Jonathan Perry: bei einem Häufchen Laub

Eva Riebler

Jonathan Perry: bei einem Häufchen Laub

Prosaminiaturen. Sisyphus 2019,

ISBN 978-3-903125-45-2

 

Philosophische Lyrik der Einfachheit. Jonathan Perry, 1993 geboren, ist nicht nur Lyriker sondern Stadtbegleiter und Straßenmusikant. Und das alles in St. Pölten.

Er weiß, was wirklich zählt im Leben: Freiheit, Einfachheit im Sinne der Vereinfachung der Lage, Ruhe zur Beobachtung und lakonische Besonnenheit.

Er geht sachte an seine Texte heran und genauso sachte entlassen sie ihn und die/den Lesende/n. Man merkt nicht, ob er Schreibblockaden hat, denn er geht von dem, was hier und jetzt ist aus, und da gibt es immer etwas zu sehen oder zu denken. Nichts ist zu geringfügig, nichts ist zu klein. „Der Gartensessel, unter der Kirsche, sein Gelb, das von Jahr zu Jahr blasser wird, sein weißer Polster sonnenbeschienen. „ S.69. Die Ameise ist nicht klein, sie ist groß, sie ist zur Transformation bereit um in Kontakt mit dem Autor zu treten.

Perry geht es um das Gewahr-Werden, um das Kleine im Großen, dem Adalbert Stifter schon Aufmerksamkeit zollte. Der/die Leser/in nimmt nach einigen Miniaturen von oft nur 2,3, Sätzen eine Verlangsamung wahr und wird am Ende des schmalen Bandes sich beim Autor bedanken, dass er diesen Ton, diese kleinen Aussagen an ihn reicht.

Ein in sich Ruhen, ein meditatives Beobachten ersetzt die Hektik des Alltages und der Blick in die kleine Natur zu Füßen oder in die Krone des Zwetschken- oder Kirschbaumes ist Thema genug. Man erkennt die Befindlichkeit des Autors und nickt der Ameise oder der Amsel zu, bevor man aus dem Gedicht gleitet.

Eine Überschrift würde schon störend plakativ und zu dominant das einfache, absichtslose Sehen stören.  Z.B. S. 41 „Im dichten Schatten der Kirschenblätter, neben meinem Rucksack, da liegt ein Äpfelchen. / Ich stelle mir vor: wie ich es in die Hand nehme, daran lecke, wie es mein Gesicht verzieht. / Irgendwo, es muss ganz in der Nähe sein, ein paar Takte Amsel.“

Dem ist nichts hinzuzufügen! Wunderbar!

 

Mehr Kritiken aus der Kategorie: