Annett Krendlesberger: Zwei Blatt und zwei

Klaus Ebner

Annett Krendlesberger: 
Zwei Blatt und zwei

Bibliothek der Provinz: 
Wien 2018, 140 Seiten
ISBN 978-3-99028-740-8

Gefühlschaos.

Es ist das Chaos der Gefühle, das über die Icherzählerin Ursula hereinbricht: Ihr Kollege Magnus, in den sie wohl insgeheim verliebt ist, beginnt eine Liebesaffäre mit einer gemeinsamen Kollegin. Ursula wird von den eigenen, zwiespältigen Empfindungen überwältigt, nimmt Urlaub und reist nach Rom ab, wo ihr die Wohnung einer Freundin offensteht. Beherrscht werden die einzelnen Stationen der Reise von Ursulas Gedanken, von ihren Überlegungen, die allesamt um Magnus, dessen neue Liebe und Ursulas Gefühle kreisen.
Annett Krendlesberger deklariert ihr Buch als »Prosa«, doch im Grunde bilden die zwanzig Texte die Kapitel eines Romans; daher sollte man diese chronologisch lesen. Geschrieben wurden sie in einer Art innerem Monolog, mit vielen kurzen Sätzen, abgehackt und elliptisch, scharf beobachtend und eindringlich. »Eiswind in der Halle, Gate F. Jeff zieht den Koffer. Er besteht darauf. Mausegrau, mausegrau. Und da, der Fette mit Frau.« (S. 16) Anfänglich mag der Stil gewöhnungsbedürftig sein, doch entwickelt er rasch einen starken Sog und Lesende fühlen sich in die Protagonistin ein, sehen die Personen, die ihren Weg kreuzen, mit ihren Augen, verfolgen ihre Kommentare, die mitunter herablassend wirken, aber auch vor intrinsischer Selbstkritik nicht Halt machen. Die Prosa dieses Buches ist naturgemäß gespickt mit Umgangssprachlichem, ebenso wie mit wienerischen Ausdrücken und italienischen Satzfetzen. »Che tempo fa oggi? Wolkenlos und heiter ...« (S. 114). Die unterschiedlichen Sprachregister und der unmittelbare, direkte Schreibstil bewirken ein authentisches Miterleben.
Die 1967 in Wien geborene und lebende Autorin studierte Philosophie, Theaterwissenschaft und Betriebswirtschaft. Eine interessante Kombination, die, zusammen mit ihrer Berufserfahrung Krendlesbergers Literatur auf angenehme Weise bereichert. 
Das Buch »Zwei Blatt und zwei« ist jedenfalls eine lohnende Lektüre.

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