Buch

Schloss Leopoldskron: Geschichte und Gegenwart

Eva Riebler

Schloss Leopoldskron:
Geschichte und Gegenwart

75 J. Global Seminar, HG Carl Aigner, Mattighofen/Wien Korrekturverlag 2022
264 Seiten
ISBN 978-3-9505129-2-2

Zeitreise: Anlässlich 75 Jahre Salzburg Global Seminar wurde dieses umfangreiche Werk an Carl Aigner u.a. in Auftrag gegeben. Dieses von der USA während der Besatzungszeit im amerikanischen Teil Österreichs gegründete Seminar diente zuerst als transatlantische Spange zum Austausch von Themen nationaler und globaler Interessen und ist mittlerweile im Dienste einer humanitären globalen Gesellschaft nicht wegzudenken.
Historisch wird Schloss und Moor mit Trockenlegung, der See mit Badeanstalt/Schwimmschule etc. beleuchtet, sowie das Wirken der Besitzer. 1740 hatte Erzbischof Leopold Anton von Firmian eine private Residenz am Weiher von Leopoldskron hinter der Festung Salzburg errichten lassen. Sein kunstsinniger Neffe Franz Laktanz gestaltete Garten und Park nach der damaligen Mode und der dritte Schlossherr, Max Reinhardt, holte Vasen, Skulpturen und Figuren (teilweise aus NÖ, Schloss Thürnthal u.a.), baute eine umgebende Mauer, eine Bootsanlegestelle und holte u.a. 21 Orangenbäume, die 70 Jahre alt und z.T. 5 m hoch waren aus Schönbrunn.
Sein geliebtes Juwel, das indirekt 1920 Salzburg die Festspiele gebracht hatte, musste er wegen der Nazifizierung aufgeben. Er trauerte sein Leben lang. Schloss Leopoldskron, bzw. der Meierhof ist seit der Verfilmung 1964 „The Sound of Music“, dem Leben der Trappfamilie in Salzburg in Amerika bekannt. Er bekam fünf Oscars und steigerte die Berühmtheit Salzburgs, obwohl im Schloss nicht gedreht werden durfte, denn das „Salzburg Global Seminar” hat die Uneigennützigkeit auf die Fahne geheftet. So musste das Venezianische Zimmer von Leopoldskron aufwändig im Filmstudio nachgebaut werden.
In diesem Meierhof stehen Ihnen nun 55 Zimmer und im Schloss 12 Suiten zur Verfügung! Spüren Sie den weltoffenen Geist von 75 Jahren internationalem Global Seminar.
Auf nach Leopoldskron! Dieses umfassende Werk macht Lust auf eine Zeit- und Kulturreise!

Gerhard Roth: Die Imker

Florian Müller

Gerhard Roth:
Die Imker

Frankfurt am Main:
2022, S. Fischer Verlag
560 Seiten
ISBN 103103974671

Plato, Seneca und die Bienen. „In seinem letzten Roman ‚Die Imker‘ zieht Gerhard Roth die Summe seines Denkens“. Selten war der Umschlagtext aus der Marketing-Abteilung eines Verlags so passend wie dieser. Wer den siebenbändigen Zyklus „Die Archive des Schweigens“ kennt, weiß, dass Gerhard Roth ein Schriftsteller der großen Projekte ist, der dennoch eine unheimlich empathische und nicht belehrende Sprache findet.
Auch sein posthum erschienenes Werk ist auf schlanken 560 Seiten eigentlich eine Menschheitsgeschichte, die trotz zahlreicher intertextueller Verflechtungen mit Literatur, Film und bildender Kunst leichtfüßig wie eine phantastische Erzählung von Jorge Luis Borges daherkommt.
Und obwohl die Handlung immer wieder ins Phantastische abgleitet, so bleiben doch die beschriebenen menschlichen Abgründe allzu real. Wir schreiben den 1. April. Ein gelber Nebel legt sich über das Land. Flugzeuge stürzen ab, Fahrzeuge verunglücken, und dennoch sind nirgendwo Leichen zu finden. Denn wer stirbt, löst sich auf und hinterlässt nur einen Haufen Kleidung. Die einzigen Überlebenden dieser Apokalypse sind die Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses der Künstler in Maria Gugging und eines benachbarten SOS Kinderdorfes.
Der Ich-Erzähler Franz Lindner, Patient und Künstler aus Gugging, wird nun zum Chronisten der Geschichte. Mit einer unfassbaren literarischen Kraft beschreibt er die Wunder der Natur wie etwa das Arbeiten der Bienen, fein durchsetzt mit grotesk anmutenden Gedichten eines Autors, der die verbale Kommunikation verloren hat, aber umso intensiver über den Alltag im Ausnahmezustand schreibt. Was treibt dieser aus einer Kaserne entlaufene Feldwebel? Warum wollen Ärzte Patienten immer normalisieren? Franz Lindner ist ein kritischer, sensibler Geist, der wohl auch deswegen die Sprache der Tiere versteht und Dinge in Bildern sieht, die anderen verborgen bleiben. Es ist ein sprichwörtlich starkes Buch, dass man nur ungern zur Seite legt.

