Geht uns aus der Sonne: Hans Kronberger. Rez.: Franz Reichel

Franz Reichel
WIEDER EINER, DER WEIß, WO ES LANGGEHT!

 

GEHT UNS AUS DER SONNE
Die Zukunft hat begonnen
Hans Kronberger

Wien: Uranus Verlag, 1. Auflage 2011. 154 S.
ISBN 978-3-901626-51-7

Hans Kronberger, Journalist, ehemaliger leitender Redakteur beim ORF, Lektor für Umweltpublizistik an der Universität Salzburg und von 1996-2004 Abgeordneter zum Europäischen Parlament hält ein engagiertes Plädoyer für den Ausstieg aus den fossilen und nicht erneuerbaren Energieträgern. Nun sind seine Überlegungen keineswegs neu, wir erinnern an den Club of Rome und „Die Grenzen des Wachstums“ eine 1972 (man glaubt es kaum vor fast 40 Jahren) veröffentlichte Studie zur Zukunft der Weltwirtschaft oder, als weiteres Beispiel von vielen möglichen, den World Watch Institute Report „Zur Lage der Welt 1992“, die das absehbare Ende und die Problematik dieser Energienutzung für unser Klima und unsere Ökosphäre thematisierten. Ohne sichtbaren Erfolg, auch wenn angeblich diese Prognosen nicht stichhaltig genug ausgefallen sind und das Feuer am Dach unserer exorbitant verschwenderischen Energiepolitik noch nicht hell auflodert. In unseren Tagen halten die, so leid es tut, sinnlosen Klimakonferenzen und -gipfel mit dem Ergebnis von völlig schwachsinnigen Konzepten wie Umweltzertifikaten, die den Handel mit Dreck legalisieren, von Zeit zu Zeit die Journalisten auf Trab, um dann vom ergebnislosen Ausgang zu berichten. Daher der Aufruf: Klimakonferenzen abschaffen!

Kronbergers Anliegen ist es, uns klar zu machen, dass die Zukunft allein in der Nutzung der Sonnenenergie, sei es direkt oder indirekt, liegt. Man wird ihm vollständig Recht geben, weil ja bereits Milchmädchenrechnungen bezüglich der täglichen Einstrahlung der Sonne klar darlegen, dass unser Energiebedarf abgedeckt werden könnte. Aber da sind die Lobbys der Öl- und Atomindustrie und durch die Entwicklung in Fukushima und den dadurch in Deutschland induzierten Schnellausstieg aus der Atomenergie ist jetzt auch eine Renaissance der Kohleindustrie zu befürchten. Die paradoxe Lösung schlechthin!

Der Autor versucht - in einem eher als Propaganda zu bezeichnenden Stil - Fakten für die bereits begonnene Zukunft der Sonne zusammenzutragen und zu bewerben. Der Erforschung der Fusionsenergie kann Kronberger natürlich auch nichts abgewinnen, die dauert zugegebenermaßen wirklich schon sehr lange. Hier passiert dem Autor ein grober Schnitzer, wenn er meint dass im CERN (Organization for Nuclear Research) für die Fusionsforschung gearbeitet wird. „Der Versuch, den Kernfusionsreaktor Sonne auf der Erde nachzubauen, ohne Bedarf, mit einem Aufwand von vielen Milliarden Euro und ungewissem Ausgang, zeigt die Unbelehrbarkeit der alten Energiedenker: „Experimentiert wird im Forschungszentrum CERN in Meyrin im Schweizer Kanton Gent. Dort arbeiten 3400 Mitarbeiter auf dem Gebiet der Teilchenphysik mit einem Jahresbudget von 1,1 Milliarden Schweizer Franken. Hier wird die Grundlagenforschung betrieben, vor allem die Beschleunigung von Teilchen, die notwendig ist, um zwei Atomkerne zu einem neuen Kern zusammenzuschmelzen.“ (S. 35)

Im CERN wird, dem Autor offenbar unbekannt, international anerkannte exzellente Grundlagenforschung betrieben!

Kronberger scheint hier nur oberflächlich recherchiert aber vor allem eines vergessen zu haben: Vor mehr als einem Jahr haben die ahnungslosen Journalistenkollegen in den Medien noch von der „Schwarzen-Loch-Maschine“ berichtet, die wissenschaftliche Grundlagenforschung in schlechtes Licht gebracht und damit Weltuntergangsbeschwörungstheorien aufflackern lassen. Aber die Fortsetzung des vorigen Zitats schlägt wohl dem Fass den Boden aus: „Die Wärme, die bei dieser „Beschleunigung" entsteht, geht über 100 Millionen Grad. Und wozu braucht man die Wärme schlussendlich? Zum Erwärmen von Wohnzimmern mit Strom auf 24 Grad.“ (S. 35)

Gerne würde man der guten Sache dienen, eine positive Kritik zu diesem Plädoyer für den Umstieg zu erneuerbaren Energien schreiben … doch leider wurde das brisante Thema, wie aus den Zitaten zu entnehmen ist, in einer höchst unsachlichen, polemischen Art und Weise behandelt. Wichtige Persönlichkeiten wie Dennis Meadows (Die Grenzen des Wachstums, 1972) werden nicht einmal erwähnt, geschweige denn zitiert. Kernsätze sind in Fettdruck als randgesetzte Textblöcke hervorgehoben: „Das Verhältnis Europas zu einem Hauptlieferanten von Gas ist vergleichbar mit der Abhängigkeit eines drogensüchtigen Junkies von seinem Dealer.“ (S. 79) oder „Es steht nichts Geringeres an als die Reparatur unseres Planeten - wie die Restaurierung eines ehemals wunderschönen alten Hauses, das wieder glänzen und angenehmes Leben ermöglichen soll.“ (S. 125)

Wenn dann auf Seite 126 ein Cartoon zum Klimagipfel in Rio verbal beschrieben wird, anstelle ihn abzudrucken, unvollständige Quellenangaben für die bescheidenen Daten angegeben werden, kein Stichwortverzeichnis vorhanden ist und ein Literaturverzeichnis von 21 Werken, davon fünf von Hermann Scheer, den der Autor sehr schätzt, wird man den Eindruck nicht los, dass dieses „Werk“ in Windeseile zusammengeschrieben wurde, um den Markt mit einem überflüssigen Buch zu beglücken. Vielleicht hätte der Autor und ehemalige Grander-PR-Beauftragte - während des Schreibens zur Qualitätssicherung, seiner an Bauernfängerei anmutenden Publikation - energetisiertes und "hochprozentiges" Grander-Wasser zu sich nehmen sollen?

Schade nur, dass dieses wirklich wichtige Thema so unsachlich behandelt wurde.

LitGes, Juli 2011