Bühne

NTO Pluged in: Mnozil Brass. Rez.: Eva Riebler-Übleis

Eva Riebler Übleis
Kein Wagnis!

Festsph. St.P. 29.3.14
NTO plugged in: Mnozil Brass

Julia Jones als Dirigentin meistert den Spagat zwischen ernsthaft spielendem klassischem Orchester und einer zum Blödeln aufgelegten Blechbläser-Band! Gratulation!

Genau diese Geringschätzung der Ernsthaftigkeit fehlt jedem Orchester! Individualität entfaltet sich stets außerhalb einer großen Gemeinschaft, die durch und mit Disziplin lebt.

Und da die Brass-Band bereits seit 1993 nicht nur im Gasthof Josef Mnozil in Wien auftritt, wird sie im Slapstick-Artigen und Skurrilen immer geübter. Seit 19 Jahren spielen sie in gleichbleibender Besetzung  mit Thomas Gansch an Trompete, Flügelhorn, Roman Rindberger, seit Neuestem Prof. für Trompete, Flügelhorn, Robert Rother Trompete, Flügelhorn, Leonhard Paul an der Posaune, Basstrompete, Gerhard Füßl aus Szb. und Zoltan Kiss aus Budapest an der Posaune sowie Wilfried Brandstötter – ehemaliges NTO-Orchester-Mitglied - aus Szb. an der Tuba. Sie sind witzig und frech, heben schon mal die Dirigentin vom Podest und tragen sie hinaus und haben seit dem letzten Auftritt in St.P. vor einem Jahr an ihrer Mimik, Gestik und Choreografie ordentlich gearbeitet und führen ein Synchronschwimmen und ein Wasserballett zum Donauwalzer auf, dass man dies fürs nächste Neujahrskonzert unbedingt vorschlagen sollte. Die Bearbeitungen sowie die Ungarische Schnapsodie und „ The lonely boy“stammen von Leonhard Paul, und sind dem Band-Repertoire entnommen. Am Vorabend spielten sie im Wiener Musikverein und im nächsten Jahr werden sie im großen Saal im Wiener Konzerthaus auftreten und hoffentlich auch wieder im Festspielhaus St.Pölten!

Eine großartige, humorvolle Darbietung! Standing Ovations waren Pflicht! 

Festwochen Gmunden, Jedermann – Reloaded. Rez.: Eva Riebler-Übleis

Eva Riebler-Übleis
„Des Satans Fangnetz in der Welt hat keinen anderen Namen als Geld“

Festwochen Gmunden
Jedermann – Reloaded
Philipp Hochmair & Die  Elektrohand Gottes
Museum Angerlehner Wels/Thalheim 17.7.14, 19.30 Uhr

Das Spiel vom reichen Mann, der sterben muss und nicht alleine diesen Gang antreten will, ist seit der Uraufführung 1920 bekannt und oft gespielt. Profitsucht, Gier, und Chauvinismus sind jedoch durch solche Katastrophen-Stücke nicht einzudämmen! Wir wissen es! Und unser Gewissen ist dehnbar und die Finanzblase auch – bis zu einer gewissen Spannung! Und noch dazu haben wir mit Demut, Reue oder Glauben noch weniger auf dem Hut als zu Zeiten der Entstehung – 1911 -  oder Uraufführung.

Daher muss uns durch und in der Kunst so oft der pädagogisch wertvolle Spiegel vorgehalten werden! Wieder ein Beweis für die Bedeutung der Salzkammergut-Festwochen!

Schade ist, dass das heute inszenierte Ein-Personen-Drama nichts Zeitgeistisches, keinen Blick auf die rasante Entwicklung von Wirtschaft oder Wissenschaft oder der vermehrten Macht des Mammons beinhaltete. Der Text war originalgetreu! Und das bei einer so modernen Unterlegung mit einer Zwei-Mann-Elektroband und Ein-Mann-Performance!

