Turm / Etcetera 87 / Heftkünstler / Wilhelm Kollar

Ein Interview aus dem Waldviertel von Eva Riebler.

Lieber Willi, warum fandest Du von St. Pölten ausgehend ausgerechnet in Waidhofen/Thaya Deinen Wohnsitz und Lebensmittelpunkt?
Ausgerechnet trifft es ganz gut. Man rechnet seine Gröscherl zusammen, damals 1992, gab es die noch und schon kommt unterm Strich das Waldviertel heraus.

Ist die CORONA-Zeit wie ein starker, schneereicher Winter im oberen Waldviertel zu sehen?
Die Coronamaßnahmen haben jedenfalls bewirkt, dass ich seit deren Beginn kein einziges Bild mehr gemalt habe, das müsste von meiner Seite zu dem Thema genügen. Für mich als Winterhasser ist Schneereichtum nicht gerade das, was ich herbeisehne. Wenn im Oktober das Weiße Weihnachten Gesudere anfängt, unerträglich. Vor einigen Jahren war dem Maya Kalender angeblich entsprechend am 21. Dezember der Weltuntergang vorhergesagt. Als es just an dem Tag zu schneien begann, habe ich mir erlaubt zu posten: Juhu, Weißer Weltuntergang statt Weiße Weihnachten….

Unser Heftthema ist TURM: welche Bedeutung hatten je Türme für Dich? Was assoziierst Du mit Klangturm - Wehrturm …?
Türme interessieren mich kaum. Wir waren einmal beim ‚Schiefen Turm von Pisa’, den schiefen Turm von Pasadena wird kaum mehr jemand kennen, vielleicht der eine oder andere Tennisfan meiner Altersgruppe 70+.

Du widmest Dich seit über 30 Jahren ganz der Malerei. Siehst Du Änderungen in Deinem Programm, Malstil, Motivauswahl oder Malduktus …... ?
Man beginnt mit dem wahrscheinlich auch dir bekannten Ringen nach einer vom Gegenstand sich lösenden und dennoch nicht sinnbefreiten Art der Darstellung, in meinem Fall hauptsächlich figuraler Thematik. Nach etwa dreißig Jahren und sehr vielen größerformatigen Bildern kommt man zur Erkenntnis, dass man sehr viel gegeben hat und mehr nicht mehr möglich ist. Und um sich einen Jux zu machen, auch das vergönne ich mir liebend gern, bin ich zu gegenständlicherer Ausdrucksweise zurückgekehrt, altersbedingt auch irgendwie.

Hattest Du je nennenswerte Vorbilder?
Vorbilder gibt es viele; vorallem der abstrakte Expressionismus, wie bei Koonig oder Rauschenberg interessierten mich. In Österreich war es vielleicht Hoke und in der Zeichnung Alfred Karger.

Malstile, die dich inspirierten?
Malstil, da fällt mir Hrdlickas Ausspruch ein: Am meisten gingen ihm die Maler auf den Nerv, die schon einen Stil hätten. Die sagen dann: Heit hob i wieda mein Stil gmoit, vurmittog zwa Stund und nochmittog zwa Stund. Soweit Hrdlicka, den wir ganz gern haben und auch etliche schöne Radierungen von ihm. Ich male meinen Stil, daran hat er nicht gedacht, am späteren Abend, wenn draußen Ruhe herrscht.

Du liebst immer noch die Reisen in die Toscana. Was inspiriert Dich dort besonders?
Wir waren vor Coronazeiten etwa 60 mal in der Toskana, das heißt, hauptsächlich für Eleonore, für sie ist die Toskana ein Hauptmotiv ihrer Malerei. Ich betätige mich dann als Landschaftszeichner, auf meine figurale Malerei hat das keinen Einfluss. Ich bin hauptsächlich als Koch tätig und Dolmetscher für alle erdenklichen und unerwarteten Ereignisse zuständig.

Wie wichtig ist der Akt für Dich (auch seit 3 Jahren in Ton), bzw., wie profitiert der Aktmaler vom Skulpteur? …
man entscheidet sich früh für seine Vorliebe und das ist für Männer oft der weibliche Körper, das hat vielleicht mit der Erbmasse von Vatersseite zu tun, das zu erläutern würde hier den Rahmen sprengen, war aber Familientradition, solange man zurückdenken konnte. Es soll auch Männer geben, die Blumen malen, wahrscheinlich Gärtnererbmasse oder Rosenkavaliere.
Der Ton macht nicht nur die Musik auch Torsi. Tonkneten ist eine nette Abwechslung. Früher habe ich Töne am Tenorsaxophon produziert in der Band meines Freundes Dieter Hauk im 1. Kremser Jazzclub gemeinsam mit dem in St. Pölten vielleicht noch bekannten, leider bereits verstorbenen, Dr. Hans Parzer, mit dem ich zwei Jahre eine Studentenbude in Krems bewohnte, er spielte Trompete und es war gelegentlich laut in der Drinkweldergasse.

