Jazz

Kenny Garrett Quintet. Rez.: Eva Riebler

Eva Riebler
Jazzdialoge

Kenny Garrett Quintet
Seeds from the Underground
In Kooperation mit den Jazzfreunden Bad Ischl

Salzkammergut Festwochen Gmunden, Stadttheater Gmunden 25.7.13, 19.30 Uhr


Geschwindigkeit und voller Klang von der ersten Sekunde, Forte bis Pianissimo, rund, voll und mitreißend, kraftvoll tritt vor allem Kenny Garret, der lange Zeit im Duke Ellingtons Orchester, Art Blakey und bei anderen GröߟŸen spielte, in Dialog mit einzelnen Instrumentalisten. Improvisation und das Eingehen der Virtuosen auf einander bereicherte die Stücke. Die Fingerfertigkeit nicht nur des Klavierspielers Vernell Brown sondern des Bassisten Corcoran Holt wie des Bandleaders Garrett waren unüberbietbar. Die Rhythmik und Lockerheit des Perkussionisten Rudy Bird weichten auch die letzten starren Züge einiger weniger Besucher auf. Das Zwiegespräch zwischen Saxophon und Drums wurde im 2. Stück zwischen Sax und Schlagzeug weitergeführt, im dritten mit dem Piano und weiters mit dem Bass. Der Dialog fand auch durch den Beifall mit dem Publikums statt und steigerte sich zu schweißtreibenden Standing Ovations.

Ein wirklich toller Jazz-Abend. Der beste improvisierte Jazz!

35. Internationales Jazzfestival Saalfelden 28. bis 31. August 2014

Eva Riebler
Ein Festival, das lustvoll gegen den Mainstream schwimmt.

Bei der Eröffnung des Jazzfestivals durch Politiker und Veranstalter auf der MainStage wird eine erfreuliche Bilanz gezogen. Nach 35-jährigem Bestehen und einem Fast-Zusammenbruch 2006 sind die Finanzierung und somit der Fortbestand langfristig abgesichert. Die Unterstützungen konnten erhöht werden. Die MainStage-Veranstaltungen im Kongresscenter Saalfelden sowie die täglichen zwei ShortCuts im NEXUS sind voll ausgebucht.

Gratis wie jedes Jahr sind die Veranstaltungen auf der CityStage, die Konzerte im Zelt am Rathausplatz. Diese beginnen bereits am Donnerstag 18.30 Uhr mit dem Titi Robin Trio, anschlie߃ƒŸend mit der Budapest Bar, Freitag mit Fatima Spar & Jazzorchester Vorarlberg und Roy de Roy, Samstagvormittag mit 5/8erln in Ehren sowie Klangkombinat Kalksburg.

Kostenlose Konzerte werden je zwei Almkonzerte um 11 Uhr am Samstag (Nicolaj Efendi and the Red Wine Conspiracy, Cafe Drechsler) und am Sonntag angeboten auf Almen zwischen Saalfelden und Leogang (Alma, Stelzhamma) sowie eine Kinderbühne mit dem Kinderkonzert: Jakobs Manege.

Mit den Gratis-Events ist auch für nahe Wohnende oder Saalfeldner das Verständnis für mögliche Unbill (Sperrung des Rathausplatzes ..), die vielleicht so viele Konzertbesucher verursachen könnten, oder die Anbindung an Jazzmusik gegeben. So gewinnt ein internationales Festival auch die Herzen der Einheimischen.

 

Donnerstag 28.8.14 ShortCuts im Kunsthaus NEXUS
21:30 Uhr Hang Em High
Bond -2 String slide bass, low end modulation
Lucien Dubuis - Sax, Clarinets
Alfred Vogel - Drums, Pots & Pans & Junk Percussion

Dies war der Westerntitel der ersten CD, nun wird die zweite CD, die seit wenigen Tagen am Markt ist, vorgestellt. Titel: "Beef and Bottle". Mit Nice pieces, Circius Maximus, Adges oder The low high ist eine gute Mischung von zart bis kräftig, von lustvoller Interpretation und Soundvariationen gelungen. Ein guter Einstieg in das Festival!
 

