Bühne

Die Liebenden in der Untergrundbahn: Jean Tardieu. Rez.: Eva Riebler

Eva Riebler
Sieg der Liebe

 

Die Liebenden in der Untergrundbahn
Jean Tardieu

Originaltitel: Les amants du métro
Landestheater NÖ, Theaterwerkstatt
19.01.2013, 19.30 Uhr
Premiere
Regie: Babett Arens
Dramaturgie: Matthias Asboth/ Rupert Klima
Schauspiel Werkstattensemble:
Othmar Schratt, Lisa Weidenmüller, Helmut Wiesinger,
Christine Jirku, Jan Walter, Kristina von Harsdorf
Bühne: Kostüme: Eva Gumpendberger
Musik: Matthias Schwetz

 

Vier kurze Einakter – Eine Stimme ohne Gesicht; Wer ist da?; Ein Wort für das andere; Der Schalter - waren dem titelgebenden Hauptwerk – Die Liebenden in der Untergrundbahn – vorgeschaltet. Die Thematik war vielschichtig und doch immer mit der menschlichen Befindlichkeit, Verwirrung oder der Existenzangst verbunden. Auch wenn in Ein Wort für das andere die Verständlichkeit der Sprache verbindend oder trennend gezeigt wirkt, so bleibt doch die Tatsache bestehen, dass ein Minimum an Übereinkunft über den sprachlichen Code genügt, um dem Publikum den Inhalt der Handlung zu verdeutlichen. Ja, mehr noch, mit der rudimentären, assoziativen Sprache, die Tardieu hier ansetzt, wird Vielschichtigkeit gebracht und Assoziationsketten in Gang gesetzt. Das Publikum soll schließlich gefordert werden.

Besonders im Stück Der Schalter wie auch im Hauptwerk müssen die hervorragenden und höchst sinnigen Kostüme Eva Gumpenbergers erwähnt werden. Die Doppelkostümierung des kafkaesken Schalterbeamten Helmut Wiesingers, - der am Oberkörper Beamtenkleidung und unter der Schranke, die nicht nur die Körpermitte sondern auch das Ende der Weisheit wie der monotonen Kälte des Nur-Beamten verdeutlichte, als schlampiger Privatmann angezogen war, - war genial.

Das Publikum bekam viel Denkstoff über Fragen zum metaphysischen Menschen, ob oder wie z.B. die Gleichung Alle = 1+1 zu verstehen sei oder ob das Eis stirbt, wenn es schmilzt -

oder ob Worte Sachen seien. Feststeht, dass Worte dazwischen treten können und die Liebe zweier Menschen stark beanspruchen; gezeigt wurde auch, dass nur die Herzenswärme und Nachgiebigkeit fremder Personen die Verwirklichung des Zueinanderkommens zweier Liebender ermöglichen.

Fazit: Ein tolles Werk, das mit Herz, Können und unter hervorragender Regie und schauspielerischer Leistung auf die Werkstattbühne gebracht wurde!

Die Liebenden in der Untergrundbahn: Jean Tardieu. Rez.: Eva Riebler

Faust 1-3 / FaustIn and out: Johann Wolfgang von Goethe / Elfriede Jelinek. Rez.: Ingrid Reichel

Ingrid Reichel
Ab in den Keller!

 

Faust 1-3 / FaustIn and out
Johann Wolfgang von Goethe / Elfriede Jelinek
Landestheater NÖ, Großes Haus und Theaterwerkstätte
14.12.12, 19.30 Uhr
Gastspiel: Schauspielhaus Zürich
Österreich-Premiere
Regie & Bühne: Dušan David Parízek
Mit Sarah Hostettler, Miriam Maertens,
Edgar Selge, Frank Seppeler, Franziska Walser:
Kostüme: Kamila Polívková
Musik: Roman Zach
Dauer: 2 Std. 15 Min., keine Pause

Unter einem Sekundärdrama versteht die 1946 in Mürzzuschlag geborene österreichische Schriftstellerin und Literaturnobelpreisträgerin (2004) Elfriede Jelinek ein Begleitstück, das nicht ohne das Original gezeigt werden dürfe, steht im Programmheft des Schauspielhauses Zürich, das das 2011 geschriebene Sekundärdrama "FaustIn and out" im März 2012 unter der Regie von Dušan David Parízek uraufgeführt hatte. Seither wurde es auch in deutschen Häusern mehrfach inszeniert und aufgeführt. Jelinek sieht das Sekundärstück als kläffenden Hund der neben dem Klassiker herlaufen soll*, möglicherweise sieht sie sich selbst als den in Goethes Waden beißenden Pudel.

Wie wir wissen: Faust hat genug vom Leben, der gebildete Mann ist des Lebens überdrüssig. Wissenschaft und Religion stehen im Widerspruch. Als Mephistopheles ihm in Form eines Pudels erscheint, schließt er einen Packt mit ihm und verkauft ihm dafür seine Seele. In Gretchen sieht er die Vollkommenheit der Frau erfüllt, sie ist jung, hübsch und unschuldig. Das Begehren wächst und der Teufel macht sich laut Vertrag dienstbar, doch muss er zuerst Gretchen zu Fall bringen, denn einem unschuldigen Wesen kann nicht einmal der Teufel und auch nicht Faust an.

