Bühne

Festspielhaus St.Pölten, Sofa Surfers, 30. Oktober 2015. Rez.: Roman Riebler

Roman Riebler

Festspielhaus St.Pölten, Hinterbühne, 30.10.15
Sofa Surfers

Die Sofa Surfers stellten ihr letztes Album „Superluminal“ vor und konnten vor allem mit ihren Hits „A good day to die“ und „Word in a Matchbox“ die Menge begeistern. Dem Zeitgeist entsprechend haben sie mit dem Song „I am a refugee“ die Flüchtlingsproblematik thematisiert. Die abstrakten, rasanten Visuals von Timo Novotny und Bernd Preiml beeindruckten genauso wie ihre Bilder, die die Eindrücke aus der Großstadt wiedergaben. Die großartige Stimmung setzte sich in den Zugaben fort. Erfolgreich erobert das Festspielhaus eine weitere jüngere Publikumsparte.

LitGes, im Oktober  2015

Festspielhaus St.Pölten, Sofa Surfers, 30. Oktober 2015. Rez.: Roman Riebler

Bühne im Hof, St. Pölten: Dirk Stermann 6 Österreicher unter den ersten 5, 10. Juni 2016. Rez.: Andreas Wundsam

Andreas Wundsam

Dirk Stermann
6 Österreicher unter den ersten 5
Bühne im Hof 10. Juni 2016

Das Programm ist ähnlich lustig wie der Titel, sonst war aber kaum ein Bezug herzustellen.

Man nehme zwei bis fünf Wochen Tour eines Deutschen durch Wien im einschlägigen Milieu des Ur-Wieners (untere Schublade), verdichte die erlebten Begebenheiten und übertreibe sie bis über die Spitze. Das lasse man von hervorragenden (Puppen-) Darstellern, die auch die Sprache authentisch beherrschen, manchmal mit vielen Wiederholungen derselben Pointen darstellen. Dazwischen ansprechende Musik, teils im Dialog mit dem Dargestellten. Das, scheint es, ergibt etwa den gebotenen Abend. Tatsächlich ist er inhaltlich an den gleichnamigen Bestsellerroman Stermanns angelehnt.

Für den Wiener, der nicht aus diesem Milieu stammt, ist es klar: Man darf sich endlich einmal über die „Proleten“ lustig machen. Falls ein einschlägiger Wiener im Publikum sitzt, ist es auch für ihn eine Freude, denn so arg wie hier dargestellt, ist er ja doch nicht. Und wer die Wiener nicht kennt, der versteht wohl nicht allzu viel – trotz der ständigen Übersetzung für Dirk, den Deutschen, der das alles erlebt.

Bleibt eine Falle für das Publikum, durch die das Mitgefühl auf die Probe gestellt wird. (Mehr sei nicht verraten.) An diesem Abend haben nicht viele bestanden. Wie viele von den Durchgefallenen es bemerkt haben? Es bleibt offen. Vielleicht denkt der eine oder der andere darüber nach.

Dann hat es sich ja schon gelohnt. Amüsant ist es – besonders wegen der prägnanten Zeichnung der Charaktere durch die Puppenspieler Manuela Linshalm und Nikolaus Habjan sowie Richard Schmettere als Dirk Stermann, dem unverbesserlichen Deutschen. Regie Simon Meusberger und Musik Kyrre Kvam. Es handelt sich um eine Produktion des Rabenhof in Zusammenarbeit mit dem Schuberttheater.

Jedenfalls bekommt man Appetit auf mehr von den Klappmaulpuppen!

Cityhotel D&C–Stadtsaal: 2. Meisterkonzert der LH St.Pölten, Brass & Piano. Rez.: Eva Riebler-Übleis

Eva Riebler-Übleis

2. Meisterkonzert der LH St.Pölten 14.11.15
Cityhotel D&C – „Stadtsaal“
BRASS & PIANO
BRASSISSIMO
Daniel Weinberg am Piano

Statt dem verhinderten Klaviervirtuosen Michel Bourdoncle ließ man kurzerhand den berühmten Daniel Weinberg aus Paris einfliegen. Alleine seine Klaviersolo TRIANA und seine Interpretation von Gershwins „Rhapsody in Blue“ machten den Besuch des Meisterkonzertes zu einem großartigen Ereignis! Einzigartig flogen die Finger über die Tasten und brachten eine Auslegung Gershwins weit weg vom breitgetretenen Mainstream seines Blues.

Die fünfköpfige Brassband spielte mit Herz, Leichtigkeit und Amusement, egal ob Joseph oder Johann Strauß, Vittorio Monti, Aram Katschaturjan oder den Mississippi Jazz- und Bluesstücken. Bei der Katzenmusik Rossinis brachten die beiden Bläser im Publikum, versteckt hinter Katzenmasken, eine weitere Auflockerung. Die Brassissimo agierten wie bei einem Silvesterauftritt mit vielen eleganten bis witzig-spritzigen Ansagen, den Aufforderungen ans Publikum mitzusingen oder zu klatschen und hoben auch die Uraufführung des jungen niederösterreichischen Komponisten Jakob Wagner gelungen aus der Taufe. Der künstlerische Leiter Robert Lehrbaumer bereitete das Publikum auf das dreiteilige Stück vor, und so konnte der ausladende, martialische und strenge Rhythmus des ersten Satzes, der lockere bis melancholisch volksliedartige zweite Satz sowie die Fuge mit einem hinkenden Rhythmus von allen erkannt und genossen werden. Harmonisch durchgehalten und ohne ein Zuviel an Spannung oder Irritation schloss dieses breit angelegte neue symphonische Werk.