23:00 Uhr Nels Cline & Marc Ribot
Nels Cline - Guitar, Marc Ribot - Guitar

Marc Ribot wird morgen als Solist und Nels Cline im Laufe des Fetivals mit Ben Goldberg spielen. In diesem Konzert geht Marc Ribot intensiv auf Nels Cline ein und wandert parallel, dann wieder kontrastiert er und endet schlieߟŸlich in den letzten beiden Pieces bei einer äußerst starken Klangplatte des Synthesizer-Noise. Keine Spur von Softtonic, ein unablässiges und sehr metallenes, verschliffenes Trommelfeuer.
 

Freitag 29.8.14 MainStage
19:00 Uhr Philipp Nykrin`s Wire Resistance, Österreich

Wie von der Festival-Organisation gefordert, bringt Nykrin als Starter auf der MainStage neue Kompositionen inklusive neuem Arrangement an Musikern auf die Bühne. Mario Rom - Trumpet, Fabian Rucker - Tenor Sax, Clarinet, Synthesizer, Stephan Kondert - Bass, Andreas Lettner - Acoustic, Electronic Drums.

An der Schnittstelle zwischen klassischem Jazz und Elektronik bringt Nykrin seine wohl temporierten, ruhigen Stücke. Er überbrückt die Gegensätze zwischen elektronischen und akustischen Sounds gekonnt. Teils kontemplatorisch teils luftig tragisch, stets inbrünstigen in der Interpretation.
 

20:30 Uhr Marc Ribot Solo "Protest Songs", USA

Marc Ribot ist in Saalfelden gern gesehen, er ist ein vielseitiger Musiker, der meint: Auf der Gitarre kann man auch spielen! Nun im Gegensatz zum vort&aaumlgigen Elektronik-Jazz auf der Gitarre, begleitet er seine Protestsongs mit der einfachen Gitarre. Dass das keine schlichten Songs wie bei Bob Dylan sind, ist klar. Er bricht die Strukturen des Liedhaften und des Textes, witzelt und ist dialektisch unterwegs. Im Mittelpunkt seiner Vorlagen und handschriftlichen Aufzeichnungen, die wie achtlos verstreute Papierschnitzel anmuten, sitzt er und erzählt lakonisch, wogegen er protestieren möchte. Zum Beispiel gegen "The Empire State Building", gegen die "White People", die sich selber mit ihren Abbildungen oder in den Movies beklatschen und so attraktiv finden. Auf diesen Protestinhalt kam er beim Anschauen eines Hollywoodfilms von Julia Robert, den er ohne Ton im Flugzeug hörte. Sein skurrilster Songtext war der Anti-Santa-Claus Song. Santa Claus als Motherfucker und Kinderschänder ist wohl etwas Neues! "Presents I like sometimes" als Schlusszeile bricht dann die Beleidigungen an den Wheinachtsmann. Genauso verhält sich der Inhalt seines Songs, handelnd von einer mexikanischen Frau, die ihren/einen Mann aufs Gröbste betitelt und beschimpft und trotzdem mit ihm zusammen ist.

Dazu passen seine persönlichen Protestsongs "Beeing Insane" und "I´m a Pilgrim of Sorrow", "Protest against my Body". Dieser letzte Song ist wie der "Master of the Internet" aus seiner CD "Ceramic Dogs" entnommen. Man höre - auch gegen Brücken kann man sein: "Against Bridges" ist gegen die Brooklyn-Bridge, in seiner Heimatstadt NY.

Seine Songs leben nicht von den Gitarreklängen und nicht von seiner tollen Stimme, sondern vom Text: Auf Österreichisch würden wir sagen, seine irrwitzigen Inhalte leben von Schmäh & Schmähung!
 

22:30 Uhr Amir ElSaffar Quintet "Alchemy", USA, Norwegen, UK

ElSaffar, überbrückt zwei Kontinente: 1977 in Chicago geboren, suchte 2002 im Iran die Wurzeln seines väterlichen Erbes und verband in seiner Two River-Music€ beide Musikströmungen. Hier auf der MainStage brachte er exzellenten ausgewogenen Jazz mit einem unheimlich talentierten Saxofonisten, mit Ole Mathiesen, auf dessen Klänge man wartete und dem man viel länger und öfter gern gelauscht hätte. Ein Lied brachte die Reminiszenz an den Irak in diesem ruhigen, levantinischen Maqam-Stil. Ein kraftvolles, großartiges Konzert!
 