Der Mann (Faust) ist Repräsentant des Menschen, der Menschheit schlichtweg. Da Gretchen im "Urfaust" erst spät in Erscheinung tritt, sondern zunächst nur Objekt der männlichen Begierde ist, scheint sie nicht Teil dieser Menschheit zu sein, vielmehr erscheint sie als Mittel zum Zweck. An diesem Punkt arbeitete sich Jelinek regelrecht an Faust ab. Jelinek transponiert den Klassiker in die Gegenwart, wie es sonst noch kein/e AutorIn gewagt hatte. So gibt es in Jelineks Stück drei Rollen: eine Faustin, GeistIn und eine GretIn. Die Rollen werden untereinander getauscht. Diese Figuren nehmen eine ebenbürtige Rolle zum Mann ein. Sie spielen den Mann, der sich selbst und den die Frauen über Gott stellen. Der Begriff der Dreifaltigkeit drängt sich auf: der Mann, der Vater, Gott. Sie tritt in Form einer Gestalt auf, nämlich als Täter. Dass Jelinek es nicht dabei belässt, zeigt sie anhand der drei Frauenrollen, die eigentlich nur eine Frau darstellen, nämlich das Opfer, das mithelfen muss, sich ihr eigenes Grab zu schaufeln, bzw. sich dem männlichen Spiel der Untat nicht entreißen kann und somit für ihren Niedergang selbst verantwortlich ist.
Subtil reizt Jelinek das Spiel der austauschbaren Täter- und Opferrollen aus. Am Beispiel des menschlichen Dramas von Amstetten, des Falles Fritzl samt seinem 2008 befreiten Kellervölkchens** und des Falles Natascha Kampusch bringt Jelinek das wechselseitige monströse Spiel klar zur Sprache.

Für diese Aufführung wurde das ganze Theater vom Großen Haus bis zur Theaterwerkstatt benötigt. Auf beiden Bühnen wurde synchron gespielt. Im Großen Haus zeigte man Faust I-II von Goethe, in der kleinen Theaterwerkstatt Jelineks FaustIn and out. Zusammen ergibt es Faust I-III. Für FaustIn and out wurde die Theaterwerkstatt als Keller adaptiert. Über zwei Monitore, die tonlos gehalten wurden, konnten die Zuschauer sehen, was sich währenddessen im Großen Haus abspielte. Die Besucher im Großen Haus konnten durch drei Videoübertragungen sehen, was sich partiell im "Keller" abspielt. Durch diesen grandiosen Inszenierungsgriff wurden die Theaterbesucher das Gefühl nicht los, etwas verpasst zu haben. Die im Keller hätten gerne gewusst, wie man mit zwei Männern einen so komplexen Faust spielen kann, die im Großen Haus wissen nicht genau, was sich da im Keller abgespielt hatte. Auch wenn man Faust kennt - und dies ist Grundvoraussetzung, um dieses Stück zu verstehen - bekommt man den Eindruck nur halb informiert zu werden, quasi einer bewussten Wissensunterschlagung zum Opfer gefallen zu sein. Dadurch werden die Zuschauer unmittelbar zu Mittätern und -opfern der Handlung, regelrecht werden sie Teil des Stückes, bekommen die Rolle des stummen Chors zugewiesen. Und so spielt jeder einzeln für sich die Rolle seines Lebens: den peinlich Berührten, den Betroffenen, den Geschockten, den Ängstlichen, den Nicht-Wahr-Haben-Wollenden, den Nicht-Involvierten …
Manch einer musste sich vielleicht ermahnen, dass er in diesem Stück nur stummer Statist ist, dass er nicht mitreden darf, sich an den Wortkaskaden der Jelinek beteiligt, aufsteht und in den in der Mitte des (als schalldicht gezeigten) schwarzen Kellerraums stehenden Metallkübels (-eimers) hineinkotzt.

Während oben also Faust nach seinem berühmten Osterspaziergang mit seinem Famulus Wagner, mit dem Teufel in Verhandlungen steht, zeigt Jelinek wie GretIn (Gretchen) sich selbst ihren Keller baut. Rollend spielen Franziska Walser, Miriam Maertens, Sarah Hostettler die Rolle der FaustIn, GeistIn und Gretin. Doch eigentlich ist es eine Beleidigung, denn man hatte nicht den Eindruck, dass diese drei hochkarätigen Schauspielerinnen gespielt hätten. Sie haben es gelebt, das Publikum war mittendrinnen, es wurde Zeuge eines Verbrechens, einer Gefangenschaft eines sündenlosen Mädchens. Schließlich fühlt man sich verantwortlich, als Teil des Publikums, wie man auch als Teil der Gesellschaft schuldig ist, nicht zu handeln, nicht einzugreifen, nicht die Stimme zu erheben, seine bürgerlichen Pflichten wahrzunehmen, seiner menschlichen Intuition zu folgen und dem ganzen Drama ein Ende zu bereiten. Wir wollen uns doch nicht einmischen, das geht uns doch nichts an. Hier in Österreich haben wir eine ganz besondere Art, etwas unter den Teppich zu kehren, uns die Welt schönzufärben.

