Bernhard Strobel: Nach den Gespenstern

Gabriele Müller

Bernhard Strobel:
Nach den Gespenstern.

Erzählungen
Graz: Literaturverlag Droschl
2021
176 Seiten
ISBN 978-3-99059-086-7

In den dreizehn Geschichten Bernhard Strobels passiert nicht viel. Vielleicht liest man sie deshalb gespannt bis zum Schluss. In der Erzählung „Über Geister“ betritt der Nachbar auf ungewöhnliche Weise sein Haus.
Wer klettert schon über den eigenen Zaun, wenn er nach Hause will? Der Ich-Erzähler ruft die Polizei, wird aber bald von schlechtem Gewissen geplagt. Er weiß so gut wie nichts über die Menschen im Dorf. Bis zu diesem Zeitpunkt hat er dieses Nichtwissen begrüßt. Zweifel plagen ihn nun, ob in seiner abgeschotteten Lebensweise nicht eine Art Unmenschlichkeit wohnt. Durch den vermeintlichen Einbruch dringt Außenwelt in seine Monotonie, eine Art Neugier entsteht. Erstmals betritt er das Wirtshaus im Ort, wo schon der Nachbar sitzt.
Vielleicht ist es eine Begegnung mit sich selbst, sehr erfreulich ist sie nicht.
Strobel, Übersetzer aus dem Norwegischen, beendet sie mit skandinavischem Krimiflair, Genaueres über den Täter wird nicht bekannt.
In „Das falsche Gebiss“ haben die Großeltern das Kind immer gemeinsam zu Bett gebracht. Die Oma hat vorgelesen, der Opa ihm über den Kopf gestreichelt. Daran denkt die Großmutter nun vor dem offenen Sarg mit Opa, samt falschen Zähnen. Sie macht sich Sorgen um das Kind neben ihr. Nur sie weiß, was die Enkelin in ihrer Lade versteckt. Nur sie weiß, wie oft das Mädchen nachts neben Opas Bett gestanden ist und nichts weiter tat, als zu schauen. Sie hat das Kind nie danach gefragt, damit der Großvater nicht aufwacht. Jetzt ist er tot. Die Antwort entscheidet der/die Leser/in.
In der Geschichte „Die Tür“, meint der Erzähler, die Frau am Balkon wolle springen. Sie aber hält ihm die Glastür auf. Je länger er neben ihr steht und sie betrachtet, umso seltsamer erscheint sie ihm. Dabei denkt er bloß über sich selber nach. Zum Abschied macht sie etwas, womit er nicht gerechnet hat. Darüber schweigt er nicht. Er ist doch kein Gentleman.

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