Buch

Elisabeth Martschini: Glücksfälle. Rez.: Eva Riebler-Übleis

Eva Riebler-Übleis
Eigeniniative

 

 
 

Elisabeth Martschini:

Glücksfälle

STP.: Literaturedition NÖ

2015. 142 S.

ISBN 978-3-902717-30-6

Muss ein Musiklehrer, der Glück heißt, auch für Glück sorgen? Martschini lässt ihren Protagonisten drastisch nachhelfen, wenn es darum geht für andere, z.B. seine Lieblingsschülerin für eine ausgleichende Gerechtigkeit zu sorgen. In lakonischer Art und Weise schildert die Autorin von scheinbar zufällig zu Tode-Gekommenen aus der kleinen Ortschaft Au. Die örtliche Klammer des Romanes bildet in diesem kleinen Nest immer wieder das Café Sisi. Herr Glück verkehrt hier und alle und auch der Oberinspektor, der die Ermordeten als normal zu Tode-Gekommene in seine Berichte aufnimmt. Da aber die Atmosphäre zuhause und in diesem Café eine ruhige sein soll, so Herr Glück, muss auch ein zu laut sprechender Gast oder eine zu heftig rasselnde Klimaanlage beseitigt werden. So keimen immer mehr wüste Ideen im Kopf des Haupthelden, der jedoch selbst im Laufe des Romans nicht wirklich glücklich wird. Der Inhalt des Romans wäre somit ein Kriminalfall. Jedoch wird die Spannung nicht durch Mord oder Aufklärung herbeigeführt, sondern sie entsteht durch die lakonisch, immer wieder vor- und zurückweisende und -weichende Sprache, die sich in den rationalen Beobachtungen des Alltagsgeschehens samt seinen Auslegungen von kleinen Satzinhalten verwickelt, um nicht zu sagen aufhängt. Semantisches wird stets beachtet und nichts unreflektiert einfach so – kurz und bündig - hingeschrieben.

Der Autorin geht es um Sprachbetrachtung, um Beobachtung und Reflexion. Dadurch büßt das Werk seine Flüssigkeit ein, aber beinhaltet viel mehr als Mord. Gerade aus diesem Gegensatz: Mord bzw. dramatischer Tod – und dessen Verharmlosung durch viel Räsonieren des Erzählers, das in Endlosschleifen daherkommt, lebt dieses Buch.

Fazit: Ein Mord oder viele, die gar keine sein sollen und ein Krimi, der gar keiner ist! Und das alles in bekannter hervorragender Aufmachung der Edition und sprachlich mehr un- als außergewöhnlich!

Elisabeth Martschini: Glücksfälle. Rez.: Eva Riebler-Übleis

Gerald Eschenauer: Miefke Saga III. Rez.: Daniel Ableev

Daniel Ableev
De Nullitate

 
 

Gerald Eschenauer:
Miefke Saga III
Auch für Allergiker …
Wien: Mitgift Verlag,
2015, 90 S.
ISBN 978-3903095007

Von der Nullischkeit stümperhafter Möchtergernessayistik. Auf dem halbwegs geschmackvollen/-losen Cover von Eschenauers zweiter Fortsetzung bzw. „logische[r] Konsequenz“ seiner Miefke-Reihe ist neben Honig, der köstlich-klebrig von einem dieser speziell berillten Honigholznehmer herabschmiert, auch eine propere Portion Schiete abgebildet. In seinen satirischen Betrachtungen demonstriert der Autor zahlreiche Missstände, wobei er mal mehr, meist weniger geistreich vorgeht. Die „Kärnten ist überall“- Prämisse aus dem Vorwort hätte prinzipiell das Zeug zu Weltliteratur, tatsächlich aber handelt es sich hier doch eher um provinzielle Schreibe. Kulturpessimismus wird (wohl-)feilgeboten, soziale Ungerechtigkeit angeprangert – an sich ja richtig und wichtig, nur: Was ist zum Beispiel von Herbert, dem Protagonisten von „Auf dem Weg“, zu halten, der beschließt, in seinem Leben aufzuräumen und sich auf die wichtigen Dinge zu besinnen, daher „blieb der Fernseher ausgeschaltet. […] Er schaltete [auch] nicht mehr den Computer ein, wie er es sonst immer tat.“? Ist das nicht etwas schlicht-unbissig? Und die immer wieder prätentiösen, zuweilen mit „Von/m“ beginnenden Texttitel? Wie scharfzüngiger Sprachwitz, gerne auch derberer Gangart, geht, bekommt man hier nicht mit, da wende man sich lieber an einen Kalkofe oder Wischmeyer. Stattdessen schreit fast jede Zeile „Achtung: Tiefgang!“ und resultiert knallhart in oberflächelnder Langweile. Von geradezu bemerkenswerter Schlechtigkeit ist zudem die deplatziert wirkende Lyrik am Ende des Bandes, worin es um Spiele mit Worten, Geschlechterrollen früher vs. heute sowie undurchschaubare Allergie-Metaphorik geht. Fazit: Vieles spricht leider dafür, dieses erschreckend unkreative Poetry-Slamassel von einem Büchlein zu verreißen, auch wenn ein Text wie „Tempo raus“ durchaus mit lakonischem Charme punktet.