Diese Inszenierung hat, möchte ich meinen, jede einzelne Absicht der Autorin minutiös ganz in ihrem Sinne ausgearbeitet. Das Publikum im Keller wurde mit Klaustrophobie konfrontiert, mit Demütigung und Demutshaltung, mit Hass und Liebe, mit der Unterdrückungsgewalt und dem Überlebenswillen, mit der Schande und der menschlichen Würde, schlichtweg mit dem schizophrenen Wahnsinn, der in uns Menschen inne wohnt. Für die Länge dieses Stückes konnte das Publikum all diese Empfindungen und auch die Schuld in sich spüren. Doch am Ende des "Faustin and out" wurde das Kellervölkchen befreit und nach oben auf die Bühne des Großen Hauses des Landestheaters geführt. Durch einen engen Gang hinter den Theaterkulissen wurde das kleine Kellerpublikum (max. 50 Personen) über eine niedrig gehaltene Treppe ins "Freie" auf die Hauptbühne geführt. Dort stand es dann regungslos, aneinandergereiht, die Schauspieler unter ihnen wie ein Gefangenen-Chor eine Schweigeminute abhaltend bis es sich auf seinen reservierten Plätzen im Saal setzen durfte.

Die Befreiungsaktion ist justament für jenen Zeitpunkt geplant, als Gretchen Faust erscheint. Mit den hervorragenden Schauspielern Edgar Selge und Frank Seppeler, die alle Rollen in "Faust I", vor allem Faust und Mephistopheles (!) wechselseitig verkörpern, konnte der 1971 in Brünn geborene Regisseur Dušan David Parízek erfolgreich Jelineks "Faustin and out" und Goethes "Faust" zusammenführen.

Jelinek, die gegen Missstände im öffentlichen, politischen, aber auch im privaten Leben der österreichischen Gesellschaft schreibt, ist in ihrem gewohnt sarkastischen und provokanten Stil wieder einmal ein hervorragendes Stück gelungen. Die neue Intendantin des Landestheaters NÖ Bettina Hering ermöglichte dem St. Pöltner Publikum, die Uraufführung dieser meisterhaften Inszenierung mit diesen brillanten wie eindrucksvollen SchauspielerInnen als Gastspiel am 14. und 15. Dezember 2012 zu erleben. Ein Stück mit zweieinhalb Stunden Spielzeit ohne Pause, welches nicht kurzweiliger sein kann. Großartig! BRAVO!

Info: Das vollständige Stück kann man auf www.elfriedejelinek.com nachlesen, das Recht der deutschsprachigen Aufführung liegt beim Rowohlt Theater Verlag.

* E-Mailaustausch zwischen dem Dramaturgen Roland Koberg und Elfriede Jelinek (aus dem Programm des Schauspielhaus Zürich, Datum des E-Mailaustauschs ist nicht angeführt)
** Ausdruck aus dem Roman "Claustria" von Régis Jauffret (Salzburg: Verlag Lessingstraße 6, 2012)

Faust 1-3 / FaustIn and out: Johann Wolfgang von Goethe / Elfriede Jelinek. Rez.: Ingrid Reichel

Acht Frauen: Robert Thomas. Rez.: Ingrid Reichel

Ingrid Reichel
Lei lei und Prosit Neujahr!

 

Acht Frauen
Robert Thomas

Deutsch von Franz Martin
Landestheater NÖ, Großes Haus
07.12.12, 19.30 Uhr
Premiere
Regie: Maria Happel
Mit vom Ensemble: Babett Arens, Swintha Gersthofer, Christine Jirku, Lisa Weidenmüller
Gastrollen: Birgit Doll, Ulrike Folkerts, Cornelia Köndgen, Jessica Schwarz
Bühne: Thomas Lorenz-Herting
Kostüme: Dagmar Bald
Musik: Bernhard Moshammer
Dauer: 2 Std. 15 Min (inkl. Pause)

Bereits 1958/59 schrieb der bekannte französische Autor Robert Thomas (1927-1989) den Dreiakter "Acht Frauen" (Huit femmes), erzielte damit jedoch keine Beachtung. Erst 1960 gelang ihm mit seinem Kriminalstück "Die Falle" (Piège pour un homme seul), das 1961 zum meistgespielten Theaterstück im deutschen Raum wurde, der ersehnte Durchbruch. Thomas machte sich mit seinen Krimi-Boulevards regelrecht einen Namen, sogar Alfred Hitchcock, der Doyen des Suspense, sicherte sich die Filmrechte für "Die Falle".