23:20 Uhr The Young Mothers, USA, Norwegen

Eine tolle, lautstarke Performance des norwegischen Bassisten Ingerbrit Haker-Flaten und seinen Musikern aus Austin und Texas. Zum ersten Mal in "good old europe" spielend brachten sie wirklich eine unorthodoxe Mischung, die an die 70er Jahre genauso wie an Rap oder Hip-Hop erinnerte. Wunderbar exzessiv malträtierte Jonathan Horne mit dem Geigenbogen seine Gitarre und Haker-Flaten sein Bassinstrument! Man dachte: Keine Spur von Konsens oder Homogenität und doch fügten sich und fanden die Instrumente wieder klanglich zusammen eine wunderbare Überbrückung und Zusammenführung!

Eine varianten- und zitatreiche Vorstellung, die wirklich extrem wild, frech und hervorragend war! Disziplin in Lautstärke und Konzept war trotzdem vorhanden. Will man das junge Publikum anziehen ann auf diesem gelungenen Weg.
 

Samstag 30.8.14
15:30 Uhr Mühlbacher´s USW, ֖–sterreich

Die 17-köpfige Band spielt seit 1997 und gab eine grandiose Vorstellung zwischen Noise, Klang und perfektem Rhythmus. Immer wieder Reibungsflächen und dann ein groߟartiger homogener Ensembleklang!
 

17:00 Uhr Ben Goldberg Quintett "Unfold Ordinary Mind" USA

Viele Titel aus der Geometrie, wie "Elliptical", "Parallelogramm" machten neugierig auf die Umsetzung. Der Aufbau war stets ausgewogen und geometrisch angelegt. Ben Goldberg gab mit seiner Klarinette dem Gittaristen Nels Cline oder seinem Lieblings-Saxophonisten Rob Sudduth sein Kontra. Der stete Zusammenklang aller Instrumentalisten nach einem Soli ergab einen vollen, choralartigen Klang.
 

18:30 Uhr KAZE "Tornado", Quartett aus Japan, Franc
Satoko Fujii/P, Natsuki Tamura/Tr, Christian Pruvost/Tr, Peter Orins/Dr

Ein wunderbares minimalistisches Konzert! Die Instrumente erklangen als Tierstimmen, fauchten oder miauten wie Katzen, muhten, blökten, vibrierten ungestüm, gaben einander Antwort oder redeten durcheinander. Ein ausgelotetes Tonarsenal, das aus dem Hintergrund zuerst verhalten klang, sich entfesselte und in den Vordergrund drängte. Akustischer Jazz in voller Breite, aufregend, spannend und dynamisch!
 

21.30 Uhr Henry Threadgill "Ensemble Double-Up", USA
In Remembrance of Lawrence D. "€œButch" Morris "Old Locks and Irregular Verbs"

So frei und oft fröhlich sich die Solostimmen in den vorangegangen Konzerten entfalten konnten, so beengend und ernst geht es nun auf der Bühne zu. Threadgill ist der Prototyp eines Masters of Conductor. Autoritär führt er sein 7-köpfiges Ensemble, im ersten Akt vom Stehpult seitlich und dann mittig dirigierend. Die Hommage an den im letzten Jahr verstorbenen Butch Morris ist ihm ein Anliegen. Dieser hatte keine Noten, keine Partitur sondern 32 vereinbarte Zeichen mit seinen Instrumentalisten ausgemacht. Threadgill benützte ebenso bloß grafische Aufzeichnungen und keine Noten im klassischen Sinn dies ist sein Widerstand. Vielleicht ist auch sein sparsames, sporadisches Eingreifen in das Ensemble-Geschehen Programm des Widerstandes. Das gleichzeitige Kontrastieren z. B. der beiden Pianisten (Jason Moran, David Virelles) im gemeinsamen "Double Up" ist Umsetzung des Namens sowie Programm! Das Einhalten der Form hat Vorrang und siegt dann stets mit oder ohne Eingreifen Threadgills über den individualistischen Cuts. Daher vielleicht weniger lustvoll, dafür kompositorisch geschlossen!
 

Die anschließenden Konzerte: 23:20 Uhr Erik Friedlander "Black People", USA, Japan und 00:50 Uhr Roy Paci & Corleone "Blaccahenze" mit seiner 6-köpfigen Band aus Italien waren sicher hochkarätig, fielen jedoch leider der Müdigkeit der Rezensentin zum Opfer.
 

