Stein / Etcetera 89 / Lyrik / Maria Seisenbacher: Steine schinden
I
Stein wie Tropfen
: fluid geblätterte Narben
ich sog aus meiner
ersten Schicht den Kiesel
aus der zweiten scharf
gezackten Stein der
überging
sich löste
Hauch gelegte Fäden
einer Pflicht
wie tief sie ging
von mir wie tief
entwellte
Falten selbst
ein Selbst gefaltet
wieder
Widerschein in Haut
durchlebt
II
Bewegung
: Tiefe der Steine
Festschrift
für einen Weg im
Unerwarten
kippen
brechen
schultern das Gestein
Insekten strecken Glieder
Stacheln, Läufer
erhitzte Stellen
das Tief der Steine
Sein ein
Herzgestein gezogner
Narben
III
Steinflut neben Herzflut
III:
Vermählung gegen die Zeit
bei Neuland
wird es nicht vordergründig
uns
verblassen, abblättern
schenken den Hautmantel
für unsere Wässer
die dunsten im Vorhof
deiner Stimme
IV
Bettkante
: Klippe zur Welt
diese fremde Gestalt
im betagten Wundschluss
weckt mich
hingestreckt am Rücken
folge ich
V
Hautstränge
: verständig Tiefes
tiergestaltige Veränderung
von Haut
vollständiger Wunden
vermengt mit Vogelblut
macht es fliegen
die Kleider
in Streifen gelegte Grenzschicht
Maria Seisenbacher
Lyrikerin und Übersetzerin in Leichte Sprache. Zahlreiche Stipendien (zuletzt: Projektstipendium bmukk, 2021/22), Auszeichnungen und Teilnahme an internationalen Lyrikfestivals (zuletzt: Littfest Umea, Schweden 2019). Publikationen, zuletzt: Hecken sitzen, Limbus Verlag 2021.
www.mariaseisenbacher.com
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