Bruns, Glösel, Strobel: Am rechten Rand nichts von Poesie; Rez.: Roman Schweidlenka

Roman Schweidlenka

AM RECHTEN RAND NICHTS VON POESIE

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Die Identitären
Julian Bruns, Kathrin Glösel, Natascha Strobel:

Handbuch zur Jugendbewegung der Neuen Rechten in Europa,
Unrast Verlag, Münster 2014, 263 Seiten

Das erste Mal machten die Identitären anlässlich der Besetzung des Asylantenlagers in der Wiener Votivkirche auf sich aufmerksam. Sie wurden nicht sehr ernst genommen, Kritiker wiesen zwar auf ihren jugendgerechten Internetauftritt hin, als politische Aktionsgruppe der extremen Rechten wurden sie als absolute Minderheit gehandelt – bis es in Zusammenhang mit  einer Identitärendemo 2014 in Wien zu massiven Gewalttätigkeiten kam. Inzwischen mussten die verniedlichenden Urteile über die neurechte Jugendbewegung revidiert werden. Die Identitären haben es dank medial gekonnt plazierter Aktionen trotz geringem Mitgliederstand geschafft, zur gegenwärtig wichtigsten Jugendbewegung des rechten Rands zu avancieren.

 

Rechtzeit zu diesem zeitgeschichtlichen Trend erschien vorliegendes Buch, das umfassend über die neuen Strategien und modernisierte Erscheinungsformen der Neuen Rechten informiert. Wir begegnen einer von Frankreich ausgehenden europaweiten Bewegungen, die in fast allen Staaten Fuß fassen konnte und gerade wegen ihrer „Light“-Ideologie, die auf deftige Nazisprüche verzichtet, für Jugendliche attraktiv sein kann, vor allem wenn sie deren Lebensfrust und verlorenes Vertrauen in unser politischer System instrumentalisiert.

Das Werk lässt nichts aus: Nach einer Begriffsdiskussion wird über ideologische Vorläufer der Neuen Rechten berichtet, wobei vor allem die Konservative Revolution, letztlich Wegbereiter für faschistische Strömungen aller Art, analysiert wird. Dazu werden die Referenzfiguren erklärt, auf die sich Identitäre stets berufen. Geballte Information bieten die Berichte aus europäischen Ländern, die die weit vernetzte Verwurzelung der neuen rechten Jugendbewegung zeigen. In einem dritten Teil werden die Ideologien und Strategien der Identitären genau beleuchtet. Auf dürftigen sechs Seiten schließlich erläutern die Autoren Gegenstrategien, die im Wesentlichen wenig Neues bieten.

Ein Standardwerk für politisch Interessierte.