Wolfgang Kühn: Kurzenbach

Florian Müller

Wolfgang Kühn:
Kurzenbach
Flachland-Saga

Weitra: Verlag Bibliothek der Provinz, 2021
228 Seiten
ISBN 9783991260066

Eine solide geschriebene Komödie.
Gerade in Zeiten, wo die Realität durch Pandemie und Krieg zu einer Dystopie wird, ist die Sehnsucht nach erheiternder Lektüre groß. Nicht nur aufgrund des Hans Weigel Literaturstipendiums hat dieser Roman vielleicht sogar das Zeug zum offiziellen Buch der 100-Jahre-Feier des Landes Niederösterreich. Und gerade, wenn einem so manches bekannt vorkommt, ist es umso wichtiger, im Impressum zu betonen, dass Ort, Personen und Handlung frei erfunden sind. Der Untertitel „Flachland- Saga“ steckt den Erwartungshorizont ab: Es geht nicht um intellektuelle Höhenflüge, vielmehr um die Untiefen der Kommunalpolitik.
Lambert Zuser ist seit 20 Jahren Bürgermeister von „Kurzenbach“ im Mostviertel. Das Leben ist nicht nur aufgrund seiner Behäbigkeit durchaus beschwerlich.
Dennoch möchte es der Lokalpolitiker bei der nächsten Wahl noch einmal wissen. Seine Gegenspieler dabei sind der rote Bäcker Reinhold Weber und sein freiheitlicher Anglerfreund Rudi Wasitzky. Als wäre der Stress mit der Schwiegermutter nicht schon genug, führt ausgerechnet seine Tochter Susanne Zuser die grüne Liste im Ort an. Und natürlich darf ein von seiner Partei geschasster Friedrich Czulak mit eigener Bürgerliste nicht fehlen. Die Zutaten für eine Komödie.
Technisch perfekt geschrieben aber leider ein wenig lieblos gesetzt nimmt die Komödie ihren Lauf. Warum hier einige auf Hochdeutsch sprechen und andere im Dialekt, erschließt sich beim Text des Mundartdichters Wolfgang Kühl leider nicht ganz. Mit Rückblenden in die Kindheit, mit dem Fokus auf die eine oder andere Figur wie dem emsigen Gemeindesekretär Wagner oder die Landeshauptfrau, die nicht mit „Frau Landeshauptmann“ angesprochen werden will und manchmal am liebsten ihre Zwillingsschwester schicken würde, ist es dennoch ein solide geschriebenes Buch. Aber wie gesagt: Ort, Personen und Handlung sind frei erfunden.