Sonntag 31. 8. 2014, 14:00 Uhr
Gradischnig/Sax, Nagl/Sax, Herbert/Bass, Vatcher/Dr "A Day in My Life"

Der Beatles-Song diente als Konzept und Assoziations-Vorlage für eine Reihe von kurzen harmonischen Pieces, die jeder der 4-köpfigen Band entwarf. Max Nagl steuerte mehrere kurze Stücke,wie z.B. "unterwegs", "half hours" oder auch "Roy Nest", das Nestroy gewidmet ist, bei. Facettenreich und jeweils individuell geprägt, steht meist ein Instrument im Vordergrund, auf das sich die anderen einlassen. Das Altsaxophon tauscht sich mit dem Tenorsaxophon aus und Michael Vatcher antwortet einfühlsam mit den Drums. Bei "half hours" oder "Traumschlaf" denkt man an eine romantische Reise. Das Elegische, die gleichförmig aufgebaute Melodie, z.B. auch in der Zugabe mit dem Titel "€žbipolare Nachtruhe", wird stets wieder abgeschüttelt und lustvolle Rhythmen und Klänge herrschen vor.
 

15:45 Uhr Sylvie Courvoisier Trio "Double Windsor", Ch, USA
Sylvie Courvoisier/P, Drew Gress/Bass, Kenny Wollesen/Drums

Auch hier ist der Dialog der Instrumente angesagt! Ein Aufeinander-Eingehen und harmonische Linienführung sind ein Muss! Nuancenreiche, akzentuierte Klänge in ä„uߟerst raschem Tempo. Gratulation der Klaviervirtuosin!!
 

17:30 Uhr Get the Blessing "Lope and Antilope", England
Jim Barr/ Bass, Jake McMurchie/Sax, Pete Judge/Trump, Clive Deamer/Dr

Englisch diszipliniertes Spiel im schwarzen Anzug, kräftig, zwar laut, aber nicht furios! Das erste und das letzte Stück "Cake" überzeugten in ihrer subtilen Abweichung von den übrigen besonders!
 

19:30 Uhr Stirrup "Sewn" USA
Fred Lonberg-Holm, Nick Macri, Charles Rumback

Das Trio entstand aus der Band Horse´s Ha. Der Name Stirrup heißt bezeichnender Weise Steigbügel. Der Galopp war sozusagen vorprogrammiert und äuߟŸerst intensiv und gleichbleibend wie gleichförmig. Durch den ständigen starken Elektronik-Einsatz war der Klang stets "psychedelic", jedoch etwas stereotyp von Anfang bis Ende durchgestylt!
 

20:50 Uhr Trio Joachim Kühn invite Archie Shepp "Voodoo Sense"
Germany, USA, Morocco, Spain
Archie Sheep/Sax, Joachim Kühn/ P, Majid Bekkas /Guembri, Vocals, Kalimba, Balafon, Ramon Lopez/Drums, Percussion

Joachim Kühn hatte in den frühen 60ern bereits als einer der Ersten NY besucht und dort wie Archie Shepp John Coltrane kennen und lieben gelernt. Beide spielen intensiv die Kadenzen rauf und runter und laden zur Bewegung ein. Das Saxophon positioniert sich immer wieder selber und nimmt sich diskret zurück, um andere Instrumente in den Vordergrund zu lassen. "Nina", eine Kostprobe aus der neuen CD, in der Archie Shepp mit Joachim Kühn am Piano spielen wird, fand begeisterten Anklang beim Publikum.

Dass dies das Highlight des 35. Jazzfestivals war, versteht sich von selber! Ein freudiger Tribut an den Afro-Amerikanischen instrumentalen Jazz der guten alten Zeit! Die Singstimme Majid Bekkas zu seiner Guembri gab dem Konzert die epische nordafrikanische, marokkanische Note!

Joachim Kühn genauso wie Satoko Fujii und Sylvie Courvoisier waren das Publikum begeisternde Klaviervirtuosen mit extrem schnellen Tempi.

 

Ein glanzvoller Schlusspunkt für eine heuer besonders gelungene Auswahl der internationalen Spitzenklasse-Musiker, Musikgruppen und Musikarrangements!

