Filmproduktion auf beiden Ebenen  …)

Im anschließenden Gespräch meinte Kurt Palm u. a. „Das Problem ist, dass das Kafkabild in den Köpfen einzementiert ist. Ich mache den Versuch, kleine Steine herauszubrechen“. Auf die Frage Franz Schuhs, ob Kafka Humor habe, antwortete Palm „eher Komik statt Humor“. Franz Schuh wies darauf hin, dass Palm literarische Größen plausibel machen könne. Er fokussiere sie und setze sie in Zusammenhang mit dem Alltag, den gelungenen oder ungelungenen. Die Filmkritik sei unkompetent. Vor allem für junge Menschen sei die Kafkaperspektive wunderbar und der Film sei gut gemacht, denn er dringe in die sekundärliterarische Sprache ein.

Diesem Lob Franz Schuhs stimmt wohl jeder freie Literaturwissenschaftler zu und man kann sich nur unendlich viele Besucher des Films wünschen, egal ob sie Kafka- oder Palm-Fan oder –Kritiker sind!

Nach Kurt Palms „Schnitt durch die Kehle oder die Auferstehung des Adalbert Stifter“- und „Wadenmesser-Wolfgang Mozart“- sowie „Hermes Phettberg, Elender“ -Film wieder ein unkonventioneller, vielleicht polarisierender PFLICHTFILM!

Ich wünsche Kurt Palms Film wie seinem Schaffen großen Erfolg.

Hoffentlich nimmt er sich nicht das Zitat Kafkas aus diesem Film zu sehr zur Brust: Entweder … “am Schreiben zugrunde gehen – oder irrsinnig werden. Ich verkrieche mich vor den Menschen, weil ich ruhig zugrunde gehen will.“