Du hast bereits im Stadtmuseum bei der Ausstellung ‚Künstlerpaare’ mit Deiner Frau Eleonore Hettl mitgemacht und hast 2021 in Waidhofen und Schrems ebenfalls gemeinsam unter dem Motto ‚Dialog’ ausgestellt. Jeder von Euch arbeitet für sich, wie inspirierend ist dann diese Zusammenschau?
Die Zusammenschau ist für uns nichts Neues, da wir die Zusammenschau täglich im Atelier haben und immer wieder feststellen, wie gut unsere Bilder harmonieren. Beide hätten wir ohne einander kaum dieselbe Entwicklung genommen.

Welche Gemeinsamkeiten von den Motiven her verbinden Euch?
Vom Malprozess, vom Arbeiten mit Ton …?

Von den Motiven her verbindet uns wenig, Elli malt hauptsächlich landschaftliche Motive, ich, wie schon gesagt, figurale. Der expressive Ausdruck der Malweise verbindet uns allerdings schon. Die selben Motive wären in einer so engen Gemeinschaft vielleicht mit Konfliktpotential behaftet, dem wir ohne es ausgemacht zu haben, einfach aus dem Weg gehen.

Kann man/Mann sich so abschotten, dass jeder Pinselstrich ohne Beeinflussung bleibt?
Du meinst in der Partnerschaft? Oder wovon abschotten? Ich für mich, bin nicht von Ellis Malweise beeinflusst. Es ist umgekehrt auch von ihrer Seite nicht gewünscht, so zu malen, wie ich. Aber vielleicht um eine Nuance mehr, als von meiner Seite, obwohl ich ihre Malerei sehr schätze, vielleicht sogar mehr, als sie selber es tut.

Zum Abschluss zurück zum Heftthema TURM: welchen Turm würdest Du am liebsten übermalen, bemalen oder erst errichten?
Ich bin in der Franziskanergasse, Hauseingang Bräuhausgasse aufgewachsen und das Franziskanerkloster gehörte vom Keller bis zur Turmspitze uns Buben, sehr großzügig geduldet von den holländischen Patres. Ich glaube kaum, dass Kinder heute so etwas erleben können. Daher vielleicht der damals auch etwas schiefe Turm der Franziskanerkirche, den ich am liebsten hätte. Allerdings übermalen, bemalen oder gar errichten würde ich mir nicht erlauben.

Dann danke lieber Willi, ich habe mich gefreut, wieder mal von Dir zu hören und so viele Bilder im Heft sehen zu können!

Wilhelm Kollar
1950 in St. Pölten geboren. Matura im Mus.- Päd. Realgymnasium St. Pölten, dann Pädagogische Akademie in Krems, anschließend Lehrer in St. Pölten. Ab Ende der siebziger Jahre intensive Beschäftigung mit bildender Kunst (Autodidakt) und seit 1979 ausschließlich als Künstler tätig.
Seit 1983 Beteiligung an den Jahresausstellungen des St. Pöltner Künstlerbundes und Mitglied seit 1986. Seit 1987 gemeinsames Atelier und Ausstellungstätigkeit mit Eleonore Hettl, seit
1992 lebt er, gemeinsam mit seiner Gattin, der Malerin Eleonore Hettl, in Buchbach, einem kleinen Waldviertler Ort in der Nähe von Waidhofen an der Thaya.
Bevorzugte Techniken: Acryl auf Leinwand, Zeichnungen oder Temperamalerei auf Papier und zuletzt Tonfiguren im Schaffelbrand mit Eisenoxyd gebrannt.

Kunstmessen: Wien, Kunstmesse Hofburg (Rondula) | MAK (Maringer) | Gent, Lineart (Rondula) | New York, Art Expo (Angerer) Salzburg (ArtLarson) | Dornbirn (Angerer)

Ausstellungen:
Galerie Am Salzgries, Wien | Galerie Prisma, Wien | Kunstraum Wohlleb, Wien | Galerie Rondula, Wien und Lienz | Galerie Maringer, St. Pölten | Galerie Vienna, Mödling | Galerie Am Doktorberg, Kaltenleutgeben | Galerie Kranister, Klosterneuburg | Kokoschkahaus, Pöchlarn | Kunstforum Waldviertel, Schrems | Galerie Zur Ebenen Erd, Korneuburg Galerie lhm, Stockerau | Galerie Untergrub | Heimatmuseum, Waidhofen/Thaya | Alte Schmiede, Schönberg | Stadtmuseum St. Pölten | Ernst Korefstiftung Ursulinenhof, Linz | IMG Center, Traun | Galerie Dida, Graz | Galerie Andreas Lendl, Graz | Galerie Dobida, Weiz | Galerie Angerer Vomperbach | Altstadtgalerie, Hall | zuletzt: 2021 Kunstmuseum Waidhofen und Kunstmuseum Schrems „DIALOG: Eleonore Hettl und Wilhelm Kollar“ Malerei und Skulptur.

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