Buch

Maja Smotlak: Vom kleinen schwarzen Vogel und der weißen Vögelin

Eva Riebler

Maja Smotlak:
Vom kleinen schwarzen Vogel u.der weißen Vögelin

Ill. Nana Homovec,
Klagf.: Fran Verlag 2021
Org. auf Slowenisch
ISBN 978-3-902832-22-1

Abenteuer und Liebe: An einem schönen Herbsttag fliegt der kleine schwarze Vogel höher und höher und träumte davon, wie er einst die flaumigen weißen Wolken erreichen werde. Von oben sieht er einen Baum mit orangen, saftigen Früchten und landet mitten unter einer zeternden Vogelschar. Die Vögel unterrichten ihn darin, dass es bald sehr kalt werde sowie, dass Kinderhände Wundersames gestalten können. Und am Fenster neben dem Baum hatten Kinderhände Papierarbeiten befestigt. Eine zeigte einen weißen Vogel, in den sich der schwarze sofort verliebte. Einer alten überlieferten Überzeugung nach, seien Kinder Zauberwesen und was unter ihren Händen entstehe, habe unerwartete magische Kräfte. Und so entwickelt sich die Erzählung zu einem offenen Ende hin.
Die slowenische Illustratorin Nana Homovec hat deswegen diesem Kinderbuch ein passendes Mal-Blatt mitgegeben. Sie studierte in Laibach auf der Akademie der bildenden Künste und beschäftigt sich seit 2014 mit der Illustration für Kinderbücher oder Gedichte- Sammlungen für Jugendliche und Kinder. Sie gestaltete äußerst einfühlsam und modern. Ihre Malereien sind blattfüllend und der jeweilige Text ist in diese eingefügt. Dadurch wird dieses Werk zum stimmigen Vorlesebuch für Kleine. Auch für Erwachsene empfehlenswert, weil liebenswert in Text und Bild!
Die Autorin Maja Smotlak stammt aus Koper und besuchte in ihrer Kindheit slowenische Schulen in Italien und studierte später Slowenistik, was sie derzeit auch in Oberstufen-Klassen unterrichtet. Sie schreibt nicht nur literarische Texte für Kinder und Erwachsene sondern auch wissenschaftliche Artikel, Literaturkritiken für die Tageszeitung Primorski dnevnik, die Zeitschrift Mladika und für RAI - Radio Trst A. Dieses wunderbare Kinderbuch, das einem ein Lächeln ins Gesicht zaubert, erschien ursprünglich 2021 in slowenischer Sprache und wurde dann ins Italienische und Deutsche übersetzt.

Roswitha Klaushofer: Spezies

Eva Riebler

Roswitha Klaushofer:
Spezies. Gedichte/
Wolfg. Seierl Zeichnungen

Edition Tandem Salzb./Wien
2020, 60 Seiten
ISBN 978-3-90468-08-6

Klaushofers Lieblings Spezies ist das gegenseitige Beeinflussen von Lyrik und Zeichnung. Es geling ein gegenseitiges Befruchten. Der hochkarätige Musiker und akademische Maler Wolfgang Seierl begleitet ihre Lyrik zum zweiten Male (Die Inseln: Ed. Tandem 2017). Er entwarf genauso umfassende Graphikmappen u. a. zu Texten von Gert Jonke, Ferdinand Schmatz, Julian Schutting usw. Auffallend ist sein leichter, spontaner Strich, der wie aus dem Gemüt oder Bauch zu kommen scheint.
Wie absichtslos und vollkommen stark und unkapriziös reagiert er auf die anspruchsvollen Gedichtminiaturen. Dabei macht Klaushofer es ihm nicht leicht. Titeln/ Themen wie „Wimpernschläger“, „Einsamgänger“, „Kopfgänger“, „Zwei in Einem“ oder „Wischgefährte“ sind da in Bilder zu fassen. Und diese ausdrucksstarken Zeichnungn wirken stets auf das Gedicht zurück – von Bebilderung oder Illustration keine Spur! Klaushofer geht mit ihren Texten so tief in die einfache Sprache, in das Leben des Menschen, dass man meint; sie komme nur mehr heraus, wenn sie ihre Worte zertrümmert, neu zusammensetzt und so eine weitere Ebene des Ausdruckes kreiert! Sie bleibt nicht im einfachen Beschreiben des Daseins hängen, sondern findet unter der zweiten Schicht stets noch eine dritte oder vierte. So tun sich interessante Tiefen des Lebens auf, die erahnt, erspürt werden und der Leser kann sich nie sicher sein, ob er auf der richtigen Spur ist.
Ihre Worte sind wie das Leben: Tiefen und neue Verbindungen, Zusammensetzungen und Verdrehungen – alles schrammt hauchdünn an schwer Fassbarem vorbei‚. Dadurch ergibt sich die wunderbare Vielschichtigkeit. Ungewöhnliche Wortschöpfungen wie „… Sein Angsthaar erhellt vom Fugenweiß seines Traumes.“ – wirken in uns nach und ergeben einen Mehrwert.
Nicht nur eine exzellent aufgemachte Lyrik- und Grafikmappe liegt uns vor, sondern ein ergiebiger, vielschichtiger Block, der erst langsam verdaut werden muss und immer wieder Neues zeigt! Wunderbar!

