63/Alles Theater: Eva Riebler-Übleis im Gespräch mit dem Schauspieler, Regisseur und Autor Klaus Haberl

Klaus Haberl
Auf der Bühne des Westend

Auf der Bühne des Wiener Cafés West trafen der Schauspieler, Regisseur und Autor Klaus Haberl und Eva Riebler-Übleis einander.

Auf den Schultern berühmter Vorläufer hat man eine bessere Startposition. Könnte man bei Dir als Sohn eines NÖ/Wiener Bäckermeisters Ferdinand Raimund als Vorbild sehen?

Ja, ich sehe mich schon in der Tradition des Volkstheaters, wobei es bei mir im Bereich des „Zeitgenössischen Volkstheaters“ liegt. Es gibt natürlich die Parallele des Dramatikers und Schauspielers.

Du schreibst Theaterstücke und spielst im eigenen Stück dann die Hauptrolle, die Du Dir auf den Leib geschneidert hast.

Das ist bei mir nicht wie bei Nestroy oder Raimund, ich habe bis jetzt noch keine Rolle in einem von mir geschriebenen Stück gespielt!

Aber ich kenne Dich doch aus St. Pölten als Schauspieler diverser Stücke und Deinem Stück „Lieblinge des Himmels“!

Ja, „Lieblinge des Himmels“ war ein Stückauftrag, den ich von Isabella Suppanz, der Intendantin des Landestheaters bis 2012, bekommen hatte. Ich habe es geschrieben und mit dem Ensemble des Landestheaters selbst inszeniert. Leider ist es ja so, dass bei der Neuübernahme das bestehende Ensemble zu großen Teilen ausgetauscht wird.

Das heißt, Du hast Dich ab 2012 vermehrt auf das Schreiben verlegt?

Ich beschäftige mich schon seit Langem mit dem Schreiben. Um das nötige Geld zu verdienen, bin ich allerdings schon auf Aufträge als Schauspieler und Regisseur angewiesen!

Der Lyrikband, der unter den Rezensionen dieses Heftes vorgestellt wird, ist ja bereits Dein zweiter Band.

Ja, „Auf den Treppen der Erde“ ist im Juni 2015 in der Edition Lex Liszt 12, das ist die Hausnummer des Verlagsleiters, erschienen.

Ist dies ein Band, der eine persönliche Betroffenheit wegen des Verlustes des festen Arbeitsplatzes in St. Pölten beinhaltet?

Nein, das wäre für mich kein adäquater künstlerischer Ausdruck! Persönliche Betroffenheit interessiert den Leser, die Leserin nicht.

Du bist also kein Wiener Raunzer?

Ich bin zwar Wiener, aber zu raunzen und zu jammern zieht einem runter! Ich brauche einen klaren Kopf und Energie für meine derzeitige Arbeit.

Was sind Deine derzeitigen Arbeitsbereiche?

Ich inszeniere im Moment die Boulevardkomödie „Hier sind Sie richtig“ von Marc Camoletti und im Februar beginnen die Proben zu „Becket oder die Ehre Gottes“ an der Freien Bühne Wieden, wo ich spielen werde.

Welches ist Dein Favorit?

Wenn ich mich entschließe, eine Arbeit zu machen, ist sie für mich gleichwertig, egal ob als Regisseur oder Schauspieler. Wobei die Regieaufträge im Moment zahlreicher sind, als die Engagements als Schauspieler. Ich freue mich sehr im Sommer mit dem Ensemble der Volksbühne Waidhofen an der Ybbs das Stück „In 80 Tagen um die Welt“ zu inszenieren. Dies ist bereits meine 3. Inszenierung für die Sommerspiele Waidhofen. Das Theater lebt thematisch von den großen Themen Liebe, Lust, Leid und Tod!

Welche interessieren Dich am meisten?

Im Moment ist es so, dass die Arbeiten im Komödiantischen liegen! Das heißt die Lebenslust steht im Vordergrund.

Wirst Du dabei lustiger?

Natürlich ergibt sich dadurch auch eine Leichtigkeit und die Möglichkeit die Dinge nicht allzu ernst zu nehmen.