Zum Inhalt des Stücks "Acht Frauen":
Es ist Weihnachten und die in England studierende Tochter des Hauses, liebevoll Suzon genannt, kehrt zum großen friedlichen Familienfest nach Frankreich nachhause. Es schneit, es ist kalt, aber es erwartet sie ein warmes Heim mit Vater Marcel, Mutter Gaby, der noch pubertierenden jüngeren Schwester Catherine, Mamy - der gehschwachen Omi, der überdrehten altjungfernen Tante Augustine und der geliebten Nanny und Köchin Madame Chanel. Doch der Hausherr hatte eine lange Nacht und als das neue, gutaussehende, junge Zimmermädchen Louise den Hausherrn gegen Mittag wecken will, findet sie ihn mit einem Messer im Rücken tot im Bett. Und dann erscheint die achte Frau, Pierrette, die unwillkommene Schwester des offensichtlich ermordeten Hausherrn. Wie in Agatha Christies vielgelesenem und mehrfach verfilmten 26. Kriminalroman "Und dann gab's keines mehr" (And then there were none)*, befindet sich die Familie plötzlich von der Öffentlichkeit abgeschieden: Die Telefonleitung wurde gekappt, das Auto startunfähig gemacht, das Tor verschlossen. Auch die Hunde, die für Sicherheit geachtet haben, geben im Garten keinen Laut von sich, sie scheinen vergiftet worden zu sein. Die winterliche Witterung sorgt für den Rest. Das traute Heim bricht wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Die acht Frauen beginnen sich gegenseitig zu verdächtigen und gegeneinander auszuspielen. Die Masken fallen, Geheimnisse werden gelüftet: Betrug und Bankrott, nie erwähnte Gefühle, erwiderte wie auch unerwiderte Liebe, sexuelle Neigungen, Neid und Habgier kommen an die Oberfläche und ergeben immer wieder neue Beziehungskonstellationen, bis es schließlich zu einem großen Showdown kommt.

Zur Inszenierung:
Mit diesem Stück gelang Thomas eine wahrlich bitterböse Satire über die Dekadenz und Verklemmtheit der Bourgeoisie. Für den Boulevard war er mit diesem Stück seiner Zeit weit voraus, bedenkt man, dass die 68er noch eine Dekade entfernt lagen. Dementsprechend setzte sich das Stück erst 1970 mit dem verdienten Erfolg in der Theaterwelt durch. 2002 erzielte der französische Filmregisseur François Ozon mit seiner Verfilmung im Stil eines musikalischen Krimi-Kammerstücks einen internationalen Kassenschlager. Film und alle acht Hauptdarstellerinnen wurden vielfach für den César nominiert und mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet.

Nach Ozons grandioser Interpretation sind die Erwartungen des Publikums hoch. Kein leichter Stand für die renommierte Burgschauspielerin Maria Happel, die zwar bereits einige Inszenierungen erfolgreich bei den Festspielen Reichenau absolvierte, aber mit dieser ihr Regiedebut am Landestheater NÖ vollbrachte.

Maria Happel legte dieses Stück als Gesellschaftsspiel an. Thomas Lorenz-Herting gestaltete dementsprechend gekonnt karg das Bühnenbild. Am Boden ein dominierendes begehbares Brettspiel, welches an eine Mischung zwischen Mensch ärgere dich nicht! und Halma erinnert. Rundherum sind übermannsgroße Spielkarten, die drehbar sind und nach Bedarf sich als Weihnachtsbaum, Fenster oder Tür entpuppen. Übergroße Würfel und Spielfiguren dienen gegebenenfalls als Sitzfläche. All dies ergäbe im Grunde eine ideale groteske Inszenierungsidee, die den Kerninhalt des Stückes verstärken und sich geschickt vom vorherrschenden Erfolgsfilm distanzieren könnte.

Leider wurde die Strategie des Gesellschaftsspiels nicht konsequent durchgezogen. Die Regeln, die so ein Brettspiel mit sich bringt, fehlten völlig. Beziehungskonstellationen, ja ganze Handlungsfolgen werden unlogisch und sind - bei Unkenntnis des Inhalts seitens des Publikums - schlichtweg nicht nachvollziehbar. Einerseits, weil keine individuellen, charakterlichen Eigenschaften der einzelnen Figuren ausgearbeitet wurden und daher die verschiedenen emotionalen Beziehungen zu den diversen Figuren völlig fehlen, andererseits, weil sich unter den gegebenen Umständen die für einen Krimi unabdingliche Spannung nicht ergeben kann. Da helfen auch nicht die billigen Mittel von Rütteln an den Theatersaaltüren und dem Klirren des Saallüsters.

Vielmehr konzentriert man sich auf ein allgemein gehaltenes hysterisches, kreischendes, habgieriges, neidbehaftetes und verbittertes Frauenbild, das dem Mann an die Wäsche will. Primitivität statt Subtilität ist angesagt. Auf der Bühne herrschte stetes Chaos. Abwechselnd zur übertriebenen Gestik und lautem Gekreische, übertönte dann das Getrampel und Getrippel auf dem Spielbrett fallweise auch noch die Stimmen der Protagonistinnen.