Wolfram Eilenberger: Zeit der Zauberer

Hahnrei Wolf Käfer

Wolfram Eilenberger:
Zeit der Zauberer
Das große Jahrzehnt der Philosophie

1919 - 1929 Klett-Cotta
2018, 432 Seiten
ISBN 978-3-608-96451-6

Die vier Meisterdenker: Wittgenstein - Benjamin - Cassirer - Heidegger. Wenn man mit den Namen Wittgenstein, Benjamin, Cassirer, Heidegger etwas anzufangen weiß, ist man mit
diesem Taschenbuch bestens versorgt. Eilenberger, lange Jahre Chefredakteur des Philosophie Magazins, hat mit der „Zeit der Zauberer” einen Bericht vorgelegt, in dem die auf das behandelte Jahrzehnt bezogenen Gedanken der vier Meisterdenker übersichtlich dargestellt und auch für Nicht-Fachleute bequem aufbereitet sind.
Das Anliegen mag gewesen sein, die Welt der Zauberer und also der Philosophen zu entmystifizieren, und das ist durchaus gelungen.
Aus dem Blickpukt der biographischen Notlagen psychischer, ökonomischer, charakterlicher, aber auch karrieregeiler Natur ergibt sich oft und oft die Anregung, die Werke mehrschichtig als bisher zu verstehen.
Der Philosophie schadet es nicht, wenn sie menschelt, leichter löst man sich da aus der Lähmung des „So ist es”und findet zum „So kann man es auch sehen”. Dass die Verflechtung der vier Philosophenschicksale auf einen Selbstmord (Benjamin), zwei Emigrationen (Cassirer, Wittgenstein) und einen dem Nationalsozialismus die Basis bereitenden Starphilosophen (Heidegger) hinausläuft, wird erst auf der letzten Seite klargestellt.
Etwas vernachlässigt ist freilich, ob und wie die Philosophen auf bestimmte Ereignisse dieses unruhigen Jahrzehnts reagiert haben.
Also kein Ersatz für historische Schau, kein Ersatz für Einzelbiographien, schon gar kein Ersatz für die Originalwerke, jedoch eine höchst interessante und anregende Auffächerung der Beziehungen und Nicht-Beziehungen der vier genannten Philosophen.

Claus Petersen: Was Jesus wirklich lehrte

Eva Riebler

Claus Petersen:
Was Jesus wirklich lehrte.

