Bühne

Festspielhaus St. Pölten, Mozart / Dvorák / Widmann; Rez.: Eva Riebler-Übleis

Eva Riebler-Übleis
Mozart / Dvorák / Widmann

Festspielhaus St. Pölten, 10. 11. 2014

Viel mehr mutet der Komponist Jörg Widmann (*1973) dem Star-Trompeter Sergei Nakariakov, *1977 in Gorki, zu als Mozart seinem Solisten Joseph Leutgeb (1732-1811), der ihn nach Paris, Frankfurt und nach Italien begleitet.

Die Komposition Widmanns wie die Interpretation in extrem schnellem Tempo waren herausragend! Niemand sonst könnte 16 Minuten lang dieses Tempo in so einer Präzision durchhalten. Eine Steigerung war von Anbeginn nicht mehr möglich, so furios war bereits der Einstieg!

Genauso wunder bar der Zusammenklang und die Antworten des NTO-Orchesters auf den Trompeten-Solisten in Mozarts Konzert für Horn und Orchester KV 495 Es-Dur, das Mozart als „Ein Waldhornkonzert für Leitgeb“ in sein Verzeichnis aufgenommen hatte. Man hörte die wilde Jagd und vorneweg stets das Horn als Anführer. Ein lockeres amüsierendes Werk mit einem exzellenten Solisten.

Gegen diese hervorragenden Stücke, die allen äußerste Konzentration abverlangten, konnte die anschließende Symphonie Nr. 6 D-Dur (1880) Antonín Dvoráks nur etwas glatt und gefällig ausfallen. Wohlgemerkt das Musik-Stück! und nicht die Aufführung bzw. Interpretation durch Michale Schonwandt als Dirigent mit dem NTO-Orchester in großer Besetzung!

Programm Festspielhaus St. Pölten

LitGes, im November 2014

 

Festspielhaus, Messiaen, Wiener Philharmoniker; Rez.: Eva Riebler-Übleis

Eva Riebler-Übleis
Auferstehung einmal mit, einmal ohne Auferstehung

Festspielhaus St. Pölen, 24. 10. 2014
Wiener Philharmoniker: Messiaen / Schubert

Bei beiden Werken ist die Auferstehung zentrales Thema. Messiaen setzt sein Orchester ohne Streicher zusammen. So erhält er kraftvolle Gegensätze und starke, euphorische Klänge und Dissonanzen oder Jauchzer für das Finale. Schlagzeug, Gongs, Glöckchen oder Bläser bringen mehr Wohllaute und Hallelujah für den Sieg der Dreifaltigkeit. Die Natur wird in Form von Vögelgezwitscher unterstützend eingesetzt und der letzte und vierte Satz des 1064 geschaffenen Werkes „und ich erwarte die Auferstehung von den Toten“ für Bläser und Schlagzeug, ist „Konzert der Sterne“ betitelt. Alles ist dem Sieg gewidmet und die Ausstrahlung war wirklich großartig!

In Schuberts „Lazarus, oder: Die Feier der Auferstehung“ 1820 liegt das Augenmerk auf dem Gesang der Freunde und Schwestern Lazarus sowie zweimal dem Einsatz des Chores (Wiener Singverein) und weniger auf der instrumentalen Tondichtung. Leider fehlt das bestimmt furiose Finale und so endet das Schuberts Werk noch verhalten im Drängen zur und Wünschen der stattfindenden Erlösung durch die Auferstehung. Dadurch verlässt der Zuhörer am Ende nicht gelöst den Saal, sondern sinniert unerlöst.

 

Ein virtuoses, dunkel gefärbtes, wehmütiges und eindringliches Werk, das wie das von Messiaen großartig, expressiv dargereicht und bewundernswert dirigiert (Ingo Metzmacher) worden ist.

 

Programm Festspielhaus St. Pölten

LitGes, im Oktober 2014

 

Festspielhaus, Judith Holofernes, Ein leichtes Schwert; Rez.: Eva Riebler-Übleis

Eva Riebler-Übleis
Ein leichtes Schwert

Festspielhaus 25. 10. 2014
Judith Holofernes
Ein leichtes Schwert

Was die nunmehrige Solo-Performerin und einstige Sängerin der Band „Wir sind Helden“ mit diesem Titel meint, wissen wir aus dem Internet, denn beim Auftritt verstand man; dass ihre Texte gut sind, jedoch leider zuwenig den Inhalt. Dies ist der Titel ihres Albums, das sie in der mittlerweile 3-jährigen Pause ihrer Band herausgegeben hat. Wenn sie nichts tut, schreibt sie so nebenbei Lieder und beim siebten Song begann sie ihr Album zu kreieren. Sie legt keinen Wert auf Sintisizer sondern ist analog unterwegs. Ihre Musik soll gitarrelastig und tanzbar sein, so ihr Wunsch. Das Festspielhaus-Publikum kam diesem Wunsch nach und bewegte sich ab dem zweiten Lied. Da sie nur sieben neue und einige ältere Lieder hatte musste sie auch „fremdgehen“, was der Tanzbarkeit und Dynamik nur wohltat. Die kurze Stunde des Auftrittes ließ ihr das Publikum nicht durchgehen und so hängte sie noch zahlreiche Zugaben an. Ihr Album ist weitaus nicht so rockig wie die Songs ihrer vormals „Wir sind Helden“-Band, jedoch vom Text her, so man ihn versteht, sehr stark und ungewöhnlich (vor allem „ein leichtes Schwert“, „Nichtsnutz“ oder „Ich bin müde“).