Maria Seisenbacher: Hecken sitzen

Cornelia Stahl

Maria Seisenbacher:
Hecken sitzen

Gedichte
Innsbruck: Limbus Lyrik
2021 , 96 Seiten
ISBN: 978-3-990-39212-6

Spuren der Pandemie. 2020/2021 zeigen sich gegenwärtig in unterschiedlichen Ausprägungen: Seisenbacher lässt diese Phänomene einfließen in ihren Lyrikband: „seit Verschiebung der Normalität bahnt sich ein schmaler Riss am Fenster seinen Weg“.
Es sind innere und äußere Risse, welche die Abkehr vom Gewohnten hervorgebracht haben. (Nur) Heckensitzerinnen wissen um die Bedeutung der (sichtbaren) Zeichen. Ihnen obliegt die besondere Fähigkeit, eine Verbindung mit der Anderswelt herzustellen, so lesen wir im Vorwort.
Seisenbachers Lyrik thematisiert Verflechtungen zwischen Mensch und Natur, enthält immanente Kritik am Umgang des Menschen mit der Welt: „wir lauten Ungetüme mit zarten Gliedern Schmetterlingsflügeln“, S. 15, spricht vom Raubbau an der Natur sowie von stetiger Bodenversiegelung: „Meilenstiefel streifen (S.16) unaufhaltsam über von Beton verschlossen“. Gesellschaftskritik, Mystik und Heilung vereint Seisenbacher in ihren Versen.
Druckgrafiken von Isabell Peterhans, konsequent in schwarz-weiß gehalten, gehen indirekt eine (gedankliche) Verbindung mit Richard Langthalers Holzschnitten aus dem Band „Kerbungen“ ein, erzählen in besonderer Weise von den Verstrickungen zwischen Individuum und Natur sowie der Schönheit, die sich bei genauem Hinschauen offenbart. Vorliegender Lyrikband lädt dazu ein, die eigene Wahrnehmung zu schärfen, um (verborgene) Bilder zu entdecken. Vorstellungen, die Spuren hinterlassen, in uns. Eine meditative Einladung zum Innehalten!

Maria Seisenbacher, 1978 in Wien geboren, wuchs in Niederösterreich auf. Sie lebt als freie Schriftstellerin und Übersetzerin in leichte Sprache in Wien. Isabel Peterhans arbeitet seit 2018 in Innsbruck. 2016 erhielt sie das Förderstipendium der Robert-Bosch-Stiftung.

Senta Baumgartner: Bittersegen. Erzählung

Cornelia Stahl

Senta Baumgartner:
Bittersegen. Erzählung.

Weitra: Verlag Bibliothek der Provinz 2022
70 Seiten
ISBN: 978-3-99126-000-4

„Nicht sterben“ so lautet der Titel von Terezia Mora`s Frankfurter Poetikvorlesung (2015), in der sie ihrer kleinen Tochter eine Geschichte von Steinzeitmenschen erzählt, die ihre Höhle verlassen und sich einer fremden Welt ausgesetzt fühlen.
Ähnlich ist es Rosa und Johann ergangen, als sie das Dorf verließen, um in der Stadt Arbeit zu suchen: „Viele Schritte sind es. Vom kalten dunklen Bahnhof in die neue Welt. Ungefähr ahnt sie den Weg ins Zentrum“
(...). Vorwärts, ja. Das will sie (S.6)
Abwechselnd wird aus der Sicht von Rosa, dann aus dem Leben von Johann erzählt. Am Ende führt die Autorin beide Erzählstränge zusammen, spricht von einem bitteren Ende und einem möglichen segensreichen Anfang (S.56).
„Schon lange überlegt sie, wie sie der Tochter ihre Herkunft, ihre wahren Familienverhältnisse erklären soll. (…) Aber ist nicht ihr gesamtes Leben ein (…) kompliziertes Gespinst (…) geworden? (S.56).
Der Krieg hat alles verändert, hat an und in Johann Spuren hinterlassen: „Die Front hat ihn noch weicher und gänzlich ungeschützt entlassen“ (S.57).
Der verdichtete, eingängige Text wird gelegentlich von Reflexionen durchzogen, die dem Text einen ruhigen Sound verleihen: „Gibt es denn überhaupt mehr als Mut? Etwas, das über den Mut hinausgeht? (S.7).
Die Lebensverläufe von Rosa und Johann, aus einem armen Dort stammend, stehen stellvertretend für tausende Schicksale, die unter den wirtschaftlichen Entwicklungen Anfang des 20. Jahrhunderts litten.
Baumgartner erzählt Zeitgeschichte: Vom Mut, eigene Verhältnisse zu verlassen, um in der Fremde Neues zu wagen. Hochaktuell!

Senta Baumgartner, geboren 1962 in Krems, aufgewachsen in Langenlois, seit 1993 als Lehrerin in Wien, veröffentlichte Schulbücher und einen Reiseführer.