Färbt dies auch auf das Privatleben ab?

Das Familiäre ist für mich stets das Hauptsächliche und stellt für mich eine wesentliche Grundlage dar. Authentisch in der Lyrik oder als Schauspieler ist man aber vor allem aus der persönlichen Gefühlswelt heraus. Auch das moderne Theater geht Richtung Eingemachtes, d.h. „das Herz aus der Brust reißen“. Natürlich ist die Wurzel für den künstlerischen Ausdruck persönliches Erleben! Ich bin allerdings der Überzeugung, dass ein allgemeingültiger Ausdruck eine Überhöhung braucht. Wenn persönliche Betroffenheiten im Vordergrund stehen, wird der Betrachter eines Stückes oder der Leser eines Buches unfreiwillig zum Voyeur. Es liegt anscheinend in der Natur des menschlichen Lebens, dass wir mit den oben beschriebenen Themen konfrontiert werden. Es gibt eben auch die Schattenseiten des Lebens!

Ist das Theater ein Instrument zur Lebensbewältigung?

Ich meine, dass das Theater nicht dazu da ist, um persönliche Dinge zu klären. Es hat mit Psychoanalyse nichts zu tun. Theaterspielen als Therapie ist wie malen oder musizieren aus diesem Grund und hat mit der universellen Funktion der Kunst ja nur wenig zu tun. Findest Du, dass der Zugang zur Kunst durch Therapieformen möglich sei? Das glaube ich schon, allerdings ist es dann eine ganz klare therapeutische Form. Im Bereich des professionellen Schauspiels oder des Regiebereichs wird es wohl jedem Menschen selbst überlassen sein, bis zu welchem Grad er persönliche Dinge zulässt.

Als Pädagoge wollte ich stets den Zugang zum Theater durch Vermitteln von Schülervorstellungen im Klassenzimmer oder im Theater aufbereiten. Wie überwindet man Deiner Meinung nach die Schwelle?

Ich glaube in unserer hochdigitalisierten Welt hat es das Theater nicht leicht, Jugendliche zu erreichen! Es beginnt schon damit, dass es kaum Stücke gibt, die sich mit ihrem persönlichen Leben auseinandersetzen.

Auf diesem Sektor hat sich in den letzten 20 Jahren ja viel getan. Denkt man an die Kinder- und Jugendbücher oder –stücke!

Das stimmt, das ist natürlich eine sehr positive Entwicklung. Trotzdem scheint es nach wie vor so zu sein, dass das Theater für Jugendliche keine wirkliche Attraktivität darstellt!

Vielleicht ist es so, wie überall in der Kunst! Kunst ist ein Minderheitenprogramm und wird nur von 4% der Bevölkerung angenommen…

Tatsächlich? Dann ist Kunst ja ein reines Luxusprodukt! Es ist ja so, dass man sie für das Leben nicht wirklich braucht! Allerdings weiß ich, dass sie für viele Menschen lebensnotwendig werden kann! Unter Umständen sogar lebensrettend!

Und wer ist ein guter Schauspieler oder Stückeschreiber?

Zuerst muss er das Handwerkszeug haben und dann wird jemand, der eine reiche Lebenserfahrung hat, ein facettenreicher Künstler sein! Das heißt, wo Leid ist, ist Freude! Der Künstler schöpft aus beiden!


Klaus Haberl
Geb. 1957 in Wien ist Schauspieler, Regisseur, Dramatiker und Lyriker. Engagements u. a. am Volkstheater Wien, Theater in der Josefstadt, Städtische Bühnen Münster, Wiener Festwochen Soloprogramm „ich will kein inmich mehr sein“ in Frankfurt, Budapest und Wien Freie Theaterszene Wien. 2007 - 2012 Ensemblemitglied am Landestheater Niederösterreich. Film – und Fernsehen u. a. „Der Leihopa“, „Der Tod des Tänzers“ (Tatort), „Heldenfrühling“, „Die Leute von St. Benedikt“, „Kommissar Rex“.