Ein unterhaltsamer netter Abend, der den Stressabbau unterstützte und Geist und Körper lockerte.

Programm Festspielhaus St. Pölten

LitGes, im Oktober 2014

 

Festspielhaus, Ein William Forsythe Balletabend, Semperoper Ballett; Rez.: Eva Riebler-Übleis

Eva Riebler-Übleis
Kopf und Körper

Festspielhaus 19. 10. 2014
Semperoper Ballett
Ein William Forsythe Ballettabend

Komplexes klassisches Ballett mit heutiger Performance als Premiere der Semper Oper in St. Pölten. Forsythe erweitert sukzessive die traditionelle Ballettkunst und geht zum abstrakten, dynamischen Ausdrucksballett, bei dem der jeweilige Tänzer, die Tänzerin, selbstverständlich „Bewegungs- und Ausdrucksfreiheit“ hat. Nicht die tanzende „Herde“ ist gefragt, sondern die Individualität und Präzision der in hohem Tempo ausgeführten Bewegungen.

Nach der Pause bringt „Enemy in the Figure“ mit dem einzelnen mobilen Scheinwerfer eine neue Fassette der Beleuchtung. Der dunkle Raum verschluckt oder lässt schemenhaft am Rande oder grell angeleuchtet im Zentrum des Lichtes die choreografischen Details ganz oder konturenhaft erkennen. Der Besucher erkennt: nicht immer ist, was scharf angeleuchtet ist, das Wesentliche. Das Auge bemüht sich das Schemenhafte mit ins Gesamtbild zu bringen und nichts zu versäumen, was vom Dunkel ganz schnell wieder verschluckt werden kann oder könnte.

So wird auch der Faktor „Zeit“ sichtbar und der Betrachter sensibilisiert.
Tanz und Choreografie ist in der Entstehung und Rezeption auch Kopfarbeit!
Nicht Imagination sonder Konzentration und Erkennen wird wichtig!
Ein wichtiger Abend für das Publikum und die William Forsythe Tradition.

@ Festspielhaus St. Pölten
Programm Festspielhaus St. Pölten

LitGes, im Oktober 2014

 

Landestheater NÖ, Radetzkymarsch und Die Rebellion, Joseph Roth; Rez.: Johannes Schmid

Johannes Schmid
„Radetzkymarsch“ und „Die Rebellion“
von Joseph Roth

Landestheater Niederösterreich
Großes Haus
Premiere am 3. 10. 2014

Dauer: 2 Stunden 45 Minuten
Regie: Philipp Hauß
Mit Michael Scherff, Wojo van Brouwer, Myriam Schröder, Helmut Wiesinger u. a.

Die kunstvolle Verfugung beider Romane Roths ineinander und die sich daraus ergebende Abfolge von Szenen voller Tragik und Abgründigkeit vermitteln dem Publikum einen lebhaften Eindruck vom Niedergang Österreich-Ungarns. Zeigt uns der „Radetzkymarsch“ den Verfall der Familie Trotta, die mit ihrem letzten Repräsentanten Carl Joseph, dem verunsicherten Sucher nach der eigenen Identität, ein eindrückliches Sinnbild des unaufhaltsamen Wandels und des Verlustes für beständig gehaltener Wertbegriffe darstellt, so konfrontiert uns „Die Rebellion“ mit dem Schicksal des Kriegsinvaliden Andreas Pum, der letztlich irrewird an der vermeintlichen gerechten Ordnung, die seiner Ansicht nach der Staat zu gewährleisten hat, und in Verbitterung einen einsamen Tod stirbt. Die Regie hat bewusst auf Übertreibungen und anklägerische Worte verzichtet. Der schlichte Ton der Dialoge, die unkommentierte Darstellung des Leides und des Grauenhaften verfehlen ihre Wirkung auf den Zuschauer nicht, der zum Schluss mit der Frage nach Sinn und Ziel irdischen Jammers angesichts eines allmächtigen geglaubten Gottes dazu aufgefordert wird, Geschichte, politische wie die einzelner Menschen, auch metaphysisch zu deuten.

Drei Schauspieler sind es vor allem, die dieser dramatisierten Fassung der Romane Roths durch ihr vollendetes Spiel Leben und überzeugende Kraft verleihen: Michael Scherff als Baron Franz von Trotta und Andreas Pum, Wojo van Brouwer als Carl Joseph von Trotta und Helmut Wiesinger als Oberst Kovacs und Arzt. 

Dieser Theaterabend entlässt den Zuseher nachdenklich und zugleich reich an Einsichten in die Tragik der menschlichen Existenz.

Landestheater Niederösterreich

LitGes, im Oktober 2014