Die Beschränkung auf einen Schauspieler wäre in der Antike nicht aufgefallen, sondern hätte bereits zu Christigeburt als anachronistisch gegolten.

Also: zurück zu den Wurzeln des Theaters!

Damit alles so bleibt, wie es ist:

Pädagogisch Wertvolles schauen wir uns an, applaudieren der Band und dem großartigen Schauspieler Philipp Hochmair und seiner kraftraubenden, einzigartigen Performance und die ausgesuchten Freunde werden von den anderen Gästen mittels roter Bändchen sortiert und geladen zur großen Tafel des Jedermanns, sprich dem Förderer „UBS“! 

 

Salif Keita. Rez.: Eva Riebler-Übleis

Eva Riebler Übleis
Musik ist Bewegung!

Festsph. St.P. 5.4.14
Salif Keita

Musik und Bewegung ist im Körper! So ist das, wenn die „ Goldene Stimme Afrikas“ auftritt. Salif Keita stammt aus dem Königshause Malis und konnte nur als wegen seiner fehlenden Pigmentierung Ausgestoßener als Sänger und Songschreiber arbeiten.

Seit seinem Karrierebeginn in den 70er Jahren verbindet er die traditionellen Rhythmen Afrikas mit denen des kühlen Nordens Europas und Amerikas. Die Stimme des 1949 Geborenen ist immer noch klar und kräftig sowie unverwechselbar. Seine zwei Sängerinnen bringen den traditionellen erzählerischen Ton der afrikanischen Weisen und die nötige gleichbleibende Untermalung zu seinen Produktionen.

Seine weiteren vier Bandmitglieder spielten einen ebenfalls gleichbleibenden Stil, ob auf dem Zupfinstrument Ngoni, dem Balaphon, der Kora, der Gitarre, oder besonders kräftig Guy Nwogang auf dem Cajon, den Bongos und der Percussion; der weniger mit Jazz als mit Reggae zu tun hat, aber der von Anfang an zum Tanzen einlud.

Schade, dass der Inhalt nicht zumindest auf Französisch oder Englisch zeitweise erklärt worden war. Manche seiner Lieder mögen politischen Inhalts sein, jedoch kamen die angeblichen Friedensbotschaften in der Sprache Bambara beim St. Pöltner Publikum nicht so richtig an.

Der Genuss des Abends lag nicht so sehr im Zuhören der eher gleichbleibenden afrikanisch traditionellen Singstimmen mit instrumentaler Begleitung, sondern in der Umsetzung in Schwingungen des Körpers, was für einen Europäer nicht so selbstverständlich und daher umso wohltuender scheint.

Horace von Pierre Corneille. Rez.: Eva Riebler-Übleis

Eva Riebler Übleis
Musik ist Bewegung!

Landestheater NÖ, Werkstattbühne
Horace von Pierre Corneille
26.4.14, 16 Uhr
Premiere 24.4.14
Mit Helmut Wiesinger, Pascal Gross, Jan Walter, Swintha Gersthofer,
Katharina v. Harsdorf, Johanna Wolff, Othmar Schratt.
Regie Katrin Plötner

Kardinal Richelieu gab pädagogisch wertvolle Theaterstücke wie Le Cid, Cinna und eben Horace in Auftrag. Corneille war einer seiner fünf für diesen Zweck ausgesuchten Autoren.

Mit Horace meisterte er von Aufbau, Struktur und Wortwahl diese Aufgabe meisterlich und verwirklichte die Regeln der „doctrine classique“. Ein Vorzeige-Stück also, das die Staatsräson in Konflikt mit den privaten Banden zeigt. Die Frauen reagieren mit Herz, während der Ehrenkodex und das Vaterland in den Köpfen der Männer so einzementiert ist, dass der junge Horace sogar seine eigene Schwester erwürgt, da sie ihren toten Verlobten beklagt, statt ihren Bruder Horace als Sieger des Kampfes entsprechend zu ehren und zu würdigen.