Die zahlreichen weiblichen wie männlichen Klaviervirtuosen sowie das widerständische Kontrastieren und anschließende Brückenschlagen waren sicher ein gelungenes Markenzeichen des heurigen Jazzfestivals.

Jazzfestival-Saalfelden, ein auch organisatorisch bestens betreutes Festival, das man so in Österreich nicht findet!

Dangerous Liaison: Jazz Bigband Graz. Rez.: Eva Riebler

Eva Riebler
Klassik goes Jazz

  

Dangerous Liaison
Jazz Bigband Graz

Festspielhaus St. Pölten, Großer Saal
05.11.12, 19.30 Uhr
Tonkünstler-Orchester Niederösterreich, Orchester
Solist: Wolfgang Puschnig, Saxophon
Dirigent: Ari Rasilainen
Programm:
Horst-Michael Schaffer: "Coming home" (in Zusammenarbeit mit Heinrich von Kalnein)
Duke Ellington: Suite aus dem Ballett "The River" (Arrangement: Ron Collier),
1. Satz ("Spring") Suite aus dem Ballett "The River" (Arrangement: Ron Collier),
2. Satz ("Meander") Horst-Michael Schaffer: "Shades of Tango" (Arrangement für Saxophon, Jazz Bigband und Orchester: Colin Towns)
Bert Joris: "Dangerous Liaison", "Alone at last"

Die 16 Musiker der Jazz Bigband Graz bezeichnen sich selber als bunte Hunde, in Wirklichkeit hat Können und Qualität nichts mit gesittetem Auftreten, Outfit und Haltung zu tun. Regeln sind gut, auch die, wer zuerst im Orchester den Ton einstimmen darf, jedoch dürfen Regeln nicht das Fließen und Überfließen der Musik bis hin zum Groove, Swing, Tango oder Minimal Music einengen. Die 16 könen das sowieso hervorragend und haben es auch den NTO-Ensemble-Mitgliedern gezeigt. Bei der zweiten Zugabe war der tiefe Orchestergraben zwischen Jazzer und klassischen NTO-Instrumentalisten bereits zusammengewachsen und die Freude war beiden Ensembles ins Gesicht geschrieben. Als Vermittler fungierte nicht nur der Dirigent Ari Rasilainen und der Saxophonist Wolfgang Puschnig, sondern auch der Klarinettist Peter Auer und der Saxophonist Horst-Michael Schaffer. Gemeinsam gelingt die Dangerous Liaison und alone at last aber gestärkt und beschwingt gehen die NTO-Künstler hervor. Sie haben gewonnen: an Spielfreude, fließender Leichtigkeit und individueller Ausdruckskraft. Ein neuer Klangkörper fügte sich zusammen. Jeder Tango, und besonders der Shades of Tango von H-M Schaffer, verbindet sowieso - Körper an Körper – Körper mit Körper. Das Motto: Aus zwei mach eins und vervielfache das Klangvolumen. Eine wahrhaft gelungene Kombination!

Dangerous Liaison: Jazz Bigband Graz. Rez.: Eva Riebler

Marianne Mendt Jazzfestival. Rez.: Franz Reichel

Franz Reichel
Wonderful Jazz!

 

MM Jazzfestival
Marianne Mendt

Festspielhaus St. Pölten, Großer Saal
06.10.2012, 19 Uhr
Künstlerische Leitung, Präsentation, Moderation und Gesang: Marianne Mendt
Musik, Chor: SchüerInnen und LehrerInnen der Joe Zawinul Musikschule,
MM Big Band (Thomas Huber Leitung)
Gesang: Rounder Girls
Chor: Gumpoldskirchner Spatzen.

Der Gala-Abend des diesjährigen, 8. Marianne Mendt Jazz Festivals stand im Zeichen von Joe Zawinul, dessen Todestag sich am 11. September zum 5. Mal jährte. Anlässlich seines 80. Geburtstages war dieses Festival ein "Tribute to Joe Zawinul". Der erste Teil des umfangreichen Programms wurde von der MM Big Band unter der Leitung von Thomas Huber, den Rounder Girls, diesmal zu zweit (Lynn Kieran war leider erkrankt) und Marianne Mendt, die auch die Veranstaltung moderierte, bestritten.