Selbst die außerordentlich guten schauspielerischen Leistungen der acht Darstellerinnen des Ensembles des Landestheaters NÖ - Babett Arens als Tante Augustine, Swintha Gersthofer als Suzon, Christine Jirku als Schwiegermutter, Lisa Weidenmüller als Catherine - oder des Staraufgebots in den Gastrollen - Birgit Doll als Gaby, Ulrike Folkerts als Pierrette, Cornelia Köndgen als Chanel und Jessica Schwarz als Louise konnten samt ihrer von Bernhard Moshammer arrangierten musikalischen Live-Einlagen nicht verhindern, dass dieses Stück leider zu einer regelrechten Faschingssitzung ausartete. Dies führte zu ungeahnter Perplexität bei den Besuchern, die sich doch sicher im Landestheater NÖ in St. Pölten wähnten, nicht aber in der Reitschulgasse 9 der Villacher Faschingsgilde. Zugegeben das Stück wird als Silvesterprogramm angeboten und für eine feucht-fröhliche Nacht mag diese Inszenierung vielleicht seine Berechtigung haben. Jene, die sich - ganz im Sinne des Autors - auf einen besinnlich vorweihnachtlichen Gruselabend gefreut haben, werden eher enttäuscht nach Hause gehen.

*Ursprünglich erschien 1939 der Krimi unter dem Titel "Ten little Niggers", 1944 in Deutsch "Letztes Weekend". Seit 1982 wurde der aus dem Jahr 1868 stammende Zählreim "Zehn kleine Negerlein" auch als deutscher Titel verwendet. Auf Grund politischer Korrektheit wurde 1985 international der Titel auf "And then there were none" - in Deutsch erst 2003 auf "Und dann gab's keines mehr" - geändert.

Acht Frauen: Robert Thomas. Rez.: Ingrid Reichel

Wir sind noch einmal davongekommen: Thornton Wilder. Rez.: Ingrid Reichel

Ingrid Reichel
Kein Davonkommen...

1.
Saison-Eröffnungsfestrede: Martin Wuttke mit einem Text von René Pollesch

 

2.
Wir sind noch einmal davongekommen
Thornton Wilder

Original: The skin of our teeth (1941)
Uraufführung: Oktober 1942, Shubert Theatre, New Haven/ Connecticut
Deutsche Übersetzung: Hans Sahl
Landestheater NÖ, Großes Haus
Premiere: 06.10.12, 19.00 Uhr
Regie: Daniela Kranz
Dramaturgie: Bettina Hering
Darsteller: Ensemble des Landestheaters NÖ
In den Hauptrollen: Babett Arens, Franziska Hackl, Michael Scherff
Bühne und Kostüme: Bettina Kraus
1.55 Stunde, inkl. Pause

1. Zur Eröffnung der neuen Saison wurde das Theaterfoyer umgestaltet und der berühmte deutsche Mime Martin Wuttke eingeladen die Festrede zu halten, der Text stammte von dem genialen deutschen Dramatiker und Regisseur René Pollesch. Mit dem Satz "Die Beleuchtung hat gewechselt, wenn Sie verstehen, was ich meine […]" wurde hier sensibel und humorvoll auf den Wechsel der Intendanz hingewiesen. Nach dem siebenjährigen Erfolgskonzept der Intendantin Isabella Suppanz wechselte das Landestheater in die Hände der 1960 in Zürich geborenen Bettina Hering. Sie studierte Germanistik, Philosophie und anthropologische Psychologie.

Polleschs Texte sind schwierig, meist bietet er ineinander verkeilte philosophische Ansichten, die alles auf den Kopf stellen und immer die menschliche Zerrissenheit anvisieren. Den Schlag auf Schlag Abtausch, als ob der Redner ein Tennismatch gegen sich selbst spielte, meisterte Wuttke wieder einmal bravourös. Wuttke erzählt vom Glamour und von dem Genuss, den wir aus der Verachtung ziehen, von der Liebe und den Besitzansprüchen, vom Schein, der mehr als das Sein bedeutet: "Die große Geschichte darf hohl bleiben, für die Untenstehenden muss es aussehen als ob." und "Nichts muss mit Wahrheit bestückt sein, um wahr zu sein." Das Theater als Quelle des Genusses und des lustvoll Erhabenen bleibt also eine Frage des Lichts.

2. Bettina Hering hat ihre erste Saison im Landestheater NÖ unter die Parole "Mit subversivem Humor zur Gegenwartsbewältigung" gestellt. Wir leben in unsicheren Zeiten, die Welt steht politisch, klimatisch, ideologisch und ökonomisch in einem rasanten Wandel und Thornton Wilders Dreiakter "Wir sind noch einmal davon gekommen" wird dieser unsicheren Sachlage gerecht, meint Hering.

