Personale: Eva Riebler. Rez.: Ingrid Reichel

Ingrid Reichel
Im Dialog

 

Personale: Eva Riebler
Galerie im Rathaus, St. Pölten
Vernissage: 16.10.2012, 18 Uhr
Ausstellungsdauer: 16.10.-13.11.2012

In dieser rundum gelungenen Schau in der Rathausgalerie St. Pölten sind bis 13. November 2012 über fünfzig Acrylwerke verschiedenen Formats, über zehn Kalteisenradierungen und vier Kleinplastiken zu sehen.
Eva Riebler hat sich seit Jahren dem Thema "Figur" gewidmet. Der Titel dieser Ausstellung "Figur fiktiv" ist somit eine Folge ihrer vergangenen Serien: "Figur abstrakt", "Figur in Rot" und "Figuren werfen".
Der Begriff "Figur" beinhaltet zum einen die physische Gestalt eines Menschen, zum anderen das Wesen eines Menschen. Eva Riebler benützt in ihrer Malerei genau diese zwei verschiedenen Aspekte. Man könnte dieses Thema auch als stetiges Spiel zwischen Differenzierung und Vereinigung beider Perspektiven betrachten.

Der Möglichkeit, dass die Abbildung der reinen Anatomie den menschlichen Körper zu einem Objekt reduziert, stellt Eva Riebler das Wesen als fiktionales Medium gegenüber. So lässt sie Körper ineinander gleiten, lässt sie durch farbliche Wiederholungen miteinander kommunizieren. Eva Riebler zeigt somit die gegenseitige Beeinflussung und Abhängigkeit in denen sich diese Figuren befinden. Damit entsteht spannungsreiche Fiktion, die Wünsche, Sehnsüchte, Träume, Ängste, Enttäuschungen aber auch Freude und Hoffnung widerspiegeln. Dabei sind Realismus und Details unerheblich. Vielmehr bildet die Abstraktion des Figurativem eine Symbiose mit den Abstrakta wie Gefühle und Regungen.

Interessant hierbei ist die Komposition ihrer Werke, die ein besonderes Augenmerk verdient. Bei genauerer Betrachtung wird die Fragilität ihres Aufbaus bewusst. Droht bei einem Bild, das Arrangement auf eine Seite zu kippen, naht ein anderes auseinanderzufallen. Doch keines der Befürchtungen ereignet sich. Stabil geben sie nur die Illusion wieder und versetzen den Betrachter in Alarmzustand, mahnen ihn zur Aufmerksamkeit. Hinzukommt, dass dieses Spiel der Balance einer permanenten Gratwanderung gleicht, die offensichtlich nicht bewusst geplant, sondern instinktiv erfolgt. Eva Riebler ist eine Künstlerin, die mit ihrer Malerei einer spontanen Aktion folgt, und die durch ihre tiefverwurzelte Intuition geleitet wird. Man könnte auch von höchst authentischer Malerei sprechen. Hier ist nichts minutiös vorbereitet, beschönigt oder gar konstruiert. Es ist das Werken im Affekt, das mit der eigenen Person hundert prozentig deckungsgleich ist. Mutig, ja nahezu brutal werden die Striche gesetzt und in Kombination mit den gewagten kräftigen Farbzusammenstellungen ergeben die Werke - jedes für sich - dennoch einen sanften Ruhepol.

Für Eva Riebler, die sich nebenbei mit skulpturalen Objekten und Stoffcollagen beschäftigt, bietet dies eine Quelle der unendlichen Inspiration. Der Körper als Gefäß oder Gebilde ist form- und modellierbar. Genussvolle, sinnliche Wahrnehmung spielen dabei eine genauso wesentliche Rolle wie das Erstellen der Werke an sich. Doch es liegt an Künstlern und Künstlerinnen wie Eva Riebler, dem Betrachter die Freiheit zu lassen, seine eigene Fiktion in das Bild zu transportieren. Somit entsteht eine persönliche Interdependenz, ein Geflecht also zwischen Betrachter und Werk.

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