21 Entdeckungen
Verlagshaus Gütersloh
2020, 224 Seiten
ISBN 978-3-579-06616-5

Das Reich Gottes ist hier und jetzt: Peterson studierte ev. Theologe in Erlangen/Heidelberg, war bis 2017 ev. Pfarrer in Bayreuth und gründete 2002 nach Konflikten mit der Kirchenleitung die „Ökumenische Initiative Reich Gottes-jetzt“. Und dass diese Konflikte naturgemäß entstanden sind, belegen seine fundamentalen Recherchen zu den Aussagen Jesus. Er vergleicht verschiedene Überlieferungen und schält die sparsameren, ursprünglichen Formulierungen heraus.
Er belegt, dass Luther schon Nebensätze in Reden Jesus einfügte und die Kirche noch 2017 gegen besseres Wissen an Verfälschungen der Worte Jesu festhielt. Denken wir nur an das Vaterunser: .. „dein Reich KOMME“ – wo doch bei Lukas 17,20b schon die Gegenwart steht: „Denn siehe, das Reich Gottes IST mitten unter euch.“ Peterson weist darauf hin, dass die Jesusbotschaft bereits im Neuen Testament völlig an den Rand gerückt worden, beziehungsweise übermalt und verfälscht worden sei – s. S. 115. Das Jenseits ist nicht das Reich Gottes, bereits Lukas 17,20b-21 meinte: „Siehe das Reich Gottes ist mitten unter euch“. Dies ist eine Botschaft der Freude, denn es ist die Gegenwart gemeint.
Jetzt schon können und sollen wir am Reich Gottes teilhaben und ein beseligendes, ein richtiges, stimmiges Leben führen – s. S. 44. Allerdings ist nicht Reichtum wichtig, sondern das: „Nicht-mehr-als nötig“. Selig sind die, die nicht mehr besitzen, als sie wirklich brauchen (Matth 5,3/Luk 6,20b). Peterson geht auch auf den Zuspruch des Reiches Gottes an die Kinder (Markus 10,14b-15) ein, die Teil haben, weil sie hinnehmen, vertrauen und ganz in der Welt aufgehen. Somit ist das Kind dem Erwachsenen Vorbild.
Fazit: Unbedingte Empfehlung. Ein spannendes, exzellent recherchiertes Werk, das die Analyse der Bibeltexte ernst nimmt und vor Augen führt, was Thomas Müntzer im 16. Jhdt. wollte und wir jetzt noch immer alle brauchen: Eine Reform der Kirche und eine Umwandlung der Gesellschaft – weg von der Eigenliebe!

Thomas Sautner: Die Erfindung der Welt

Eva Riebler

Thomas Sautner:
Die Erfindung der Welt

Roman Picus Wien
2021, 406 Seiten
ISBN 978-3-7117-2103-7

Ein Rezept: Wie schreibe ich einen Roman! Die neuralgischen Momente in diesem Roman sind dicht gesät, zu dicht. Der Autor führt uns oder seinen Schreibwerkstätte- Teilnehmern eindrücklich, pädagogisch wertvoll vor: Wie man einen Roman macht. Motto: Man nehme … stets Gegensatzpaare, sei es eine unbedarfte, neugierige Schriftstellerin aus der Stadt, die emsig recherchiert und eine lebensweise, kautzige Alte aus dem tiefen Wald. Dazu füge man Überraschungen, Weisheiten, Rätsel zum allgemeinen Lebenssinn oder gar gleich zur Entstehung der Welt. Man vergesse nicht die Glaubwürdigkeit und Ernsthaftigkeit z.B. in diesem Werk durch die ernsthafte, ehrliche Elli von Hohensinn, die am besten aristokratisch – also Gräfin zu Litstein ist. Man vergesse nicht die belebte Tierwelt, z.B. mittels eines beobachtenden Seeadlers einzubringen und wenn es spannend wird, mit detaillierten Naturschilderungen den Gang der Handlung aufzuhalten oder aufzufetten.
Die Natur ist natürlich belebt und in diesem Fall sogar wichtigtuerisch: s. S. 37 die Schilderung bei der Ankunft im Schlosshof: „Der kreisrunde Wehrturm der Burg blickte nachlässig wachend auf mich herab. Um etwas wichtiger zu erscheinen und auch etwas höher, trug er über seinen Zinnen ein kegelförmiges Schindeldach samt ….“. Nun kommt das Gegensatzpaar: „ samt
Fahnenmast. An dem hing, schlapp, ein Fetzen Stoff.“ . (Man beachte die sechs!! Adjektive in nur 3 Sätzen!)
Den Spannungsbogen kann man auch auf die Bogenspitze treiben, in dem man eine Querverbindung zum Autor oder zum Leser legt. Z.B. S. 45: Der Autor mischt sich direkt in die Handlung ein: „das fand ich gut: Sie überlegte …“. Und die persönliche Anrede, die Brücke zum Leser sieht dann so aus: S. 45 … Wäre die Satzstellung anders, hätten Sie bedenkenlos weitergelesen …Lesen Sie Ihr Leben auch so flüchtig …“. (Vielleicht hätte es „Leben“ statt „lesen“ heißen sollen?)
Fazit. Eine große Enttäuschung nach den fünf vorherigen nicht so überfrachteten Romanen!