Ein Überblick über das musikalische Schaffen dieses weltbekannten Jazzmusikers, auf den Österreich wahrlich stolz sein darf, wurde durch Geschichten und Anekdoten ergänzt, die von Marianne Mendt und dem Biographen Gunter Baumann erzählt wurden. Seine ehemalige Managerin und einer seiner Söhne wohnten dem Tribute to Joe bei. Musikalisches Highlight der ersten Konzerthälfte waren die allbekannten Ohrwürmer "Birdland" und "Mercy, Mercy, Mercy". Mit letzterem Song, seinem ersten großen Hit, begründete Joe Zawinul 1966 seine Karriere im Cannonball Adderley Quintett, 1977 konnte er mit dem Welthit Birdland und der Band Weather Report sein Talent erneut unter Beweis stellen. Die Rounder Girls gaben diesen beiden Songs ihre tollen Stimmen und Marianne Mendt ergänzte mit ihrer wienerischen Fassung von "Mercy Mercy" "I kann net lang mit dir bös' sein" das geglückte Arrangement dieses Evergreens.

Im zweiten Teil des Abends faszinierten die Musikpädagogen und Schüler der Joe Zawinul Musikschule Gumpoldskirchen mit ihrer Arbeit "Our Tribute To Joe Zawinul", die auch auf CD erhältlich ist. Der Gitarrist Conrad Schrenk war für die Arrangements verantwortlich, die den jungen Studierenden aller Altersklassen diese komplexe Musik zugänglich machte. Der berühmte Kinderchor der "Gumpoldskirchner Spatzen" unter der Leitung von Prof. E. Ziegler unterstützte das instrumental bunt zusammengestellte Orchester mit Gesang. Der Leiter der Schule Andreas Tieber (Bass) und seine Profimusiker dürfen sich über ein gelungenes musikalischen Projekt freuen, das hoffentlich zur Nachahmung anregt. Hervorzuheben ist auch die 16-jährige Sängerin Lena, die mit ihrer Stimme beeindruckte und ein 10-jähriger Trompeter, der von einer 15-jährigen jungen Dame gekonnt am Klavier begleitet wurde. Ein Song gefühlvoll interpretiert von Wolfgang Berry sowie das Solo-Duett zwischen Percussionisten und Schlagzeuger konnten das Publikum begeistern.

Kleines Ärgernis: Am Beginn der Veranstaltung - Marianne Mendt begann eben mit der Moderation - erschallte eine laute Stimme mit der Bemerkung "Es ist zu laut!", dies mehrmals, bis sich die Moderatorin ablenken lieߟ und versprach ihr Möglichstes zu tun. Die Aufforderung stammte von einer Dame, die schon beim ersten Auftakt der MM Big Band hörte, dass die Balance der Instrumente und die Gesamtlautstärke den leider nur halb besetzten Saal zudröhnten. Daran änderte sich leider während der Performance nichts und einige interessante Soli wurden so - durch der für viele Zawinul Kompositionen typischen Background Soundmachine hauptsächlich aus Bass, Drums und Percussions bestehend und dem deutlich zu lauten Bläsersatz - für das Publikum kaum wahrnehmbar. Das sollte auch die Technik bei Aufzeichnungen berücksichtigen, Jazz braucht normalerweise nicht die Verstärkung wie Rock Bands und ein Festspielhaus ist kein Open Air Festival.

Trotz allem ein sehr mitreiߟender, dynamischer, von hoher musikalischer Qualität und Engagement geprägter Abend, bei dem nicht nur Zawinul Fans auf ihrer Kosten kamen. Schade, dass so wenige Besucher diesen Termin wahrgenommen haben, vermutlich ist die Veranstaltungsdichte dieses Wochenendes - Lange Nacht der Museen etc. -  ein Grund dafür. Gratulation an die Veranstalterin Marianne Mendt.

