Bühne

12.8.23 und 13.8.23 GRAFENEGG

Eva Riebler

Kritik

Abendkonzert 12.8.23 KYIV SYMPHONY ORCHESTRA

Rudolf Buchbinder und Luigi Gaggero/Dirigent

 

LUDWIG van BEETHOVEN: Konzert für Klavier und Orchester Nr. 5

Dies war sein letztes Konzert bevor Beethoven ganz taub wurde. Er vertonte den 2. Angriff der Truppen Napoleons auf Wien  und beginnt in Es-Dur in heroischer Manier. Diese imperiale Einleitung fand ihren Niederschlag im 2. Teil des Sissi Films als Kaiser Ferdinand  in die 4 Himmelsrichtungen sein kaiserliches Schwert erhob.

Buchbinder war einzigartig in den Ausführungen und dämpft im 2. Teil, sodass das Religiöse und Innerliche wunderbar zum Ausdruck kommt.

Im dritten Satz gibt er das jungfräulich Schwerelose und das Volkstümliche wie mit schweren Schuhen wieder. Ob des riesigen, wohlverdienten Applauses lässt er ein wunderbares Finale aus „Der Sturm“ von Beethoven als Zugabe erklingen.

Ein Ausnahmekünstler an den Tasten!

Die Ukrainischen orchestralen Volksweisen im 2. Teil nach der Pause lassen Schwächen des Orchesters durch, jedoch geht es um den Freundschaftsbeweis zur Ukraine und zum Ukrainischen Volk, was in der Hymne innig zum Ausdruck kommt.

 

 

Abendkonzert 13.8.23 EUY Orchestra mit Manfred Honeck/Dirigent und

Martin James Bartlett am Klavier

JAMES MACMILLAN: Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3C-Dur 1921

Das Konzert wurde durch die drei Hörner aus dem Hintergrund überaus belebt.

SERGEJ PROKOFJEW Konzert für Klavier und Orchester

Der Pianist tonierte unglaublich schnell und perlend leicht und lässt die schwere Zeit der Entstehung des Stückes zu Zeiten Stalins vergessen. Ein sehr tolles, passagenreiches Konzert, das Begeisterungsstürme im ausverkauften Wolkenturm hervorrief.

SCHOSTAKOWITSCH 5. Symphonie

Die Kraft des neuen sozialistischen Realismus verlieh zu Beginn der Symphonie Flügel, die melodisch und elegisch versiegen und über lärmende Marschrhythmen zu Gräbern, der vielen Gemetzelten führen. Dem strengen, ausbeuterischen Regim geschuldet ist ein heroischer Jubel am Schluss, der kräftig und siegessicher die Symphonie beendet.

Ein Zeitdokument, das mit so viel Freude, Elan und unvorstellbarer Ausdauer der 100 Instrumentalisten aufgeführt wurde. Die Jugendlichen unter 26 Jahren sind eine äußerst bewundernswerte Truppe, die sehr viele großartige Orchesterspieler und Solisten hervorbringen wird. Der erste Geiger weißt eine dermaßen große Eleganz und ein virtuoses Können auf, dass man die Augen staunend und bewundernd nicht von ihm lassen kann. Hervorragend!

Manfred Honeck dirigiert und leitet auf Grund seiner jahrelangen Erfahrungen als Mitglied der Wiener Philharmoniker und des Wiener Staatsopernorchesters diese bewegte, stürmische Belegschaft in besonders einfühlendem Maße.

Die Lust und Freude am Dirigieren und am Spielen springt ins Publikum über!

Großartig!

 

GRAFENEGG 20. 8 .23

Eva Riebler

Kritik

 

 

Abendkonzert im Wolkenturm PHILHARMONIA ORCHESTRA LONDON

Christian Tetzlaff/Geige und Santtu-Matias Rouvali/Dirigent

 

Edward Elgar: Konzert f. Violine und Orchestra h-Moll

Christian Tetzlaff, ein hoch dekorierter Geige, der mit den Wiener, Berliner Philharmonikern u.a. zusammen arbeitet,  war 2022/23 Portrait Artist des London Symphony Orchestra und legte eine virtuose, romantische und feinfühlige Interpretation des sehr schwierigen und über 40 Minuten langen Stückes vor. Er legte die Seele in die Kadenz und erzeugte die Weite des Erinnerns und der romantischen Geheimnisse. Eine traumhafte Solopartie!

