Dieter Lamping: Kafka und die Folgen

Eva Riebler

Dieter Lamping:
Kafka und die Folgen

J. B. Metzler Verlag/
Springer Verlag
2017, 184 Seiten
ISBN 978-3476026538

Dieter Lamping ist ein profunder Kafka-Kenner, gab er doch bereits 1998 den Band: Von Kafka bis Celan. Jüdischer Diskurs i. d. dt. Lit. d. 20. Jhdt. sowie 2007/2008 in Zusammenarbeit mit Sandra Poppe: Franz Kafka.
Gesammelte Werke heraus. Er widmet sich dem von Max Brod herausgegeben Nachlass, den Briefen, Schriften und Tagebüchern. Er stellt die Frage der Anständigkeit, Werke herauszugeben, die für die Vernichtung bestimmt waren und führt dokumentarisch an, dass Max Brod bereits 1921 (3 Jahre vor Kafkas Tod) versichert hatte, dies nicht zu tun.
Der erste Roman, den er herausbrachte, „Der Prozess”, vollendete den Ruhm Kafkas. Lamping beschäftigte sich auch mit der interessanten Rezeption bei Albert Camus, der Kafka als existentiellen Denker klassifizierte, Elias Canetti oder Herman Broch sowie Walter Muschg, der in Kafka den Meister der kleinen Form sah. Wir stimmen mit Muschg überein, der in seinen Erzählungen „die größte Konzentration, die größere sprachliche Könnerschaft, die größere Geschlossenheit”… sah.
Kafka war ein skeptischer Mensch, der sogar mit dem „Heizer“ unzufrieden war. Er nannte letztere eine „glatte Dickens-Nachahmung“. Lamping schildert Kafka als dermaßen zurückhaltende Person, die von ihrem sozialen Unbehagen und ihrer existentiellen Spannung, die manchmal in Verzweiflung, nicht selten auch in Bosheit sich fortsetzte (S. 102), nicht viel nach außen dringen ließ. Er zitiert Brod zum Äußeren, zum Gehabe und zum Eigensinn Kafkas, unter dem seine erste Verlobte Felice Bauer wohl am meisten zu leiden hatte.
Lamping beschäftigt sich intensiv mit der Literatur über Kafka und der Imagination der Person neben dem poetischen Werk. Er zeigt den letzten großen jiddischen Vertreter der Literatur (den Kafka so verehrte) – den Nobelpreisträger Isaac Bashevis Singer – als Ablehnenden in der künstlerischen Gefolgschaft Kafkas. Trotzdem sieht Lampert in Kafka eine wegweisende Figur der Moderne, deren Ausstrahlung weit über die Literatur hinausgeht.
Ein tolles Buch der Kafka-Rezeption!

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