Julian Schutting: Das Los der Irdischen

Cornelia Stahl

Julian Schutting:
Das Los der Irdischen

Bildervon Albin Schutting
St. Pölten: Literaturedition
Niederösterreich, 2022
373 Seiten, Halbleinen
ISBN: 978-3-902717-67-2

An der Schank beim Gästetelephon … stand Julian Schutting und versuchte, mit Ilse Aichinger ein Treffen zu vereinbaren, so erzählt der Autor die Szene, die zugleich cineastisch anmutet. Vorliegende Texte entstanden für das Projekt der „Alten Schmiede“ Wien, zu Ehren Ilse Aichingers, das sich auf ihr Werk „zu keiner Stunde“ bezog. Ähnlich wie Aichinger, die darin Dialoge und Szenen präsentiert, geht auch Schutting vor, unterteilt seine Publikation in fünf Abschnitte, beginnt mit „Das Los der Irdischen“ (wo nicht vor Troja gefallen) – einem Volksstück. Originalschauplätze und Personen montiert der Autor als Versatzstücke in vorhandene Textpassagen: Den „Türkenschanzenpark“ ebenso wie „Gratulanten aus Krems“, S.41. Seine Dialoge zwischen demenzkranken Pflegeheim-Bewohnerinnen und Betreuerin(en) spiegeln Alltagsszenen einer alternden Gesellschaft.
Der Gegenwart entnommen scheint auch die Figur „AHITLER“ in mehrerlei Gestalt aus „Ein Stück Hitler“, S.116. Hitler als Diktator, verantwortlich für die Shoah, findet gegenwärtig dennoch Nachahmer: „Der FALSCHE HITLER, um Hitler-Tonart bemüht.(...) Adolf-Hitler-Platz, der bin nun ich!“, S.117. Der dritte Abschnitt „Ilse Aichinger zu Ehren“ präsentiert Mini-Dramolette, die im Subtext die Verehrung des Autors für Aichinger entfalten. In den Teilen vier und fünf erzählt Schutting von Begegnungen zwischen Kindern und Erwachsenen.
Hauptaugenmerk legt Schutting auf das Dialogische.
Die Spiegelung in einem Gegenüber. In seinen Werken verfließen nicht selten die Grenzen zwischen den einzelnen Gattungen Lyrik und Prosa, bemerkt Gerhard Zeilinger im Nachwort. Des Neffen Albin Schuttings sparsam eingesetzte Bilder ergänzen die Texte idealerweise. Julian Schuttings, geboren im Oktober 1937, kann auf zirka sechzig Veröffentlichungen verweisen. 2021 erschien: Die Winterreise. 2022 erhielt Schutting den H. C. Artmann-Preis für seine Lyrik.

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