In dieser zeitgemäßen Aufführung wurde gottseidank nicht so sehr die Macht des Königs, aus Staatsraison einen Mörder zu begnadigen, in den Vordergrund gestellt, sondern vielmehr die Polarisierung zwischen privatem Glück und dem Anspruch dem Staat zu entsprechen thematisiert. Wie gesagt, die Frauen (die Frau des Horace und seine Schwester) zeugen in dieser Inszenierung von menschlicher Qualität und der Stimme des Herzens. Natürlich werden sie nicht gehört und der Ehre der Männer geopfert. Diejenige, die von Anfang an die rote Kordel um Hals und Hüften des weißen Kleides trägt, ist diejenige, die getötet wird – so grandios und sparsam kann eine Kostümdetail verwendet werden!

 

Hervorragend gespielt, mit klarer Kraft und ohne Schnörkelei im Spiel, bei Maske und Kostüm, der Technik oder in der Dekoration.

Ohne falschem Pathos zeugen die Schauspieler, dass sie nicht nur in eine Rolle geschlüpft sind, sondern sich in dieser selbst begegnen.

Man sieht an ihnen nichts Erlerntes, keine Technik oder Fertigkeit.

Sie machen auf der kleinen Bühne mit wenigen Requisiten das ganze Spektrum der Emotionen sichtbar!

Gratulation! Außerordentlich!

Alain Platel: C(H)ŒURS. Rez.: Eva Riebler

Eva Riebler
Der Einzelne in seinem Netz

12. Okt 2013, 19.30 Uhr, Großer Saal, Festspielhaus St. Pölten
Alain Platel: C(H)ŒURS, Österreich-Premiere, Uraufführung Madrid 2012
Alan Platel, Les Ballets C de la B, Teatro Real Madrid, NTO

2013, im Verdi- und Wagner-Jahr zeigt unter der neuen Intendanz das Festspielhaus St. Pölten Alain Platels Produktion "C(H)ŒURS", die er mit seiner Compagnie les ballets C de la B sowie dem Chor des Teatro Real Madrid erarbeitete. C(H)OEURS hat die Doppelbedeutung, „Chöre“ und „Herzen“, daher mag auch die Farbe Rot eingesetzt worden sein. Das Rot geht über auf die Hände und auch die Sängerinnen und Sänger vermischen sich in ihren Aktionen und mit der Bemalung der roten Hände mit den TänzerInnen. Dies zeigt einen wesentlichen Punkt der Produktion: nämlich die mögliche Zusammenarbeit und die Spannung zwischen Individuum und Masse, die in einer produktiven Gemeinschaft enden könnte/sollte. Alan Platel interessiert sich für den Einzelnen und sein Netz, bzw. für die Einflüsse auf den Einzelnen. Die Indoktrinierung wird durch Abzeichen sichtbar gemacht und ist vergleichbar mit Naziabzeichen oder anderen Ausweisen und Abzeichen, die eine Gruppe dermaßen stärken, dass andere fast nur mehr die Wahl zum Beitritt haben und ein Dagegensein schon Gefahren oder Benachteiligungen bedeuten können.

Auch die SängerInnen des wohl 80-köpfigen Chores entschließen sich zur Teilnahme und bestreiten in den Schlussszenen gemeinsam mit den TänzerInnen die Choreografie. Ein Miteinander findet statt!

Das Ballett zeigt in seinen Hauptfarben Weiß und Rot auch, dass Rot nicht nur die Farbe des Herzens sondern sehr oft die Farbe des Blutes, vor allem des geflossenen Blutes sein kann.

Die Spannung ist in der tänzerischen Leistung, den Kostümen, der Choreografie wie natürlich in den Chören Verdis „Nabucco“, Wagners „Tannhäuser“, „Lohengrin“ oder „La Traviata“ und „die Meister-singer“.

Eine grandiose Darbietung, ein erhebender Abend!