Gerald Eschenauer: Miefke Saga III. Rez.: Daniel Ableev

Egyd Gstättner: Das Freudenhaus. Rez.: Eva Riebler-Übleis

Eva Riebler-Übleis
Alles Theater

 
 

Egyd Gstättner:
Das Freudenhaus.
Roman über das absurde
Theater.
Wien, Picus: 2015, 260 S.
ISBN 978-3-7117-2026-9

So wie unser Hefttitel könnte die Überschrift für Egyd Gstättners neuesten Roman sein. Natürlich kann man nicht sicher sein, ob nicht inzwischen bereits wieder ein Roman erschienen ist. Jedenfalls will uns der Autor alle Jahre ins Gewissen reden, ob der Titel nun „der Mensch kann nicht fliegen“, „Untergang des Morgenlandes“, „Absturz aus dem Himmel“, “Ein Endsommernachtsalbtraum“ oder „Das Geisterschiff“ und 2014 „Am Fuß des Wörthersees“ (alle bei Picus) heißt. Kritik und Untergang ist Titel und Programm! Zynismus gegenüber den und Entblättern der grotesk handelnden Personen aus dem österreichischen Leben bzw. der Erzählebene der Romane ist der Treibstoff, der Gstättner weiter treibt. In diesem Fall ist es ein überdimensioniertes neues Stadion, das aus dem Weltraum wie eine Silberschüssel blinkt und 32.000 leere Sitze aufweist. Die Sitzplätze ergeben die Assoziation zu Eugène Ionescos Werk „Die Stühle“ und dieser Autor des Absurden Theaters begleitet nun den Alter Ego, genannt Frauendorfer durch die leeren Sitzreihen und durch den Roman. Somit gibt es keine Leerstellen mehr! Die Philosophie des Daseins, die Selbstreflexion (in meiner Gymnasialzeit bin ich verstümmelt worden, die Welt erschien mir wie im Vorwort Ionescos steht: „ ... Wesen, die in ein Etwas hinausgestoßen sind, dem jeglicher Sinn fehlt, können nur grotesk erscheinen, und ihr Leiden ist nichts als tragischer Spott.“ Zitat S. 14. Ja, so ist – oder ganz anders! Das Leid Gstättners an der Welt ist nicht grotesk oder tragischer Spott, sondern er spottet über das Groteske unserer Welt! Wie immer legt er mit lakonisch durchsichtigem Spott in unprätentiöse Weise den Finger auf die absolut wunde Stelle! Es gilt allerdings: Sind die Kirchen oder Kabaretts voll, ist eine schlechte Zeit. Leere Kathedralen bedeuten gute Zeiten, allerdings sind dann die Menschen satt, dumm, gierig usw. Wie Sie sehen ein amüsant trauriges Werk, das für alle Reflektierenden die großartigste Unterhaltung darstellt! Die Menschheitstragödie ist schließlich immer eine Komödie – vielleicht auch umgekehrt!

Egyd Gstättner: Das Freudenhaus. Rez.: Eva Riebler-Übleis

Cornelia Travnicek: junge hunde. Rez.: Eva Riebler-Übleis

Eva Riebler-Übleis
Kein Theater!

 
 

Cornelia Travnicek:
junge hunde
Mü: Dt. Verlagsanstalt,
2015. 238 S.
ISBN 978-3-421-04628-4

Das Leben ist zwar eines, aber so wie Cornelia Travnicek die Protagonisten ihres zweiten Romans ins Erwachsenenalter führt, ist alles echt zu nehmen, mag es auch bühnenreif sein. Dass der so gefürchtete zweite Roman ja gar keine Zweifel an seinem Erfolg vorweg lässt, ist klar; schreibt doch Travnicek stets weiter, nebeneinander und nebenher, so wie sie auch zwei absolut verschiedene Fächer (Sinologie/ Informatik) auf der Uni Wien belegt hat und vollendet. Bereits vor der Matura in der HTL STP, vor 20 Jahren, präsentierte sie von der Bühne bei HAK-ART (Kulturevent der HAK STP) ihre Texte und gewann den LitGes Poetry- Slam … und …und … nun bekam sie 2012 für einen Auszug aus diesem Werk den Publikumspreis bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt. Travnicek erzählt Schritt für Schritt die Schicksale zweier Jugendlichen, die mit einem neuen Lebensabschnitt beginnen. Nun spricht sie indirekt über das Entpuppen und Verlassen des Nestes ihrer Protagonisten Johanna und Ernst. Ernst bewegt sich im Flugzeug Richtung China und reist zurück in seine Heimat auf der Suche nach seiner leiblichen Mutter und meint … wie gerne würde ich den Flug als Larve im Kokon verbringen, um entpuppt am Ziel aus dem Flugzeug zu steigen.“ Bei Johanna, der zuhause Gebliebenen klingt es ähnlich, wenn in einem Traum Arbeiter alle Schwalbennester einsammeln und die Schwalben, die kein Heim mehr vorfinden, klagen, bis die Müdigkeit sie überkommt und sie einander Trost spenden durch Nähe. Träume sollen die Wirklichkeit erklären. Darum geht es inhaltlich wohl in diesem Roman: um Zusammenbruch der Familie (Johanna muss den elterlichen Haushalt auflösen, da die stets eifrige Mutter nach Peru ging, um ein soziales Projekt für Kinder zu verwirklichen und der Vater, der nicht der echte ist, in Demenz versinkt) Entfernung (ihr Schulfreund Ernst – der Icherzähler) Sehnsucht und als Happy End: Trost durch Nähe.

Cornelia Travnicek: junge hunde. Rez.: Eva Riebler-Übleis
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