Jonathan Perry: Oder anderes Glück

Eva Riebler

Jonathan Perry:
Oder anderes Glück

Aufzeichnungen
Edition sonne und mond
2021, 64 Seiten
ISBN 978-3-9504897-8-1

„Sich mitteilen: ein Schatten, der in 100 kleine Fliegen zerstiebt.” S. 33. Ja so schwierig sieht der Autor in seinem fünften Gedichtbändchen das Mitteilen. Jonathan Perry wohnt in St. Pölten, ist Autor/Musiker und seit 2020 Mitherausgeber der Lyrikzeitschrift BRACHE.
Der Begriff „Poet” trifft auf ihn zu, weiß er doch um die Einfachheit und das Klingen der Sprache, ist jedoch nie sicher, sich tatsächlich mitteilen oder ankommen zu können. Er ist wohl der behutsamste und bescheidenste Mensch, seine Gedanken sowie Sätze sind offen und der Leser kann sich bedienen in einer wahrhaft kostbaren Miniaturen-Sammlung. Er ist ein stiller Beobachter und Zuhörer, der assoziiert oder skurrile Vergleiche zieht. Er weiß ein plastisches Bild aufzubauen und beobachtet sein eigene Sehen: S. 20 „Sich im flüssigen, zärtlichen Sehen üben, die Umrisse der Dinge rings mit den Augen nachziehen, so langsam wie möglich, bis die Blicke nicht mehr abgehakt wie rostige Scharniere hüpfen”.
Perry strebt einer kurzen Begegnung, einem Gespräch eine Pointe aufzudrücken. Er lässt Farben zusammenklingen und die Sonne oder den Mond durchs Geäst ausgefranst/aufgenestelt erscheinen. Er pflegt seine Befindlichkeit intensiv und hört in sich hinein - und schon hat er einen Augenblick eingefangen. In diesen füllt er mit wenigen, fast trockenen/kargen Worten so viel hinein, dass er sich dehnt und erlebbar wird.
Erbauliches ist ihm wohl zuwider, bescheiden lässt er Unscheinbares, Alltägliches einfach da stehen und es wirkt kräftig nach. Um so unprätentiös zu schreiben, nimmt er sich nichts vor, sondern schreibt S. 19 wohl von sich selber, wenn er sagt: „Ein Notizbuch mitnehmen, damit man nicht in Versuchung gerät, etwas in Sprache zu verwandeln: Regenschirmeffekt.“
Er ist Meister dieses Genres!

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