Ein vielschichtiger, ereignisreicher Abend mit der Bandbreite altbekannter Ohrwürmer bis zu einer Gershwin-Interpretation höchster Qualitätsstufe und bis zu einer gelungenen Uraufführung eines ausladenden symphonischen Opus!

LitGes, im November 2015

Festspielhaus St. Pölten, Torobaka, Rez.: Eva Riebler-Übleis

Eva Riebler-Übleis
Neue Ideen durch Zusammenarbeit von Stier und Kuh!

Festspielhaus St. Pölten, Großer Saal, 12. 12. 2014
Akram Khan/Israel Galván: Torobaka
Österreichpremiere
Musik: Arrangement und Live

Es bracht keine Berührung, um Intimität herzustellen. Die beiden Tänzer zeigen es: Sie wirbeln um und in einander und gehen auf einander zu. Israel kommt aus Sevilla/Spanien und sein Tanz ist der Flamenco, während das Lebenselixier Akram Khans aus Bangladesch der Kathak ist. Stier und Kuh tanzen mit einander, wie Thomas Hahn dies im Programmheft bezeichnet. In TOROBACA erahnt man die beiden Tiere „el toro“ und „la vaca“ sowie das Dada-Gedicht Tristan Tzaras „Toto Vaca“, welches auf einem Maoritext aufbaut. Sehr unterschiedlich sind auch die bewegungsabläufe und Gesten. Der Flamenco ist anstrengend, herrisch und hart, Der Kopf steif oben und dann wieder die Arme V-Förmig Richtung Boden stoßend; während die indischen Bewegungen des Kathak leichter und spielerischer, oft schwebend erscheinen und von den Glöckchen an den nackten Füßen begleitet und „erläutert“ werden. Weiters trennt die beiden Tanzstile vielleicht die zeitweilig notwendige Bestiefelung Israels, um den Flamencotakt, den Zapateado, staccatoartig klopfen zu können. Die Choreografie der beiden trifft auf die Choreografie der Musik selber. Sie ist eigentlich die Verursacherin der beiden unterschiedlichen Tanzstile, bzw. wäre ohne sie ja kein Kathak und kein Flamenco möglich.

Die Inspiration durch die Musik führte zu einer Choreografie, zu einem gemeinsamen Tanzstil, zu einem neuen geglückten Werk, zu dieser gelungenen Österreichpremiere im Festspielhaus!

@ Festspielhaus St. Pölten

LitGes, im Dezember 2014

 

Bühne im Hof, St. Pölten: Der Herr Karl Nikolaus Habjan. Rez.: Eva Riebler-Übleis

Eva Riebler-Übleis

Der Herr Karl
Nikolaus Habjan
12.6.2016 Bühne im Hof St.P.

Der Inhalt des Herrn Karl aus der Vorkriegszeit darf ja als bekannt vorausgesetzt werden.

Ausgewählt und gespielt wurden vor allem die Cafeehaus-Szenen mit dem Herrn Karl als servilen, stets rauchenden Ober 8der Angst hat, von seiner chefin beim Rauchen erwischt zu werden), der ältlichen, reich an verblichenen Reizen, Bardame und dem älteren Gast, sitzend an seinem Cafeehaus-Tisch.

Neu war die Umsetzung mit den lebensgroßen Handpuppen, belebt und besprochen von dem Künstler Nikolaus Habjan. Diesem zuzusehen, wie er die Puppen individuell steuert und liebevoll mit ihnen persönlich in Dialog geht, war eine großartige Sache!

Jeder Charakter kam pointiert heraus, mitsamt seiner Sexbesessenheit, Doppelmoral oder Naivität, die sich selbst entlarvte. Themen außerhalb des Caffeehauses waren: der Zeitgeist der 30er Jahre, Hitler als Führer, der verführt; der Jude Tennenbaum, der das angschmierte Pflaster reinigen musste und abgeschoben wurde; sowie Gedanken über diverse Ehen samt Ehefrauen und Sinnsprüche, wie: Die Frau ist die Gebende, der Mann der Herrschende – oder Gesundheit ist Pflicht! etc. Dass Österreich und seine Bewohner „unpolitisch“ waren, bzw. es von sich behaupteten – ist selbstredend textimmanent!

Die Puppen nahmen den Spieler Habjan als jungen Menschen ernst und banden ihn in ihre Gespräche und Ressentiments ein und betitelten ihn als den „jungen Herrn“, zu dem der berühmte Qualtingersatz passte: „I kunnt ihna ja Sachen dazähln, aber i will ihna ja net verderben!“

Ein wirklich köstlicher Abend, der zeigte, wie ein herausragender, junger Artist alleine (mit seinem drei Puppen) grandios eine voll besetzte Bühne im Hof entlarvend und niveauvoll unterhalten kann!