Der renommierte US-amerikanische Schriftsteller Thornton Wilder (1897-1975) erhielt für dieses Stück seinen dritten Pulitzer-Preis 1943. Die deutschsprachige Erstaufführung fand im März 1944 im Schauspielhaus Zürich statt. Mit diesem Stück durchfegt Wilder im rasanten Tempo die Geschichte der Menschheit, welche gebeutelt durch Chaos und Katastrophen sich immer wieder aufrichtet. So widerspiegelt sich das Schicksal der Menschheit, wie durch ein Stargate gesehen, als das ewig Gleiche nur mit austauschbaren Charakteren. Revolutionär für die damalige Theaterwelt war die Gleichzeitigkeit des Zeitablaufs von Historie und Gegenwart sowie die Austauschbarkeit der Rollen in einer Person auf der Bühne. Innovativ war auch das Involvieren des Publikums. So spielt sich der eigentliche Inhalt im Rahmen einer Theaterprobe ab, wo die Schauspieler sich fallweise sträuben, gewisse Szenen zu spielen, sich direkt mit persönlichen Belangen an das Publikum wenden und das Stück an sich in Frage stellen.

Im Mittelpunkt des Stücks steht das Ehepaar Antrobus und seine beiden Kinder Gladys und Henry. In Mr Antrobus, gespielt von Michael Scherff, sehen wir den Urmenschen verkörpert, in seiner biblischen Dimension, den ewigen Adam. Der Mann als Genius und Erfinder des Alphabets und des Rades ist als Ernährer und Beschützer der Familie dem patriarchalischen Muster erlegen. Die Frauenwelt erzittert um sein Wohlergehen, denn wenn er nicht mehr ist, was soll dann werden?
Seinen Gegenpart als Eva bzw. Ehefrau spielt Babette Arens. Sie ist Hüterin des Feuers, Kindererzieherin und immerhin Erfinderin der Schürze. Sie ist diejenige, die alles zusammenhält und den Haushalt führt.

Da Mr und Mrs Antrobus die essentiellen Katastrophen der Menschheit von Eiszeit (1. Akt), Sintflut (2. Akt) und Krieg (3. Akt) durchleben, ist auch die Frucht ihrer Lenden austauschbar. In Pascal Gross als Sohn Henry sehen wir Kain aufblitzen, der seinen Bruder Abel mit einem Stein erschlagen hatte. Mit seiner Narbe auf der Stirn ist er als Böser gezeichnet. Immer wieder ermahnt die Mutter den mit Steinschleuder und kurzer Hose herumlaufenden lästigen Buben, das Schandmal mit seiner Frisur zu verdecken. In der Rolle der pubertierenden Gladys sehen wir Marion Reiser. Überschminkt will sie einerseits den Vater betören und andererseits ihn mit ihrem Wissen beeindrucken. In der um väterliche Liebe und Anerkennung ringenden Göre stecken die dämonischen Figuren der Lilith.

In dieser familiären Konstellation existiert noch das Hausmädchen Sabina, gespielt von Franziska Hackl. Sie verkörpert in guten Zeiten das ewig lockende Weib, den Sündenfall der Menschheit, der die Familie zu zerbrechen droht. In schlechten Zeiten muss sie sich jedoch mit der Rolle der Dienstmagd begnügen, denn im Ernstfall kann sie weder das Feuer hüten, noch das Haus halten.

Wilder schrieb das Stück zehn Jahre nach der Weltwirtschaftskrise von 1928-1930 und als der in Europa stattfindende 2. Weltkrieg auch die USA erreichte (am 08.12.1941 erklärte die USA Japan, am 11.12.41 Hitler-Deutschland der USA den Krieg). Die Familie Antrobus verkörpert die brave Mittelschicht, die den amerikanischen Traum lebt: Sie übersteht die dem Untergang geweihten und als Haustiere gehaltene Dinosaurier, überwindet die Weltwirtschaftkrise, obwohl sie den Flüchtlingen aller Herren Länder ihr letztes Brot gibt und überlebt den Krieg als Befreier der Welt vor dem Bösen. Das Stück wurde seinerzeit als Drama mit einer Portion Selbstironie bewertet. Die Ambiguität von Gleichgültigkeit, Mahnung und Hoffnung steht im Vordergrund.

Insofern hat dieses Werk tatsächlich Gegenwartscharakter, obwohl sich die Menschheit seit den 40er Jahren verdreifacht und sich daher die Problematik von Welternährung, Klimaschutz und Ressourcenknappheit exponentiell verschärft hat. Mittlerweile hat sich die Rolle der Frau zumindest in der westlichen Sphäre zum Positiven entwickelt und Amerika hat als Befreier-Nation an Sympathie eingebüßt.

Der subversive Charakter des Werkes ist jedoch in den 40er Jahren steckengeblieben, wiewohl man dem Stück in seiner Inszenierung auch nicht in die Gegenwart und somit zur Modernität verhalf. Stattdessen übernahm man es mit Punkt und Komma und strich gerade jene Partie, die zu Klarstellung des kritischen Aspekts gedient hätte.