 

Pjotr Iljitsch Tschaikowski: Symphonie Nr. 5

Nun wurde der Eklat des großen Orchesters vollends hörbar. Der Konzertmeister spielte außerordentlich exakt und dynamisch und die restlichen 30 Violinen konnten nicht mithalten. Die Blechbläser erklangen gleichmäßig laut, vielleicht schlecht eingestimmt und der schlechteren Akustik im mittleren Feld der Hinterbühne geschuldet. Der Paukenspieler gestaltete ebenfalls stets gleichmäßig voluminös. Man wartete auf die herausragende Bedeutung des Horns, des Urinstruments der Romantik, im 2. Satz und den elegischen Walzer im 3. Ziemlich vergebens. Es fehlte auch der orchestrale Zusammenklang und Zusammenhang!

Die Zugabe: Die Quadrille Tschaikowskis, die zu Mitternacht bei jedem ordentlichen Ball erklingt und daher in Österreich vielleicht sich nicht als Darbietung für dieses Orchester eignet, war nicht wieder zu erkennen, geschweige denn tanzbar oder irgendwie angenehm für die Ohren. Eher desaströs!

Der finnische Dirigent, seit 2021 Chefdirigent des Philharmonia Orchesters einte und sammelte leider das  riesige, sehr jugendlich besetzte Orchester nicht. Dass ihm Tschaikowski fremd sei, kann wohl niemand behaupten.

Schade! Denn im Vorjahr bereitete das London Symphony Orchester ein wirklich großartiges Konzert im Wolkenturm!

 

Festival Grafenegg 3.9.23

Eva Riebler

 

Abendkonzert Wolkenturm

Wiener Philharmoniker

Jakub Hrusa, Dirigent

 

Leos Janacek: „Das schlaue Füchslein“ Symphonische Suite

Eine Tiergeschichte mit Tierlauten zum Miterleben. Die Philharmoniker zogen alle Register, vor allem die Flöten und Querflöten klangen exzellent und die Geiger imitierten das Zirpen der Grillen und die Schreckensrufe der erwürgten Gänse.

 

George Enescu: Suite Nr. 1 C-Dur

Eine gekonnte Aufführung, jedoch nicht mit einem gehaltvollen, lebendigen, volkstümlichen oder spätromantischen zusammenhaltendem Touch.

 

Sergej Rachmaninow: Symphonische Tänze in drei Sätzen

Die Oboen, Flöten und  wiederum vor allem die Querflöten glänzten herrlich und das elegische Altsaxophon Solo belebte. Der Dirigent einte das Orchester unisono und schaffte Tempo vor allem in den dämonischen Tänzen und übermütigen, grotesken Walzern. Die drei unterschiedlichen Tänze changierten von langsamen Melodien zu romantischen und übermütigen, überzeichneten. Die kraftvollen, exakten Einsätze und die präzise Spielweise dramatisierten das Geschehen im dritten Satz und zeugten vom jüngsten Gericht. Das dumpfe Vibrieren vor dem Höllentor, das Zurückweichen und die Umwandlung in Licht und russisch-orthodoxen Hymnus wurden spürbar. Die perlenden Kaskaden vertrieben die bösen Mächte.

Eine sehr spannende Aufführung!

 

 

 

Festival GRAFENEGG 31.8.23

Eva Riebler

 

 

Abendkonzert Wolkenturm

Royal Concertgebouw Orchesttra

Iván Fischer, Dirigent

Michael Nagy, Bariton

 

Jörg Widmann: 5 Lieder aus dem Liederzyklus „Das heiße Herz“ für Bariton und Orchester

Widmann bewies einem so reichhaltigen Spektrum an tief traurigen Liebesliedern seine Reverenz. Verschiedene Dichtungen von Klabund, Clemens Bretano bis Heinrich Heine bannte er 2018 in eine Orchesterfassung. Wahrlich gelungen, oft volkstümlich und derb, ist diese romantische, äußerst traurige Liebeslyrik umgesetzt. Der Bariton Michael Nagy gestaltete wunderbar gesangliche Phrasen in verständlicher Art und Weise, die die Ironie der Texte, vor allem bei Heine, so richtig aufbrechen und zu Herzen gehen lässt.  Großartig!