Weitere Veranstaltungen des MM Jazzfestivals in dieser Woche:

Donnerstag 11.10., 19 Uhr im Cinema Paradiso, Rathausplatz 14, 3100 St. Pölten:
August Zirner & das Spardosen-Terzett

Samstag 13.10., 20 Uhr im Musikcafé Egon, Fuhrmannsgasse 15, 3100 St. Pölten:
Flip Philipp & Organ Transport - Christian Havel (guit), Renato Chicco (h-org), Christian Salfellner (perc)

Marianne Mendt Jazzfestival. Rez.: Franz Reichel

Jazz im Hof. Rez.: Eva Riebler

Eva Riebler
JAZZ zuerst

Jazz im Hof 2012
Barockgarten, Stadtmuseum St. Pölten
16. bis 19.08.2012, 19.30 Uhr

Thomas Savy Trio
16.08.12, 19.30 Uhr
Vom originalen Trio, von dem die CD-Aufnahme aus den USA stammt, ist leider nur Thomas Savy mit seiner Bassklarinette gekommen. Am Kontrabass stellen sich Simon Dajou und an den Drums Fabrice Moreau vor. Vor allem in der Produktion "E and L"€œ (eine Hommage an den Big Apple) ist der NY Black-Jazz hervorragend mit dem Französischen verflochten. Im Sinne des Mythischen ergeben sich Bilder von Vorgängen am gelben Wasser beim Stück "Stein"€œ nach der Pause und schwebende Bilder von metaphorischer Freiheit beim Stück "Having fun, freedom changes"œ.

Auf Grund des hervorragenden Thomas Savy eine expressionistische musikalische Erfahrung, die am nächsten Abend mit Michel Portals und Bojan´s Interpretationen eine Steigerung des auߟerordentlich symbolträchtigen Jazz erfährt.

Michel Portal und Bojan Z
17.08.12, 19.30 Uhr
Michel Portal aus Frankreich an Bassklarinette und Akkordeon/Bojan Z aus Kroatien am Klavier zeugen von auߟergewöhnlicher Virtuosität, enormer ߜbereinstimmung bei Improvisationen und Einfallsreichtum im rhythmischen Klopfen, Schlagen oder Pochen. Portal antwortet spielerisch auf die Klänge der Brandtauer-Kirchenglocken und baut sie in seine Rhythmen listig und gekonnt ein. Die Instrumente sind seine Familie, meint er. Vielleicht hätte er auch gerne die Glocken zu seiner Instrumentensammlung dazu gefügt, jedoch bleibt er und sein Instrumentarium weiterhin räumlich und klanglich veränderbar. Tangoklänge ߃  la Piazzolla und gegenseitiges Herausfordern der beiden Instrumentalisten steigern die dicht angereicherte Stimmung. Es ist dem Besucher unmöglich gelassen in den€“ zugegebener Ma߃ƒßŸen harten - Sessel zurückzusinken, der ekstatische Klang erzeugt lustvolles Vibrieren und Beifallsstürme.

Jazz Night
Radio String Quartet Vienna mit Klaus Paier

18.08.12, 19.30 Uhr Radiowaves/ 21 Uhr Radiotree
Bernie Mallinger: Violine, Vokal
Igmar Jenner: Violine
Cynthia Liao: Viola
Asja Valcic: Cello
Klaus Paier: Akkordeon
Das Verbindende zum vorigen Abend sind wiederum die Klänge vom benachbarten Kirchenturm, die für Improvisationen und Wohlwollen sorgen. Die Verbindung des Radio String Quartet Vienna mit Klaus Paier besteht seit der gemeinsamen CD 2008. Aus dieser stammte die Zugabe "Fly up"€œ, weitere Stücke waren dem letzten Album "Radio Dream"€œ entnommen. Präsentiert wurde u. a. aus dem Traumbereich "Song"€œ eine Ode an Freud. Für manche Stücke stand Joe Zawinul Pate, z. B. bei "€žRemake you made"€œ, ein Stück der Wiederholungen. Beim ersten Hören ist bereits der angenehme Wiedererkennungseffekt, der das Klangerlebnis strukturiert und gestaltet. AuߟŸer dem kraftvollen rhythmischen Spiel der Solisten bestimmte das empathische Miteinander und die spielerische ߃ƒœberschneidung und Wiederholung von Abfolgen das Klangerlebnis. Besonders verinnerlicht und mit ihrem Instrument verbunden war Asja Valcic. Sie versank und tauchte auf und gab dem Ensemble einen prägenden mollartigen Grundton.

Der dritte Abend war wiederum ein herausragendes gesellschaftliches Ereignis, dem mehr Präsenz in der Öffentlichkeit gebührt!
Auf bald, hoffe ich!