Auch wenn Wilder in der Menschheitsgeschichte ein immer wiederkehrendes Chaos sieht, so leugnete er nicht die Weiterentwicklung der Menschheit. Der Mensch, so auch Mr Antrobus erfindet das Rad schließlich nicht täglich aufs Neue, sondern baut auf seinem Wissen auf. In dieser Aufführung hat man jedoch den Eindruck die Menschheit komme nicht vom Fleck. Wilder rüttelt für seine Zeit massiv an der Rolle der Frau. Sie ist die Hüterin des Feuers, sie ist diejenige, die Kinder gebiert und diejenige, die das Haus hält. Das ist eine andere Aussage als der Mann ist und bleibt der Bunga-Bunga-Typ und das Frauchen auf seiner Seite das Dümmchen am Herd.

Am Ende des zweiten Akts, bevor die Sintflut über die Menschheit kommt und die Familie Antrobus sich in die Arche Noah rettet, wirft Mrs Antrobus für die Nachwelt eine Flasche mit einer Botschaft ins Meer: "[…] in diesem Brief steht alles, was man als Frau weiß. Man hat das noch keinem Mann gesagt, und man hat das noch keiner Frau gesagt, und wenn der Brief seinen Bestimmungsort erreicht, kommt eine neue Zeit."

Die dramatische Botschaft von Mrs. Antrobus geht jedoch leider durch die hysterische und hektische Darbietung unter und mündet stattdessen in einer klamaukigen Interpretierung, schlimmer noch, sie gibt sie der Lächerlichkeit preis. Die Originalversion lautet der Vollständigkeit halber so: "Wir sind nicht so, wie Bücher und Theaterstücke uns zeigen. Wir sind nicht so, wie die Werbung uns zeigt. Wir sind nicht so wie im Film, und wir sind nicht so wie im Radio. Wir sind nicht so, wie man es euch allen sagt und wie ihr euch das vorstellt: Wir sind wir selbst. Und wenn ein Mann eine von uns finden kann, dann begreift er, warum die ganze Welt sich dreht. Und wenn ein Mann einer von uns ein Leid antut, dann wäre seine Seele - die einzige Seele, die er besitzt - besser auf dem Grund dieses Ozeans, - nur so kann man das ausdrücken." (Mrs. Antrobus, zum Ende des 2. Akts).

Die von der Regie angeordnete konstant überzogene Darstellung der Geschlechter, erstickt die von Wilder aufkeimende Frauenemanzipation. Hier wurde tatsächlich kein Klischee ausgelassen, um auf plumpe Art den biblischen Unterschied zwischen Mann und Frau wiederzubeleben. Es war nicht gerade die humorvolle Gegenwartsbewältigung, die dem St. Pöltner Publikum zur Saisoneröffnung präsentiert wurde, sondern eine sehr kindlich naive Sicht der Dinge.

Das Stück beginnt übrigens mit der Suche nach der legitimen Besitzerin des im Theater gefundenen (Ehe)rings mit der Gravur "Für Eva von Adam. Genesis 2,18". Es ist gar zu verständlich, dass die Evas dieser Welt sich nach dem zweiten Akt in der Pause aus dem Staub gemacht haben, und den Ring im Theater gerne zurückließen, somit auf den dritten Akt verzichteten, um einfach von diesem theatralischen Elend davonzukommen, und um mit dem letzten Rest ihres übriggebliebenen Humors noch das anstehende Leben zu bewältigen: Denn wer von den Evas dieser Welt will trotz ewigen Lebenskreislaufs wieder im Jahre 1940 von vorne beginnen? Sogar Wilder hat die Zeit chronologisch weiterlaufen lassen … die Botschaft der Mrs Antrobus wurde gefunden, eine neue Zeit ist angebrochen.

Zur Erinnerung: Subversion bedeutet im Allgemeinen, bestehende soziale Ordnung wie Autoritäten, gesellschaftliche Zugehörigkeiten und Hierarchien, Ausbeutung von Gruppen, Machtkonzentrationen, usw. in Frage zu stellen bzw. verändern zu wollen. Doch genau das wurde dem Stück genommen.
Eine bedauerliche Inszenierung der 1968 in Bielefeld geborenen Regisseurin Daniela Kranz … schade.
Es bleibt abzuwarten, um Polleschs Bild seiner Festrede wiederaufzunehmen, mit welchem Licht man im Landestheater NÖ weiter operieren wird.

Wir sind noch einmal davongekommen: Thornton Wilder. Rez.: Ingrid Reichel

Ein Sportstück: Elfriede Jelinek. Rez.: Gisela Linschinger

Gisela Linschinger
Sports Play – „Ein Sportstück“ in Watte gepackt
Eine Theaterkritik, die ohne Schleef-Vergleich auskommen will. Und schon ist es passiert.