 

Gustav Mahler: Symphonie Nr. 7

Drei Sätze mit II Nachtmusiken gekoppelt verzaubern und bringen magische Momente. Ein froher Beginn, der Mahler beim Rudern am Wörthersee eingefallen sein soll, bringen Glanzmomente wie tanzende Sonnenstrahlen und Schwung. Romantische Annäherungen an wogende Wellen am Wörthersee oder Wasserplätschern a là Eichendorff, Caffeé- oder Heurigenmusikanklänge, Vogel-stimmen, die die Idylle durchbrechen – alles ist von einem unbeschwerten Komponisten erschaffen. Die Exaktheit der Streicher, ihre Tremoli, das drängende Tempo und die dynamisch wechselnden Dialoge und  Soli erklingen einfach wunderbar!

 In der ersten Nachtmusik lässt Mahler uns die Kuhglocken bimmeln, die Iván Fischer geschickt in die Ferne manövriert und an den oberen Rand der Sitzreihen positioniert. Der musikalische Raum ist ausgelotet und versetzt das Publikum in eine Weite, die im Wolkenturm sowieso schon Einzug hält.

In der zweiten Nachtmusik wird mit einer Mandoline und einer Gitarre im Stil eines Liebesständchens gearbeitet und eine laue Sommernacht suggeriert.

Der wilde dritte Satz bringt nochmals Überraschungen und ungeahnte Höhepunkte, die wie Licht aufsteigen und das Ende der Symphonie in C-Dur strahlt vor Helligkeit. Rondo, Ländler und Menuett bringen Schwung und gute tanzbare Stimmung. Zu Beginn wie am Schluss Abwechslung und neue Momente, die nie das Interesse des Publikums erlahmen lassen.

Freude, Glanz und Überschwang werden dem Publikum unter freiem Himmel von einem hochkarätigen Orchester mit einem herausragenden Dirigenten geboten! Beispielhaft und einzigartig!

 Der Dank und Applaus ist riesig!

GRAFENEGG EUROPEAN UNION YOUTH ORCHESTRA 29.7.23

Eva Riebler

 

 EUROPEAN UNION YOUTH ORCHESTRA 29.7.23

Prélude 

Abendkonzert Wolkenturm beethovens Konzert für Violine und Orchester, Richard Strauss: Also sprach Zarathustra

Late Night Session

 

So viel gute Musik an einem Abend ist bewunderungswürdig! Nach den drei Französischen Musikern/Musikerinnen: Pauline Viardot mit Six Morceaux, Philippe Manoury, dem Komposer in Residenc  (1952) und Maurice Ravel: Introduction et Allegro im Reitsaal startete auf der Bühne des Wolkenturmes Ludwigs Beethovens Konzert für Violine und Orchester D-Dur. Die Solistin Julia Fischer war die ideale Besetzung. Sie zeigte ein Können und Durchhaltevermögen bei dem halb stündigen Solo, wie es wirklich eine Weltspitzen-Geigerin nur kann. Sie liebt das Arbeiten mit dem künstlerischen Nachwuchs. Im EUYO sind es immerhin 120 MusikerInnen zwischen 16 und 26 Jahren, die noch dankbar für Informationen und Tipps sind, wie es auch Dirigent Sir Antonio Pappano im Interview in der Late Night Session betonte: „Er freue sich, dass er vor allem die emotionale Kompetenz bei der Zusammenarbeit mit der Jugend erweitern und selbst erleben könne.“

Ein großartiger Dirigent, der nach dem Royal Opera House nun der Chefdirigent des London Symphony Orchesters ist.

Das EUYO ist ebenfalls eines der bedeutendsten Symphonieorchester der Welt. Mit Strauss bedeutender Tondichtung Zarathustra konnten sie im klassischen Fach brillieren und in der Late Night Session in diversen Ensembles von Mozart bis zur Modernen, von Blechensembles bis zu den Pauken  sich selbstsicher und lebhaft erweisen.

Ein großartiger, international besetzter Abend als Beweis des Könnens des EUYO, das schon zwei Wochen vor Ort arbeitet und nach zwei Wochen Tournee am 13.8.23 wieder mit Sergej Prokofjew und Dimitri Schostakowitsch nach Grafenegg auf die Bühne des Wolkenturms kommen wird.