 
Delia Remy als Frau.
(
Foto: Ian Hughes)
 

Ein Sportstück
Elfriede Jelinek

LICA (Nuffield Theater) am Campus der University of Lancaster
11.07.2012
Regie: Vanda Butkovic

Buch:
Ein Sportstück: Elfriede Jelinek. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Verlag, 1998
Sports Play: Elfriede Jelinek. London: Oberon Books, 2012
Übersetzung: Penny Black mit einem Vorwort von Karen Jürs-Munby

Gisela Linschinger bereiste 2012 England und nahm als einzige Nicht-Vortragende an der Jelinek-Konferenz in Lancaster teil.

Diesen Sommer waren auffällig viele Läuferinnen und Läufer auf österreichischen Gehsteigen, Parkwegen, Forststraßen, Straßenrändern und Laufbändern unterwegs. Auffällig, auffällig. Da muss doch etwas vorgefallen sein. Solche Massenbewegungen treten sonst nur in Zusammenhang mit großen Sportveranstaltungen auf. Das ist verdächtig. Schauen wir uns doch einmal das Fernsehprogramm vom Juli an – tatsächlich! Olympische Spiele!

Seltsame Dinge passieren in so einem Jahr. Sogar das Österreichische Kulturforum in London hat begonnen, sich für Sport zu interessieren und „Ein Sportstück“ von Elfriede Jelinek ins Englische übersetzen lassen, damit es in Großbritannien auf Tournee gehen kann. Dabei bräuchten die Briten gar nicht über den Stolz auf ihre Sportler nachzudenken, denn der blieb ja unverletzt.

Trotzdem schickte man sie durch das Purgatorium „Sports Play“ in der Übersetzung von Penny Black, dessen Premiere am 11. Juli 2012 im LICA (Nuffield Theater) am Campus der University of Lancaster im Rahmen der Konferenz „Jelinek in the arena: sport, cultural understanding and translation to page and stage“ (11.-13. Juli 2012) gefeiert wurde. Obwohl man sagen muss, dass Dank der Übersetzungsherausforderungen der Text nicht-nacherzählbaren Inhalts vereinfacht wurde – ja, manche Stellen richtig ins Ohr gehen und als Slogan funktionieren: „Where you are not, that is where your happiness is“, heißt es bei Black, im Original „Dort wo du nicht bist, dort ist für dich das Glück.“

Jelineks 1998 in Reaktion auf den Kriegsausbruch in Ex-Jugoslawien erschienenes Stück, mit dem sie ihre Angst vor der emotionalen Aufladung sportlicher Massenveranstaltungen ausdrückte, Sport als eine Form von Krieg in Friedenszeiten interpretierte und den Fitnesswahn karikierte, wurde für diese Aufführung auf das Hauptthema Sport verkürzt, ohne die kompositionale Architektur zu zerstören, so Karen Jürs-Munby in ihrem Vorwort zur englischen Ausgabe, die bei Oberon Books erschienen ist. Und trotzdem sprach die englische Kritik von einer gewaltigen Anstrengung für Schauspieler – „A marathon effort lifted by humour“, Donald Hutera/The Timesund Zuschauer – „watching it is an endurance sport itself“, Elisabeth Mahoney/The Guardian. Etwa zwei Stunden lang kehrten sechs mit Besen bewaffnete Akteurinnen und Akteure 140 Kilo „Fluff“, jenes Material, mit dem man normalerweise Stofftiere und nicht sich selbst ausstopft, zu ihrem Bühnenbild hin und her und deklamierten die Monologe und Chöre aus „Ein Sportstück.“

Um sich vom Olympischen Komitee, das Alkoholwerbung während der Spiele untersagt hatte, intertextuell abzugrenzen, ließ Regisseurin Vanda Butkovic die Mimen ihrer Kompagnie „Just a must“ in von der Salzburger Brauerei Stiegl gesponsorten Sportleiberln auftreten. (Stiegl wurde auch an der Bar des LICA Theaters verkauft: „May I have a beer, please? “ - „Would you like a Staigl?“)

Die siebte Schauspielerin verkörperte Elfi Elektra mit original Jelinek-Tolle und verweilte in ihren Sprechpausen am Bühnenrand, während geturnt, gejoggt, gecatcht, gegolft, getaucht und geworkoutet wurde. Als sich das Ensemble nackt im kniehohen Watteberg zusammendrängte, kam sie hervor und begann ihren Schlussmonolog mit den Worten „Please let me finish what I have to say.“

Das Publikum in Lancaster würdigte die Performance mit tosendem Applaus und erfreute Peter Mikl vom Österreichischen Kulturforum, der Jelinek zu recht für eine in Großbritannien zu unrecht unbekannte österreichische Autorin hält: Tatsächlich glänzen Stücke dank ihres post-dramatischen Stils auf britischen Bühnen durch Abwesenheit. Einer jungen praktizierenden Katholikin war selbst ein Sportstück zu viel: „This play as a whole clashes with all my Christian values!“

Die Tournee endete am 4. August 2012 im Chelsea Theatre in London.

LitGes, Oktober 2012

Ein Sportstück: Elfriede Jelinek. Rez.: Gisela Linschinger